Un Joo Kim freut sich auf ihre Taufe in St. Eberhard. Foto: Kath. Kirche Quelle: Unbekannt

Stuttgart (red) - Un Joo Kim wird sich in der Osternacht taufen lassen. Die gebürtige Koreanerin freut sich auf die Feier am Ostersonntag um 5.30 Uhr in St. Eberhard in der Stuttgarter Innenstadt. „Dann werde ich zum ersten Mal die Kommunion empfangen, bisher war ich immer nur Zuschauerin“, sagt die 50-Jährige.

Un Joo Kim ist eine von zwölf Männern und Frauen, die in den vergangenen Monaten einen Kurs besucht haben, um die Grundlagen des katholischen Glaubens kennenzulernen. „Seit gut einem Jahr koordinieren wir die Glaubenskurse stadtweit“, erklärt die Dekanatsreferentin Kirstin Kruger-Weiß. Künftig sollen im Frühjahr und im Herbst jeweils in einigen Stuttgarter Gemeinden Glaubenskurse starten, beteiligt sind St. Eberhard in der Innenstadt, St. Martin in Bad Cannstatt und St. Hedwig in Möhringen. „Auch Erwachsene brauchen eine Vorbereitungszeit, um die Grundlagen des katholischen Glaubens kennenzulernen und sich dann bewusst für den Empfang der Sakramente von Taufe, Firmung und Eucharistie entscheiden zu können“, so die Theologin.

Der Grund dafür, dass bis heute viele Erwachsenentaufen in der Osternacht stattfinden, liegt in der Geschichte des Christentums. In der Alten Kirche wurde nur an Ostern getauft. Da die Vorstellung einer bewussten Entscheidung für den christlichen Glauben vorherrschte, wurden hauptsächlich Erwachsene getauft. Mit der Verbreitung des Christentums im Römischen Reich kam es aber immer häufiger vor, dass sich auch ganze Familien mit Kindern und Hauspersonal taufen ließen. Daraus entstand im Laufe des vierten Jahrhunderts dann schließlich die Säuglingstaufe.

Un Joo Kim beschäftigt sich schon seit Jahren mit christlicher Religion. „Es waren die Kirchenräume, die mein Interesse geweckt haben“, so die Stuttgarterin, die gerade dabei ist, ihre zweite Promotion zu beenden. 120 Kirchen und Kapellen, entworfen vom deutschen Benediktinerpater Alwin Schmid, hat sie in den vergangenen Jahren in ihrem Geburtsland Südkorea für ihre wissenschaftliche Arbeit besucht und dokumentiert. „Meine Forschungsreisen sind zu einer Wallfahrt geworden“, sagt die Architektin, die seit Jahren zwischen ihrem Heimatland - in dem rund 30 Prozent der Bevölkerung Christen sind - und Stuttgart pendelt.

Aus dem wissenschaftlichen Interesse erwuchs irgendwann eine persönliche Entscheidung, die sie traf, als sie die Heimatabtei von Alwin Schmid im fränkischen Münsterschwarzach besuchte. „Die Mönche haben mich gefragt, ob ich schon einmal darüber nachgedacht habe, den katholischen Glauben anzunehmen.“ Zurück in Stuttgart suchte sich die 50-Jährige, die bisher keiner Religion angehört, einen Glaubenskurs in St. Eberhard und sah sich mit deutschen Vokabeln konfrontiert, die sie vorher nie gebraucht hatte: Tabernakel, Ambo, Hostie. „Ich musste Wörter lernen, um über meinen Glauben überhaupt sprechen zu können.“ Zusammen mit den anderen Teilnehmern des Kurses lernte sie das Alte und das Neue Testament kennen, übte unterschiedliche Formen des Gebets und unterhielt sich mit den anderen über christliche Ethik. „Eine wichtige Erfahrung.“