Stuttgart (red) - Bekanntlich liegt Stuttgart am Neckar, doch vor allem Industrie, Gewerbe und Infrastruktur prägen das Stadtbild. Wie kann Stuttgart zu einer echten „Stadt am Fluss“ werden? Dieser Frage widmet sich jetzt ein interdisziplinäres Team an der Universität Stuttgart.

Für Städte wie Köln, London, Paris oder Prag sind die Flüsse, die sie durchqueren, lebendige urbane Lebensadern. In solchen Städten ist der Fluss ein selbstverständlicher Teil des historisch gewachsenen Stadtgefüges, vergleichbar einem großen linearen Park. Dies basiert auch auf der Gestaltung der Uferzonen: Oft stößt die Bebauung direkt ans Ufer, mal weicht sie zurück und schafft Freiräume wie Parks, Promenaden oder Plätze, die den Fluss öffentlich zugänglich machen.

Stuttgart dagegen liegt zwar an einem Fluss, ist jedoch noch keine Stadt am Fluss. Insbesondere zwei Faktoren sind dafür verantwortlich: Zum einen fließt der Neckar zwischen dem Stuttgarter Kesselrand und dem Stadtteil Bad Cannstatt - den Stadtkern streift er nur am Saum. Zum anderen hat sich der Neckar seit Ende des 19. Jahrhunderts zu einem vornehmlich industriell genutzten Fluss entwickelt und spielt eine wichtige Rolle für die wirtschaftliche Prosperität der Region. Diese industriell, gewerblich und infrastrukturell überformten „Wangen“ des Neckars üben kaum urbane Anziehungskraft aus. Technische Neuerungen sowie ein erhöhtes Bewusstsein für die Qualitäten einer „Stadt am Fluss“ eröffnen für Stuttgart nun aber die Chance einer Umgestaltung.

Die Grundlage des Forschungsprojekts „Wechsel“ bilden eine realistische Abschätzung der Energiepotenziale am Neckar und daraus abgeleitete Szenarien für Flächenpotenziale der Stadt- und Landschaftsentwicklung entlang des Flusses. Untersucht werden in mehreren Stufen die Kernzone rund um das Kraftwerk Gaisburg, die Entwicklungszonen entlang des Neckars in Stuttgart und schließlich die Vernetzung von Versorgungssystemen. Darüber hinaus sollen auch überregionale Experten, zivilgesellschaftliche Akteure sowie die Bürgerschaft eingebunden werden. Die Forschungsergebnisse sollen in die städtischen Planungen einfließen, insbesondere in den Masterplan „Landschaftspark Neckar: Stadt am Fluss“. Für Stuttgart ist „Wechsel“ ein Pilotprojekt und soll den Auftakt bilden für eine langfristige interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen der Stadt, der Universität, der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft.