Susanne Eisenmann hat die Stuttgarter Bildungslandschaft geprägt und das kulturelle und sportliche Profil der Stadt geschärft. Foto: Stadt Stuttgart/KD Busch Quelle: Unbekannt

Stuttgart - Nach elf Jahren als Bürgermeisterin für Kultur, Bildung und Sport verlässt Susanne Eisenmann das Stuttgarter Rathaus. Die CDU-Politikern ist zur Kultusministerin der grün-schwarzen Landesregierung ernannt worden. Für die 51-Jährige ein Karrieresprung, der alles andere als geplant war.

Vor genau einer Woche sind Sie zur Ministerin für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg ernannt worden. Sind die Visitenkarten eigentlich schon gedruckt?

Eisenmann (lacht):Nein. Das dauert alles seine Zeit.

Ihre Tage im Stuttgarter Rathaus sind gezählt. Wann werden Sie Ihren Schreibtisch räumen?

Eisenmann: Ich gehe davon aus, dass der Umzug bis Ende der Woche über die Bühne gegangen ist. Aber es wird sicher nicht so sein, dass mir jemand die Tür versperrt, wenn ich das eine oder andere später noch holen muss.

Empfinden Sie mehr Aufbruchsstimmung oder mehr Wehmut?

Eisenmann: Es ist mehr Aufbruchsstimmung da. Wobei zur Aufbruchsstimmung auch ein bisschen Wehmut gehört. Ich freue mich sehr auf die neue Aufgabe. Und ich habe auch einen großen Respekt davor, denn es gibt eine hohe Erwartungshaltung. Mir ist die Entscheidung, das Stuttgarter Rathaus zu verlassen, wirklich nicht leicht gefallen. Ich habe gern in der Landeshauptstadt gearbeitet und die vergangenen elf Jahre als Bürgermeisterin haben mir sehr viel Spaß gemacht.

Hatten Sie jemals daran gedacht, einmal Ministerin zu werden?

Eisenmann: Definitiv nicht. Ich hatte keine Bewerbungsmappe in der Hand. Natürlich freut mich die Berufung, die ist ja keine Selbstverständlichkeit. Es freut mich, dass mir das Amt zugetraut wird. Ich werde mit der gleichen Freude und Konzentration, mit der ich Bürgermeisterin war, Ministerin sein.

Im Rückblick auf die Jahre im Stuttgarter Rathaus: Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Arbeit?

Eisenmann: Ob ich erfolgreich war oder nicht, das müssen andere beurteilen. Ich kann für mich sagen, ich bin zufrieden sowohl mit den elf Jahren als Bürgermeisterin als auch mit den zwölf Jahren zuvor im Gemeinderat. Gemeinsam haben wir viel bewegt und aufs Gleis gesetzt. Ich glaube, dass die Ausgangslage für die Bereiche, für die ich zuständig gewesen bin, sehr gut ist.

Hatten Sie denn schon die Zeit, Ihre Amtszeit gedanklich Revue passieren zu lassen?

Eisenmann: Nein. Es war wirklich ein sehr schneller Umbruch. Die Vereidigung als Ministerin war erst am vergangenen Donnerstag. Jetzt kommt alles, was mit dem neuen Amt zusammenhängt, überfallartig auf mich zu. Für einen Rückblick blieb da noch keine Zeit. Aber klar, da gibt es eine Reihe von Veranstaltungen, die mir in Erinnerung bleiben.

Welche zum Beispiel?

Eisenmann: Allen voran die Fußball-Weltmeisterschaft 2006. Aber auch die Rad-WM 2007 war eine spannende Zeit, wenn auch letztere wegen des Dopingskandals nicht so im Positiven. Und natürlich war die Eröffnung der neuen Stadtbibliothek ein Höhepunkt. In die Erinnerung an Veranstaltungen mischt sich aber auch jene an Entwicklungsprozesse, insbesondere im Bildungsbereich, die ich gemeinsam mit dem Gemeinderat erarbeitet habe und die in die richtige Richtung weisen.

Haben Sie jemals auch nur einen Tag im Rathaus bereut?

Eisenmann: Nein, gar nicht. Weder als Bürgermeisterin noch als Stadträtin. Natürlich gibt es mal schlechte Tage und mal bessere. Mal gibt es Dinge, die toll laufen, und mal gibt’s Sachen, die nicht so gelingen. Aber das ist ja in jedem Beruf so. Ich habe überhaupt nichts, von dem ich sagen könnte: Das hat mir gar nicht behagt. Mir hat die Zeit rundweg Spaß bereitet und ich bin jeden Tag gern ins Rathaus gekommen.

Werden Sie etwas vermissen?

Eisenmann: Die familiäre Struktur im Stuttgarter Rathaus. Das gute Miteinander sowohl mit dem Oberbürgermeister und den Amtskollegen als auch mit dem Gemeinderat. Die Zuständigkeit für die Stadt Stuttgart hat eine gewisse Nähe bedeutet. Das wird beim Land anders sein. Allein schon aufgrund der geografischen Größe. Aber ich habe keine Sorge, dass ich mich beim Land nicht wohlfühlen werde.

