Von Elke Hauptmann

Stuttgart - Das Verwaltungsgericht Stuttgart wird nächste Woche den Streit zwischen der Stadt und der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde verhandeln. Letztere will die 2014 erhobene Gehwegreinigungsgebühr in Höhe von rund 20 500 Euro nicht zahlen. Sie beruft sich dabei auf das Grundgesetz.

Um der zunehmenden Vermüllung der Stuttgarter Innenstadt zu begegnen, weitete der städtische Abfallwirtschaftsbetrieb (AWS) im Mai 2014 seine Kehrwoche vom Stadtkern auch auf öffentliche Gehwege im Leonhards-, Gerber-, Bohnen- und Hospitalviertel aus. Der Service war zwar von den Anliegern gewünscht, allerdings wurden sie für den Mehraufwand auch zur Kasse gebeten: Egal ob Privateigentümer, Kirchen oder Firmen - in der sogenannten Reinigungszone Innenstadt wurden dafür fast 69 Euro pro Gehwegmeter im Jahr verlangt. Auf die Anlieger kamen so beträchtliche Beträge zu.

Der Protest der Betroffenen gegen die Gebühr war entsprechend groß. Im Rathaus der Landeshauptstadt sah man sich schließlich genötigt zurückzurudern. Die kommunale Satzung wurde 2015 überarbeitet, das Leonhard- und Hospitalviertel wieder aus dem täglichen Reinigungszyklus herausgenommen. Seit 2016 wird dort nur noch freitags, samstags und sonntags gekehrt - für 26,60 Euro pro Frontmeter. Seit diesem Jahr werden sogar nur noch 23 Euro verlangt.

Doch damit ist der Streit von einst längst nicht vom Tisch. Die Evangelische Gesamtkirchengemeinde wehrt sich gerichtlich gegen den von der Stadt erhobenen, alten Gebührenbescheid: Für den Zeitraum von Mai bis Dezember 2014 soll die Kirche für die Gehwegreinigung vor ihren Grundstücken in der Gymnasiumsstraße (Bildungszentrum Hospitalhof), in der Heusteigstraße (Kolping-Bildungswerk) und am Leonhardsplatz (Leonhardskirche) insgesamt 20 419,77 Euro bezahlen. Dagegen legte sie Widerspruch ein - mit der Begründung, dass die Auswahl der Straßen, bei denen die Gehwegreinigung durch die Stadt vorgenommen wird, willkürlich sei und deshalb gegen Artikel 3 des Grundgesetzes verstoße. Wie berichtet, war der Zuständigkeitsbereich der städtischen Müllmänner damals um 108 mehr oder weniger lange Straßenzüge erweitert worden. Darüber hinaus sei der „Frontmetermaßstab“ nicht sachgerecht, weil er zum Beispiel die Breite des Gehwegs nicht berücksichtige, erklärte die Gesamtkirchengemeinde. Aus ihrer Sicht ist es nicht gerechtfertigt, die Anlieger derart an den Reinigungskosten zu beteiligen. Zum einen sei nicht sie der Verursacher des Mülls, es seien vielmehr die Besucher der „Partymeile“ auf der Theodor-Heuss-Straße - diese sollten daher zu dessen Beseitigung herangezogen werden. Zum anderen diene die Reinigung durch die Stadt vorwiegend dem Allgemeininteresse.

Die Stadt ließ die Argumente jedoch nicht gelten und wies den Widerspruch zwei Jahre später, Mitte 2016, zurück. Daraufhin reichte die Kirche Klage beim Stuttgarter Verwaltungsgericht ein. In der Begründung heißt es: Gegenüber Eigentümern im übrigen Stadtgebiet werde man „ungerechtfertigt ungleich behandelt“. Mit der täglichen Reinigung pflege die Stadt „einen besonderen Reinlichkeitsanspruch im Interesse ihrer Selbstdarstellung“.

Die Stadt hält dagegen, die Neufestlegung der Reinigungszone im Jahr 2014 sei auf der Grundlage von Beschwerden und Beobachtungen des Ordnungsamtes erfolgt. Demnach sei auch im Hospital- und Leonhardsviertel eine zunehmende Verschmutzung festzustellen. Im Rathaus ist man überzeugt: Die Vorteile der Reinigung der Gehwege komme nicht der Allgemeinheit, sondern in erster Linie den Anliegern und „dem durch sie provozierten Besucher- und Kundenverkehr“ zu. Die Reinigung ermögliche ihnen die wirtschaftliche und verkehrliche Nutzung ihrer Grundstücke.

Die Verhandlung findet am Mittwoch, 26. April, um 10.45 Uhr im Sitzungssaal 4 des Verwaltungsgerichts Stuttgart, Augustenstraße 5, statt.