Neues Modell: Viele Daimler-Mitarbeiter können ihre Arbeitszeit künftig noch flexibler einteilen. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Stuttgart (dpa/erb) - Betriebsrat und Management haben sich auf Eckpunkte für mobiles Arbeiten beim Autobauer Daimler geeinigt. Noch in diesem Jahr soll eine entsprechende Betriebsvereinbarung Mitarbeitern in Deutschland das Recht auf flexible Arbeitszeiten einräumen, kündigten Gesamtbetriebsratschef Michael Brecht und Personalvorstand Wilfried Porth gestern in Stuttgart an.

Die Vereinbarung wird für etwa 100 000 der rund 150 000 Mitarbeiter der Daimler AG in Deutschland gelten, für die eine Anwesenheit am Arbeitsplatz nicht notwendig ist, sagte Porth. Das sind Beschäftigte in der Verwaltung oder in erweiterten Funktionen in der Produktion. In der Vereinbarung werden neben dem Recht auf flexiblere Arbeitszeiten auch Grundsätze der Erreichbarkeit geregelt. Außerhalb der Arbeitszeit müssen die Mitarbeiter nicht erreichbar sein. Erstmals wird Arbeit außerhalb der betrieblichen Gleitzeit bezahlt. Stundenweise können die Mitarbeiter auch samstags arbeiten.

Überprüfung nach zwei Jahren

Zuschläge gibt es aber nur, wenn die Überstunden vom Chef angeordnet wurden. Nach zwei Jahren soll die Vereinbarung überprüft werden. Im vergangenen Jahr hatte der Autokonzern gut 33 500 Mitarbeiter zu dem Thema befragt. Das Ergebnis: Gut 80 Prozent wünschten sich mehr Flexibilität.

Daimler ist nicht der einzige Konzern, der solche Regelungen schafft. Boschs Betriebsrat hat bereits eine ähnliche Betriebsvereinbarung ausgehandelt, auch beim Autohersteller BMW gibt es seit 2014 Regeln für mobiles Arbeiten.

Bei Daimler wird mit der Neuregelung eine Betriebsvereinbarung aus 2009 erneuert, außerdem werden die Regeln zur Telearbeit abgeschafft. Aufgrund der Wünsche vieler Beschäftigter und neuer technischer Möglichkeiten der Digitalisierung mit Tablet-Computern und Smartphones orts- und zeitunabhängig zu arbeiten, wird diese Vereinbarung nun weiterentwickelt. Da mobiles Arbeiten am Produktionsband nicht umsetzbar ist, wird der Autobauer nach anderen Wegen suchen, um diesen Mitarbeitern eine bessere Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben zu ermöglichen. „Mit den neuen Regeln für mobiles Arbeiten machen wir einen großen Schritt in Richtung Selbstbestimmung und Vertrauen. Privat- und Berufsleben können damit noch besser vereinbart werden“, sagte Brecht.

Experimentierfelder

Daimlers Personalchef Porth hatte sich in der Vergangenheit mehrfach für eine Novelle des Arbeitszeitgesetzes stark gemacht, insbesondere die Ruhezeit von elf Stunden sieht er als Hindernis für flexibles Arbeiten. Bei Daimler wird das nun die Verantwortung der Mitarbeiter gelegt: Sie schreiben die Arbeitszeit blockweise auf - und müssen selbst dafür Sorge tragen. Betriebsratschef Michael Brecht hatte sich jüngst für „Experimentierfelder“ ausgesprochen, um flexiblere Arbeitszeitmodelle zu testen. Das könne zum Beispiel über Tarifverträge geregelt werden. „Die Mehrheit der Menschen braucht heute den Schutz des Arbeitszeitgesetzes.“

Das Unternehmen arbeitet daran, die Life Balance für Beschäftigte zu verbessern. „Wir richten in Zeiten der Digitalisierung und sich schnell wandelnder Märkte sowie einer immer internationaleren Belegschaft und mobiler und projektgesteuerter Arbeit, unsere Arbeits- und Führungskultur für die Zukunft neu aus. Unser Ziel ist es, eine agile und innovative Organisation zu fördern und zu stärken“, sagte Porth.