Von Andrea Eisenmann

Stuttgart - Es gibt ein Promi-Paar, dessen Größenunterschied oft Gesprächsthema ist: Boxer Wladimir Klitschko und seine Verlobte, die Hollywood-Schauspielerin Hayden Panettiere. 45 Zentimeter trennen die beiden. „Lediglich“ 40 Zentimeter hingegen sind es, die zwischen Stefan und Sandra Eisemann liegen. Auch dieses ungleiche Paar kennt die Reaktionen von fremden Personen, die von neugierigen Blicken bis zu nervigen Kommentaren reichen, nur allzu gut: Denn beide stehen als Latein-Tänzer immer wieder im Scheinwerferlicht - so wie dieser Tage bei den German Open Championships (GOC) in der Liederhalle. Bei dem Turnier, zu dem sich bis heute Abend noch die Weltelite des Tanzsports trifft, geht das Paar vom Casino Club Cannstatt in der A-Klasse Latein an den Start. Es ist ihre zweite Teilnahme. Und trotzdem: der Respekt ist angesichts des hochkarätig besetzten Teilnehmerfeldes immer noch groß. „Es ist ein besonderes Gefühl, mit den ganz Großen zu tanzen“, schwärmt Sandra Eisemann. Wenn die 1,52 Meter große Erzieherin diesen Satz ausspricht, könnte man ihn auch anders deuten. Schließlich tanzt sie mehrmals in der Woche mit einem „ganz Großen“: ihrem Ehemann Stefan - und das seit knapp 14 Jahren.

Die Liebe zueinander entwickelte sich vor der gemeinsamen Leidenschaft für das Tanzen. Etwa ein halbes Jahr ist die Beziehung jung, als Sandra ihren 1,92 Meter großen Partner überredet, sie zum Tanzen zu begleiten. Nach langer Pause möchte sie ihr früheres Hobby wieder aufnehmen. Die Begeisterung des Hünen hält sich in Grenzen, viel Überzeugungsarbeit ist notwendig. Doch mit jedem Training wächst der Spaß - Rumba, Cha-Cha-Cha, Jive, Samba und Paso-Doble - das Hobby bestimmt zunehmend die Freizeit. Seit neun Jahren tanzen beide bei Turnieren, seit vergangenem Jahr in der A-Klasse Latein.

Das Training erfordert einiges an Fleißarbeit. Denn ganz ohne Quälen geht es auch in dieser Sportart nicht. Hinzu kommt der Größenunterschied, der das Paar und die Trainer vor Herausforderungen stellt. Das beginnt bei der Haltung und dem Blickkontakt. „Ich muss sie ansehen, darf aber nicht meinen Kopf zu sehr zu Boden senken“, beschreibt der 31-Jährige eine der Erschwernisse. Ein tänzerisches Element wie Sambarollen? Sieht bei den beiden nicht gut aus. Also auch keine Option für die Choreografie. „Die Herausforderung, das richtige Gleichgewicht und die Balance zu finden, ist bei uns schwieriger als bei anderen Paaren“, sagt Sandra Eisemann. Und trotzdem sind beide überzeugt: „Es passt. Wir sind mittlerweile ein eingespieltes Team, auch wenn wir uns mehr als andere beweisen müssen.“

Zweimal sind sie in dieser Woche bei den GOC in der Liederhalle an den Start gegangen. Auf einen Podestplatz hat das Ehepaar dabei nicht geschielt. Ziel war es vielmehr, möglichst viele Kreuze der Wertungsrichter zu erhalten. Denn diese erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass ein Paar in die nächste Runde einzieht. Am Donnerstagnachmittag ziehen beide zufrieden ihre Schuhe aus und schlüpfen in die dunklen Trainingsjacken. Es hat Spaß gemacht, lautet ihr Fazit. Dann geht es nach Hause. Füße hochlegen und Koffer packen. Denn der Urlaubsflieger nach Mallorca wartet am nächsten Tag.