Norbert und Conni Wacker am Banner des Vereins „Ein Stern für Lena - gegen Gewalt.“ Foto: Steegmüller Quelle: Unbekannt

Von Sebastian Steegmüller

Stuttgart - Am 9. September 2015 wurde Lena Nadine Wacker auf dem Pragfriedhof ermordet. Eine Bluttat, die bundesweit für Bestürzung sorgte. Freunde und Familie der Verstorbenen haben nun einen Verein gegründet. Das Ziel: Gewalt und ihre Begleiterscheinungen schon im Vorfeld zu verringern und somit im besten Fall zu verhindern.

In Lenas Elternhaus finden sich zahlreiche Gegenstände, die sofort an die junge Frau erinnern. Bilder, ein Kunstwerk oder auch ein Kerzenständer mit ihrem Namen. Deutlich unauffälliger ist dagegen ein grauer Kapuzenpulli, der wie zufällig über einem Stuhl im Wohnzimmer hängt. „Sie hat ihn dort abgelegt, bevor sie am 9. September das Haus verlassen hat“, sagt Norbert Wacker. Ein Kleidungsstück, das mehr sagt, als viele Fotos. „Es vergeht kein Tag, an dem wir nicht an Lena denken. Es gibt nichts, was die Wunden heilen lässt.“ Man müsse loslassen, sei eine hohle Phrase. „Klar, dreht sich die Welt weiter, bei mir ist sie jedoch stehengeblieben.“ Vor allem die Gerichtsverhandlung sei unfassbar anstrengend gewesen, fügt seine Frau Conni Wacker hinzu. „Nach der Tat sind wir wie unter Hypnose durch die Gegend gelaufen.“ Die Trauer sei noch immer unendlich groß. „Wir haben uns aber schon früh vorgenommen, sie nicht in Verbitterung umschlagen zu lassen.“

Definitiv einen Schritt in die richtige Richtung hat das Ehepaar am 15. Juni 2016 gemacht. „Eigentlich für uns ein sehr schwieriges Datum, denn an diesem Tag wäre Lena 22 Jahre alt geworden.“ Doch man habe sich damals entschieden, ein positives Zeichen zu setzen und die erste Versammlung des Vereins „Ein Stern für Lena - Gegen Gewalt“ einzuberufen. „Das hat wirklich gut getan.“ Ebenfalls zum Vorstand zählen Martina Kübler sowie Hannes und Friedhelm Hoffmann. „Sie sind wirklich gute Freunde und haben uns viel Halt gegeben.“ Ohne sie hätte man die vergangenen Monate nicht durchgestanden.

Mit dem Gedanken, einen Verein zu gründen, habe man schon während des Prozesses gespielt, aber einfach etwas Zeit zur Umsetzung benötigt. „Wir sind uns sicher, dass auch Lena das Projekt gut gefunden hätte.“ Sie sei unheimlich mutig gewesen und habe sich für andere eingesetzt. „Obwohl sie nur 1,60 Meter groß war, hätte sie sich eingemischt und gegen Gewalt gestellt.“

In erster Linie wolle man mit dem Verein Kinder und Jugendliche erreichen, sie mit Präventionsangeboten in Schulen und entsprechenden Einrichtungen auf mögliche Konfliktsituationen vorbereiten. „Das Angebot richte sich jedoch nicht an potenziell gewalttätige Jugendliche, sondern an ganz normale Schüler.“ Ziel sei zu sensibilisieren und zum Nachdenken anzuregen, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist. „Außerdem wollen wir die Lehrkräfte stärken“, so Conni Wacker.

Natürlich sei ein Projekt gegen Gewalt nichts Neues. „Uns ist bewusst, dass es viele tolle Ansätze gibt. Wir wollen niemand unsere Ideen überstülpen oder mit jemandem konkurrieren, sondern einfach nur ein Angebot machen und unseren Teil dazu beitragen“, sagt Norbert Wacker. Als Einstieg habe man sich zunächst an die Seewiesenschule in Esslingen und die berufliche Schule IB in Vaihingen gewandt. Nicht, weil die beiden Einrichtungen für irgendwelche Problemfälle bekannt sind, sondern sie von Lena besucht wurden. „Wir sind auf offene Türen gestoßen.“

Obwohl sowohl Conni als auch Norbert Wacker selbst Pädagogen sind, er ist Lehrer, sie arbeitet bei der Jugendhilfe, überlassen sie die Kurse jedoch Profis. Bislang Lars Groven, einem „Konflikt- und Deeskalationstrainer, der über eine lange Berufserfahrung verfügt“. Zwei Kurse haben an den Schulen bereits stattgefunden, vier weitere sollen folgen. „Die Rückmeldungen waren wirklich super.“

Denkbar sei, dass das Angebot weiter ausgebaut werde. „Wir sind offen, wohin die Reise geht.“ Immer mit dabei sein wird das zwei Meter große Porträt von Lena. „Dadurch ist das Thema greifbar. Wir wollen uns die Betroffenheit zu Nutze machen.“ Außerdem wolle man, dass ihr Name und ihr Schicksal lebendig bleiben. „Gegen das Vergessen.“

Weitere Informationen gibt es unter www.ein-stern-fuer-lena.de.