Foto: Sebastian Steegmüller - Sebastian Steegmüller

Von Jan-Philipp Schütze

Stuttgart - „Eier, wir brauchen Eier!“ Oliver Kahns Antwort auf die Frage eines Reporters, was dem FC Bayern München im Jahr 2003 bei der 0:2-Auswärtsniederlage auf Schalke gefehlt habe, ist nur einer von vielen Sprüchen des Torwart-Titanen, die Fußballfans noch lange in Erinnerung bleiben werden. Ob auch Heidi Käser jenes Zitat im Kopf hatte, als ihr die Idee für eine ihrer ausgefallenen Kreationen kam? Im Handarbeitsladen der 54-Jährigen in Birkach zumindest stehen sich im Schaufenster auf einem Kunstrasenfeld 22 kickende Eierbechermännchen gegenüber. Im Gesicht tragen sie einen buschigen Schnauzbart und auf dem zerbrechlichen Eierschalenkopf eine kleine Häkelmütze in den deutschen oder französischen Nationalfarben. Wer das Duell zwischen dem amtierenden Weltmeister und dem EM-Gastgeber wohl gewinnen mag?

In drei Wochen, am 10. Juni, beginnt die Fußball-Europameisterschaft in Frankreich, und wie viele andere Fans, kann auch Heidi Käser kaum erwarten, dass es endlich losgeht. Schon seit geraumer Zeit strickt, häkelt und stickt sie sich und ihre Kundschaft in EM-Stimmung, mit jeder weiteren fertigen Masche wächst die Vorfreude auf das kommende Fußballfest. Unterstützt von ihren Mitarbeiterinnen und den Frauen aus dem Strick-Treff, der alle zwei Wochen samstags im Laden stattfindet, hat Käser eine ganze Palette ausgefallener Fan-Accessoires erschaffen. Es sind echte Hingucker, die nun neben dem regulären Sortiment einen Platz gefunden haben.

Klopapiermützen in schwarz-rot-gold sind entstanden, Babyschuhe im Deutschland-Look, mit Fußbällen verzierte Handtücher, Topflappen und Kissen, ein Strickrock in Spielfeld-Optik sowie Halsketten, an denen schwarze, rote und goldene Fadenspulen hängen. „Ich bin einfach eine Strickverrückte“, sagt Käser über sich und ihre Leidenschaft. Abends nach Ladenschluss nimmt sie gerne noch die Stricknadeln zur Hand und werkelt wieder emsig an einem ihrer Stücke. Wie viel Zeit sie schon in die EM-Kollektion investiert hat, kann sie gar nicht genau sagen. „Für mich ist es ein schönes Hobby, ich sehe es nicht als Arbeit an“, sagt sie.

Auch Käsers Mitarbeiterin Birgit Buchalla hat mitgeholfen, von ihr stammt eine schwarz-rot-goldene Häkelshorts, die eine der Schaufensterpuppen trägt. Drei Abende lang, jeweils gut zwei Stunden, habe sie daran gearbeitet, erzählt die 50-Jährige. „Die kann man wunderbar daheim vor dem Fernseher zum Fußballschauen anziehen.“

Welches Accessoire ihr am besten gefällt, darauf mag sich Käser gar nicht festlegen. „Es sind alles Lieblingsstücke“, sagt sie. Ihre Inspirationen bekommt sie aus Fachzeitschriften, immer wieder kommen ihr Ideen für weitere Kreationen, beispielsweise passend zu den Jahreszeiten oder eben alle zwei Jahre zu Welt- und Europameisterschaften. Mit Fußball, erzählt Käser, habe sie früher gar nicht so viel anfangen können. Durch ihren Mann habe sie dann aber nach und nach Gefallen an dem Sport gefunden, mittlerweile sei sie schon mehrmals im Stadion gewesen. Und auch als der VfB Stuttgart zuletzt vergebens gegen den Abstieg kämpfte, habe sie mitgefiebert. „Eine Dauerkarte habe ich aber nicht“, sagt sie und lacht.

Fußball und Handarbeiten passen gut zusammen, findet Käser. „Häkeln und Stricken hatten lange Zeit ein ganz schön eingestaubtes Image.“ Mittlerweile sei das aber nicht mehr so. Auch immer mehr jüngere Menschen, darunter viele Studenten, würden das Hobby für sich entdecken.