Die jungen Kursteilnehmer lernen unter Anleitung von Andreas Scharr, alias DJ Amar, die Grundlagen im Umgang mit Plattenspieler, Mixer und Computersoftware. Foto: Schütze Quelle: Unbekannt

Von Jan-Philipp Schütze

Stuttgart - Aus dem Tiefparterre des Eckhauses an der Ludwig-Pfau-Straße im Stuttgarter Westen erklingt laute Hip-Hop-Musik, immer wieder sind die ersten Takte von Ushers „Yeah!“ zu hören, unterbrochen nur von einigen mehr oder minder erfolgreichen Scratching-Versuchen. Vier Jungen und ein Mädchen sammeln an diesem Vormittag in einem Schnupperkurs bei der Agentur Pan Events im Rahmen des städtischen Kinderferienprogramms ihre ersten Erfahrungen als DJ. Unterrichtet werden sie von Agenturinhaber Andreas Scharr. Der 45-Jährige, Künstlername DJ Amar, hat im Alter von 16 Jahren angefangen Platten aufzulegen und schon in zahlreichen Clubs der Stadt gespielt. Seit zwölf Jahren bietet er in seiner DJ-Schule Kurse für Anfänger und Profis an.

Unter Scharrs Anleitung machen sich die Kinder zunächst im Umgang mit der technischen Ausrüstung vertraut. Auch das DJing ist längst im digitalen Zeitalter angekommen, immer weniger DJs nehmen ihre Plattensammlung mit in die Disco. Stattdessen ist die komplette Musik auf dem Laptop gespeichert, auf den beiden Plattenspielern liegen lediglich sogenannte Control Vinyls, eine spezielle Software liefert Einstellungsmöglichkeiten im Überfluss.

„Früher hat man drei Monate geübt, bis man zwei Beats aufeinanderlegen konnte, heute synchronisiert die Software die Stücke fast von allein“, sagt Scharr. Doch der Umgang mit der komplexen Computertechnik will erstmal erlernt sein. Bei all den Tasten, Dreh- und Schiebereglern auf dem Mixer ist es gar nicht so leicht, den Überblick zu behalten, und die Control Vinyl mit den Fingerspitzen hin und her zu bewegen, verlangt Fingerspitzengefühl. „Es sieht leichter aus, als es ist“, sagt die 13-jährige Susanne. „Es ist ganz schön schwer, im Rhythmus zu bleiben.“

Michael dagegen hat den Dreh sofort raus. Der Zehnjährige spielt seit über zwei Jahren Geige, sein gutes Taktgefühl hilft ihm nun auch beim Scratchen. Am liebsten, sagt Michael, würde er gleich mit einem richtigen DJ-Kurs anfangen, „aber meine Eltern sagen, ich soll noch Geige spielen bis ich 13 bin. Dabei mag ich klassische Musik gar nicht mehr so sehr, ich höre viel lieber Rap und Hip-Hop.“

Als nächstes sollen die Kinder das Mischen lernen. Mithilfe der Software lassen sich die Lieder in einzelne Sequenzen auseinanderpflücken und dann zu neuen Mixen verschmelzen. „Wir bauen uns die Sachen wie bei einem Lego-Haus zusammen“, erklärt Scharr. Damit die Tonspuren stimmig aufeinanderliegen, ist Timing gefragt. David probiert es, doch er nimmt die Hand etwas zu früh vom Plattenteller. „Jetzt hast du den Bass auf die Snare gelegt. Klingt nicht so gut, oder?“, sagt Scharr. Also noch einmal von vorne, volle Konzentration - und dann klappt es, beide Lieder laufen synchron und ergeben einen harmonischen Mix. „Sehr schön“, lobt Scharr und klatscht anerkennend in die Hände.

DJing könne im Grunde jeder erlernen, so Scharr. „Man muss nur die Liebe für die Musik mitbringen.“ Eineinhalb Jahre dauere ein Kurs im Normalfall, nach einem halben Jahr beherrsche man die Grundlagen soweit, dass erste Erfolge hörbar sind. Die Altersspanne der Kursteilnehmer reiche von Kindern und Jugendlichen „bis zu 54-jährigen Porsche-Fahrern, die in ihrer Freizeit gerne House auflegen wollen“. Wer jedoch mit Auftritten Geld verdienen wolle, müsse viele verschiedene Musikrichtungen beherrschen und bei Partys genauso auflegen können wie auf Hochzeiten. Die Konkurrenz in der Branche sei groß. „Wer Erfolg haben will, muss sich reinknien. Man sollte seinen eigenen Stil finden, unverwechselbar sein.“ In seinen Kursen bringe er den Teilnehmern bei, den Laptop auch mal zuzuklappen und nur nach Gehör zu mixen. Denn ein guter DJ starre nicht permanent auf den Computermonitor, sondern beobachte die feiernden Menschen auf der Tanzfläche, nehme die Atmosphäre auf und spiele dann das richtige Lied zur richtigen Zeit.

Nach knapp drei Stunden ist der Schnupperkurs für die Kinder beendet, alle sind sichtlich zufrieden. „Hier ist es cool und chillig“, findet der 13-jährige Jiyan. „Es war toll, dass wir gleich an die Plattenteller durften, um alles selbst auszuprobieren.“