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Stuttgart (eh) - Bettina Fuchs ist richtig sauer: Auf Druck der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hat Stuttgarts City-Managerin gestern den verkehrsoffenen Sonntag am 2. Oktober offiziell abgesagt. Den dadurch entstandenen Schaden beziffert sie auf eine sechsstellige Summe.

Nach zehnjähriger Pause wollte die City-Initiative Stuttgart (Cis) wieder zum Sonntagsshopping in die Innenstadt einladen. Zum „Goldenen Oktober“, einem eigens ins Leben gerufenen Straßenfest mit umfangreichen Rahmenprogramm, wurden mindestens 250 000 Besucher erwartet. Die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren - bis die Gewerkschaft am 4. August bei der Stadt Widerspruch gegen die bereits genehmigte Sonntagsöffnung einlegte (wir berichteten). „Warum Verdi erst jetzt reagierte, ist uns ein Rätsel“, echauffiert sich Fuchs. Bereits im Herbst vergangenen Jahres habe Verdi Stellung nehmen können zu den insgesamt 33 in ganz Stuttgart geplanten verkaufsoffenen Sonntagen, „aber erst, nachdem bereits 14 stattgefunden haben, will man erkannt haben, dass dies zu viele sind.“ Aufgrund des Widerspruchs sind derzeit alle 19 noch ausstehenden verkaufsoffenen Sonntage nicht zulässig.

Weil keine einvernehmliche Lösung in Sicht ist, hat die City-Managerin die Notbremse gezogen. „Ich habe eine Verpflichtung gegenüber den Händlern.“ Diese könne man nicht ewig in der Luft hängen lassen. Viele hätten bereits in Werbung und andere Aktionen investiert. Zudem wäre es „grob fahrlässig“, wenn die Gelder, die der City-Initiative von der Händlerschaft anvertraut wurden, unverantwortlich verausgabt würden, so Fuchs. Mehr als 60 Unternehmen hätten der Cis Gelder zur Organisation des Straßenfestes zur Verfügung gestellt - alles in allem einen mittleren fünfstelligen Betrag. Unwahrscheinlich, dass das Fest ohne Sonntagsverkauf stattfinden wird.

Für das Vorgehen von Verdi hat Fuchs kein Verständnis. Abgesehen davon, dass die Gewerkschaft damit langfristig zur systematischen Vernichtung der Arbeitsplätze im Handel beitrage, sei der Imageschaden für die hiesige Geschäftswelt nicht zu unterschätzen: Wenn Kunden das Vertrauen in zugesicherte Ladenöffnungen verlieren, würden sie verstärkt online einkaufen, meint Fuchs. Oder woanders: in den angrenzenden Landkreisen zum Beispiel. So seien in diesem Jahr allein im Landkreis Böblingen 27 verkaufsoffene Sonntage genehmigt worden, 31 im Landkreis Esslingen, 22 im Landkreis Göppingen, 34 im Landkreis Ludwigsburg sowie 25 im Landkreis Rems-Murr. Eine bundesweit einheitliche Regelung gebe es nicht, kritisiert Fuchs.

„Ob einem diese Entwicklung gefällt oder nicht. Unstrittig ist, dass die sogenannte Eventisierung im Einzelhandel angekommen ist“, räumt Stuttgarts City-Managerin ein. „Sonntagsöffnungen in Kombination mit Festen und Märkten sind willkommene Anlässe, um insbesondere Familien Raum und Zeit für gemeinsame Einkaufsentscheidungen zu bieten. Die Schaffung besonderer Erlebnisse sowie Investitionen in die Aufenthaltsqualität nehmen einen immer höheren Stellenwert ein und begeistern die Menschen für die Innenstädte.“ Ob es sich um ein Traditionsfest handle oder ein neues Fest sei unerheblich.

Nach Fuchs‘ Überzeugung hat Verdi mit seinem Protest auch den Beschäftigten des Einzelhandels nichts Gutes getan. „Schließlich wird niemand zur Sonntagsarbeit gezwungen, die Mitarbeiter melden sich freiwillig für den Sonderdienst - bei vollen Zuschlägen und Freizeitausgleich.“