Dieses Plakatmotiv sorgt für einen Sturm der Entrüstung. Kritiker stoßen sich an der derben Wortwahl. Foto: Stadt Stuttgart Quelle: Unbekannt

Stuttgart (jps) - Die Kritik an der Freier-Kampagne von Oberbürgermeister Fritz Kuhn ebbt nicht ab. Nun hat sich ein Bordellbetreiber aus dem Leonhardsviertel zu Wort gemeldet. Er wirft dem Stadtoberhaupt vor, sich auf den Plakaten der Gossensprache zu bedienen.

„Nutten sind Menschen“ und „Die Würde des Menschen ist auch beim Ficken unantastbar“ - mit diesen und zwei weiteren Slogans will Oberbürgermeister Fritz Kuhn im Rahmen einer stadtweiten Plakatkampagne gegen Zwangs- und Armutsprostitution vorgehen. Nachdem die Wortwahl bereits kurz nach Vorstellung der Plakate für einen Sturm der Entrüstung bei allen Fraktionen - mit Ausnahme der Grünen - gesorgt hatte, hat jetzt auch ein Bordellbetreiber aus dem Leonhardsviertel seinem Ärger Luft gemacht. In einer Rundmail an den OB und die Mitglieder des Gemeinderats kritisiert er, Kuhn würde mit „Nutte“ das schlimmste Schimpfwort für eine Prostituierte benutzen. „Wenn in unseren Häusern sich ein Freier gegenüber den bei uns eingemieteten Prostituierten in solch einer Form äußert, dann wird er bei uns des Hauses verwiesen“, schreibt der Bordellbetreiber. Auch die „restliche Gossensprache“, wie das Wort „ficken“ mache die Kampagne nicht besser. „Haben Sie auch nur ansatzweise daran gedacht, dass nunmehr Schulkinder mit diesen Wörtern konfrontiert werden? Wo bleibt hier der Jugendschutz?“ Die Plakate an Schulwegen aufzustellen, sei ein Skandal.

Als persönliche Konsequenz hat der Bordellbetreiber nun Sabine Constabel vom Gesundheitsamt, die sich um Beratung und Betreuung von Prostituierten kümmert, und deren Mitarbeiterinnen in seinen Etablissements ein Hausverbot erteilt. Constabels Arbeit habe er in der Vergangenheit sehr befürwortet, doch damit sei nun Schluss. „Und ich gehe davon aus, dass auch andere Häuser dieser Auffassung folgen werden.“

Die CDU-Gemeinderatsfraktion hat derweil ihre Kritik an der Plakatkampagne erneuert. Dass die Stadt gegen Armuts- und Zwangsprostitution vorgehe, sei zwar richtig und lobenswert, mit der Wortwahl auf den Plakaten sei aber „die Grenze des guten Geschmacks überschritten“. Die Christdemokraten halten es nach wie vor für ein Unding, dass die Kampagne im Vorfeld nicht mit dem Gemeinderat abgestimmt worden sei. Oberbürgermeister Kuhn trage deshalb die alleinige Verantwortung dafür. Der Fraktionschef der SPD, Martin Körner, kritisierte, es gehe „einmal mehr um Politmarketing mit und für den OB, statt um konkrete Kommunalpolitik, mit der die Situation der Prostituierten tatsächlich verbessert würde“.