Gibt es denn ein Projekt aus Ihrer Bürgermeisterzeit, auf das Sie besonders stolz sind?

Eisenmann: Nein, da gibt es nichts Konkretes. So wichtig Pilotprojekte und Veranstaltungen fürs Image einer Stadt und für ihre Außenwirkung auch sind, mir sind andere Dinge wichtiger. Stolz bin ich auf die strukturierte und nachhaltige Arbeit mit allen Partnern, auf die Entwicklungsprozesse, die wir gemeinsam eingeleitet haben. Das zieht sich durch alle drei Bereiche Kultur, Bildung und Sport.

Was nehmen Sie denn aus dem Rathaus mit für Ihre neue Aufgabe?

Eisenmann: Mein Glücksschwein, natürlich. Das stelle ich auch auf dem neuen Schreibtisch auf. Glück kann man ja immer brauchen. Ansonsten jede Menge Erfahrung im Umgang mit Verwaltung und in der inhaltlichen Auseinandersetzung mit politischen Gremien.

Sie hatten als Stuttgarter Bürgermeisterin mit Ihrer Kritik an der grün-roten Bildungspolitik nie hinterm Berg gehalten. Werden Sie als Ministerin dem grünen Koalitionspartner nun schmeicheln?

Eisenmann: Ich war noch nie jemand, der unberechenbar ist in dem, wie er seine Meinung vertritt. Das heißt aber nicht, dass man seine Meinung nicht weiterentwickeln oder korrigieren kann. Im Übrigen bin ich, so glaube ich zumindest, auch kein so großes Überraschungspaket. Man weiß, wofür ich inhaltlich stehe und welche Zielsetzung ich grundsätzlich verfolge.

Die Bildungspolitik ist das Thema, an dem sich Grüne und CDU am meisten reiben. Sind Konflikte damit nicht programmiert?

Eisenmann: Das glaube ich nicht. Ich bin zuversichtlich, dass wir gemeinsam etwas Gutes hinbekommen. Klar ist, wir haben einen Koalitionsvertrag, in dem die Eckpunkte definiert sind. Im Bildungsbereich und im Sportbereich sind aus meiner Sicht die richtigen Schwerpunkte gesetzt worden. Wir sollten jetzt in Ruhe analysieren, wo wir bei den vielen angestoßenen Reformen stehen. Wo muss man nachjustieren, wo korrigieren, wo vielleicht auch beschleunigen, weil’s gut läuft? Es geht um Verlässlichkeit und um Berechenbarkeit.

Was wird denn Ihre erste Amtshandlung sein?

Eisenmann: Das weiß ich noch nicht. Zunächst einmal nutze ich die Pfingstferien, in denen es nicht so viele Termine gibt, mich im Ministerium vorzustellen und mir in den Einzelbereichen die Themen darstellen zu lassen. Ich möchte mir ein Bild davon machen, was gut läuft und was schlecht läuft. Das ist das, was jetzt ganz oben bei mir auf der Tagesordnung steht. Man sollte sich selber auch eine gewisse Zeit der Einarbeitung gönnen.

Was läuft Ihrer Ansicht nach schlecht im Kultusministerium?

Eisenmann: Es wäre unredlich, dazu jetzt etwas zu sagen. Sicher gibt es Fragestellungen, die man diskutieren muss. Stichwort Gemeinschaftsschule. Das wird aber nicht unter dem Aspekt richtig oder falsch geschehen. Es geht vielmehr darum, die Themen weiterzuentwickeln. Und das machen wir jetzt in aller Ruhe.

Welchen Ratschlag würden Sie Ihrer Nachfolgerin oder Ihrem Nachfolger mit auf den Weg geben?

Eisenmann: Keinen. Ich halte mich da komplett raus. Ich weiß, sowohl beim Oberbürgermeister als auch beim Gemeinderat sind die Themen Bildung, Kultur und Sport sehr hoch angesiedelt. Ich bin überzeugt, das wird auch so bleiben.

Das Gespräch führte Elke Hauptmann.

Zur Person

Susanne Eisenmann wurde am 28. November 1964 in Stuttgart geboren. Schon mit 16 Jahren trat sie der Jungen Union bei. Nach dem Abitur am Geschwister-Scholl-Gymnasium in Sillenbuch studierte sie Germanistik, Linguistik und Politikwissenschaft an der Universität Stuttgart. Nach dem Abschluss promovierte sie im Fachbereich Philosophie. 2005 wurde Susanne Eisenmann zur Bürgermeisterin für Kultur, Bildung und Sport in der Landeshauptstadt gewählt, war damit zuständig für knapp 2000 Mitarbeiter und einen jährlichen Etat von rund 170 Millionen Euro. Zuvor saß sie bereits zwölf Jahre für die CDU im Gemeinderat, war ab 1999 stellvertretende Vorsitzende der Fraktion und von 2004 bis 2005 deren Chefin. Neben ihrem kommunalpolitischen Engagement sammelte sie Erfahrungen in der Landespolitik: 14 Jahre lang war sie Büroleiterin des späteren Ministerpräsidenten Günther Oettinger. Bis 2012 war sie außerdem Lehrbeauftragte am Institut für Politikwissenschaft der Uni Stuttgart.