Monika Bode im Jahr 1977 nach bestandener Prüfung. Zunächst fuhr sie Schülerbusse, später kamen Linienbusse hinzu. Foto: privat Quelle: Unbekannt

Von Andrea Eisenmann

Stuttgart - Es klingt, als läge es bereits ein Jahrhundert zurück - und doch reicht der Zeitsprung in die Vergangenheit nur vier Jahrzehnte zurück. Anfang der 1970er-Jahre: Frauen am Steuer eines Busses sind in Deutschland nicht erwünscht beziehungsweise aufgrund eines seit 1938 geltenden Erlasses vom Fahren ausgeschlossen. Mit einer Ausnahme: Es handelt sich um die Gattin oder Tochter eines Busunternehmers. Das ist bei Monika Bode nicht der Fall - und dennoch hält es sie nicht davon ab, eine entsprechende Laufbahn einzuschlagen. Häufig hat sie ihren damaligen Mann auf seinen Busfahrten begleitet, hat die Vorzüge des Berufs kennengelernt, aber auch die Schattenseiten gesehen. „Ich kann das auch“, denkt sie fast trotzig.

Und die junge Mutter trifft auf Leute, die für ihr Anliegen ein offenes Ohr haben und sich für sie einsetzen. Allen voran Willi Knisel. Der damalige Geschäftsführer des gleichnamigen Busunternehmens in Stuttgart-Mühlhausen ist zu diesem Zeitpunkt im Vorstand des Verbands Baden-Württembergischer Omnibusunternehmer (WBO) und hat sich bereits mehrfach mit Vertretern der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) AG zum Thema Frauen im Fahrdienst ausgetauscht. Dass es nicht nur bei männlichen Fahrern bleiben soll, darüber ist man sich einig. Schließlich ist das Personal knapp, Fahrer werden händeringend gesucht. Warum es nicht mit Frauen versuchen? 1977 beginnt Monika Bode mit den Prüfungen für die Führerschein Klasse 2, es folgt die Lizenz zur Personenbeförderung. Am 12. Dezember hat sie alle notwendigen Papiere zusammen. Ein vorzeitiges Weihnachtsgeschenk, sagt die zierliche Frau und lächelt.

Am 1. Februar 1978 steht ihre erste Tour für ihren neuen Arbeitgeber, die Firma Knisel Bus und Reisen, an. Die Wetterbedingungen sind alles andere als optimal. Es schneit. Zudem soll Bode einen Schülerbus fahren. Das ist damals wie heute mit einem gewissen Lärmpegel verbunden, Kinder haben sich viel zu erzählen. Dazu kommen die körperlichen Herausforderungen der Arbeit: Zu dieser Zeit sind Schaltgetriebe in den Fahrzeugen eingebaut - was einige Kraft erfordert. Doch alles klappt bestens. Auch wenn sich einige junge Passagiere beim Anblick der neuen Fahrerin den Spruch „Frau am Steuer - Ungeheuer“ nicht verkneifen können. Aber das stört Monika Bode wenig. Mehr Skepsis bringen ihr in den ersten Jahren die männlichen Fahrgäste entgegen. Jeder Handgriff wird mit Argusaugen beobachtet, die Frage „kann sie das denn überhaupt“, steht unausgesprochen im Raum. Sie kann es - und wie. Monika Bode zieht aus ihrer Tasche eine Urkunde heraus, für die sie manch männlicher Kollege beneiden dürfte. Geehrt wurde die heute 63-Jährge mit dieser für 30 Jahre unfallfreies Fahren. Und so ist es wenig verwunderlich, dass die Mutter einer Tochter nach einiger Zeit auch die Einschulung der neuen Kollegen im Fahrdienst übernimmt - und die Männer auf einen guten Kurs bringt.

Anfang der 1980er-Jahre wird die Zeitschrift „Brigitte“ auf die Stuttgarterin aufmerksam und widmet ihr einen Artikel. Schließlich ist sie eine der ersten Frauen in Deutschland, die als Busfahrerin in einer Männerdomäne arbeitet und eine Festanstellung vorweisen kann - zur damaligen Zeit eine kleine Sensation. „Das war mir damals nicht so bewusst, das merkt man erst im Nachhinein.“ Und so bedauert sie es heute, den Artikel nicht aufgehoben zu haben.

Es gibt viele schöne Momente, an die Monika Bode gern zurückdenkt. Die „Volksfest-Busse“ fallen ihr als erstes ein. Mit diesen wurden die Besucher früher auf und vom Cannstatter Wasen weg befördert. Oft saß Bode bei den Fahrten am Steuer. „Es herrschte immer eine ausgelassene, fröhliche Stimmung im Fahrzeug.“ Volltrunkene Besucher, die ausfällig wurden, habe es nie gegeben. Vor wenigen Wochen hat die 63-Jährige ihren Ruhestand angetreten - der jedoch nur ein „halber“ ist. Ganz vom Busfahren mag die Stuttgarterin dann doch noch nicht lassen. „Von heute auf morgen kann ich nicht aufhören.“ Und so wird sie ab und zu auf ihrer Strecke von Stuttgart-Mühlhausen ins Remstal anzutreffen sein und die Fahrgästen mit einem Lächeln und einem „Guten Morgen“ begrüßen.

Gesetzliche Regelungen

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Erwerbstätigkeit von Frauen stark eingeschränkt. So wurde im Jahr 1938 festgelegt, dass Frauen nicht als Lastwagen-, Bus- und Straßenbahnführerinnen arbeiten dürften. Diese Regelung blieb in der Bundesrepublik Deutschland bis 1971 bestehen, abgelöst wurde sie durch die Verordnung über die „Beschäftigung von Frauen auf Fahrzeugen“. Darin war vorgeschrieben, dass sich weibliche Fahrerinnen alle 18 Monate einer gesundheitlichen Untersuchung unterziehen müssen. Von deren Ergebnis hing ab, ob der Arbeitsplatz bestehen blieb. Für männliche Fahrer galt dies nicht. Diese Verordnung wurde erst 1994 „ersatzlos“ aufgehoben. Bei der SSB AG saß 1972 die erste Frau am Steuer eines Busses.