Das Doppelhaus von Le Corbusier und Pierre Jeanneret in der Weißenhofsiedlung hat die Stadt im Jahr 2002 gekauft und zum Museum umgebaut. Archivfoto: dpa Foto: dpa - dpa

Von Sebastian Steegmüller

Stuttgart - „100 Jahre nach der Eröffnung der Weißenhofsiedlung wollen wir 2027 wieder eine Internationale Bauausstellung in Stuttgart haben.“ Oberbürgermeister Fritz Kuhn bekannte sich gestern im Umwelt- und Technikausschuss klar zur IBA, die gemeinsam von der Region und der Stadt durchgeführt werden soll. Das Ziel: Lösungsansätze für die städtebaulichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts aufzuzeigen.

Ursprünglich sollte nur ein einziges Thema für die IBA gefunden werden. Von diesem Gedanken verabschiedete sich die Wirtschaftsförderung der Region Stuttgart, die den Startprozess in einer IBA-Gesellschaft mit rund 850 000 Euro vorfinanziert hat, bereits nach sechs Monaten und Gesprächen mit rund 500 Beteiligten wieder. Das Memorandum, das gestern im Rathaus vorgestellt wurde und von den Stadträten begrüßt wurde, basiert auf vier Säulen. Unter dem Motto „Baukultur einer neuen Moderne“ soll zum 100. Geburtstag der Weißenhofsiedlung Bilanz gezogen werden - also eine kritische Reflexion des Städtebaulichen im 20. Jahrhundert durchgeführt werden. Und natürlich soll der Blick in die Zukunft gewagt werden: „Wir wollen aber weder eine Immobilienmesse noch eine Architekturausstellung, die wir über Jahre vorbereiten, sondern einen gesellschaftlichen, kreativen Prozess anstoßen, wie wir in 30 Jahren leben“, sagte Thomas Bopp, Vorsitzender des Verbands Region Stuttgart „Wo wir am Ende rauskommen, ist unklar.“ Dass man dabei einen langen Atem brauche, habe man bei der Weißenhofsiedlung gesehen. „Jetzt ist sie Weltkulturerbe.“ Säule zwei und drei sind „integrierte Quartiere“, sprich die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum in einer Wachstumsregion, und „neue Technologien für die Lebenswerte Stadt-Region“, also Themen wie Digitalisierung der Lebens- und Arbeitswelt, gesunde Häuser und neue Konstruktionsformen. „Die Region ist die Stadt“ ist der vierte Punkt des Memorandums. Regionales Miteinander selbstbewusster Kommunen statt einer Megacity. „Es wäre doch gelacht, wenn wir in Stuttgart, einer Architektenstadt, keine Alternative dazu finden“, so Bopp, der klarmachte, dass es „bei schwierigen Themen wie Verkehr und Wohnen nur gemeinsame Lösungen in der Region gibt“.

Markus Müller, der Präsident der Architektenkammer Baden-Württemberg, zeigte im Umwelt- und Technikausschuss dagegen auf, welche Strahlkraft weltweit von einer IBA ausgehen kann. 1999 habe sie beispielsweise im Ruhrgebiet zum Wandel einer ganzen Region beigetragen. Auch die Bauausstellung 1957 im Hansaviertel in Berlin sei richtungsweisend gewesen. „Eine weltgeschichtliche Positionierung des freien Westens.“ Die komplette Elite der Architekten wie Le Corbusier seien vor Ort gewesen. Darauf hofft Müller auch in der Landeshauptstadt. „Wir müssen 2027 die Stars nach Stuttgart holen und zulassen, dass sie von außen ohne Einschränkungen über die Stadt nachdenken dürfen.“ Dabei dürfe die IBA nicht abgehoben werden. „Wir müssen konkrete Probleme lösen und klären, welche urbanen Lebeweisen zukunftsfähig sind.“ OB Kuhn ist gespannt, wie die Architekten gesellschaftliche Ansprüche realisieren werden und hofft, dass „sie uns überraschen“.