„Die Mobilität des 21. Jahrhunderts lässt sich nicht mit den Arbeitsmethoden des 20. Jahrhunderts entwickeln“, sagt der 56-jährige Volker Mornhinweg, Leiter der Transportersparte von Mercedes-Benz. Foto: oh Quelle: Unbekannt

Journalist: „Ein Vorstandsposten bei Daimler ist frei geworden.“ Mornhinweg: „Davon habe ich auch gelesen.“ Neben Automatisierung, Digitalisierung und Robotik gehören neue Mobilitätsangebote zum Programm.

Von Michael Paproth

Stuttgart - Mit Humor geht manches besser. Sagt ein Journalist zum Chef der Transportersparte von Mercedes-Benz: „Ein Vorstandsposten bei Daimler ist frei geworden.“ Sagt Volker Mornhinweg: „Davon habe ich auch gelesen.“ Dann fügt der Manager hinzu, er habe einen tollen Job als Leiter der Van-Sparte und er sei glücklich darüber, was er heute mache - und morgen. Ob er es sich denn nicht vorstellen könne, den überraschend ausgeschiedenen Daimler-Nutzfahrzeugevorstand Wolfgang Bernhard zu beerben, wird erneut gefragt. Er habe alles dazu gesagt, antwortet Mornhinweg. Fakt ist: Die Van-Sparte, an deren Spitze der 56-jährige Ingenieur seit 1. April 2010 steht, hat im vergangenen Jahr Rekorde bei Absatz, Umsatz und Ergebnis vor Zinsen und Steuern eingefahren. In Zahlen: 359 100 verkaufte Transporter und Großraumlimousinen (plus zwölf Prozent), 12,8 Milliarden Euro Umsatz (plus zwölf Prozent), ein Ergebnis von 1,17 Milliarden Euro (plus 33 Prozent) und 24 029 Mitarbeiter Ende vergangenen Jahres nach 22 639 Frauen und Männern im Jahr zuvor. Aus dieser starken Position heraus kündigt Mornhinweg Investitionen von insgesamt zwei Milliarden Euro 2017 und 2018 an. Das Geld soll in die Erweiterung und Erneuerung des Produktportfolios fließen wie in den neuen Pick-up sowie in digitale Dienstleistungen rund um den Lieferverkehr. Außerdem wird das weltweite Produktionsnetzwerk ausgebaut und modernisiert. Allein in die deutschen Sprinter-Standorte Düsseldorf und Ludwigsfelde investiert das Unternehmen 260 Millionen Euro. Vor Ende des Jahrzehnts will Mercedes die nächste Generation des Sprinters auf den Markt bringen. Wegen hoher Investitionen rechnet die Transportersparte bei „leichtem Wachstum“ mit einem deutlichen Ergebnisrückgang. Leichtes Wachstum bedeutet weniger als zehn Prozent.

„Wir sind heute so gut aufgestellt wie nie zuvor“, sagt Mornhinweg gestern im Mercedes-Benz Vans Inno.Lab in Stuttgart-Wangen, wo mittlerweile 100 Frauen und Männer auf dem früheren Kodak-Gelände unter der Leitung von Stefan Maurer in Start-up-Manier an innovativen Gesamtlösungen rund um die Fahrzeuge der Transportersparte arbeiten. Dementsprechend weht hier ein anderer Geist: In kleineren Projektteams arbeiten Informatiker, Psychologen, Ingenieure und Sozialwissenschaftler funktionsübergreifend zusammen - und auch eng mit Kunden. Eine offenere Feedback-Kultur und neue Arbeitsmethoden halten so Einzug in die mehr als 130-jährige Mercedes-Geschichte. „Die Mobilität des 21. Jahrhunderts lässt sich nicht mit den Arbeitsmethoden des 20. Jahrhunderts entwickeln“, gibt Mornhinweg zu bedenken.

Deutlich wird der Wandel der Van-Sparte vom reinen Fahrzeughersteller zum Anbieter ganzheitlicher Systemlösungen auch an der schon länger ins Leben gerufenen Zukunftsinitiative „adVANce“, die noch um das Feld Elektroantriebe erweitert worden ist. In die Initiative fließen bis 2020 etwa 500 Millionen Euro. „Wir passen unser Angebot stärker an die Kundenbedürfnisse an, die sich durch Urbanisierung und Digitalisierung dramatisch verändern“, erläutert Mornhinweg. Neben Automatisierung, Digitalisierung und Robotik im Transporter gehören innovative Mobilitätsangebote zum Programm. Beispielsweise können Logistikkunden zukünftig Fahrzeuge nutzen, ohne diese selbst zu besitzen - was gerade an Tagen mit hohem Bestellvolumen interessant sein kann. Das Geschäftsmodell funktioniert im Prinzip wie car2go, eben für Transporter. Der Startschuss fällt in Deutschland Mitte des Jahres in größeren Regionen. Nach und nach soll dann das Geschäft auf Europa ausgedehnt werden.

Ein weiterer Punkt ist die Elektromobilität. Daimler hatte im Oktober den von Handwerk und Lieferfirmen lange erwarteten Transporter mit Elektromotor für 2018 angekündigt. Welches Modell elektrifiziert werden soll, will Mornhinweg noch nicht sagen. Schon 2011 hatte Daimler seinen Vito mit E-Antrieb angeboten, das Projekt aber mangels Nachfrage eingestellt. Vor einem Jahr hatte Mornhinweg noch gesagt, er sehe einen Markt für E-Transporter erst in fünf Jahren. Das Interesse auf Kundenseite sei aber mittlerweile gewachsen.