Quelle: Unbekannt

Von Janna Werner

Ludwigsburg - Er ließ sich wie ein Gott verehren und herrschte nach vernichtenden Feldzügen gegen sechs Reiche mit äußerster Grausamkeit: Chinas „Ewiger Kaiser“ Qin Shi Huang Di. Seine Terrakottaarmee, von der 8000 Krieger entdeckt und 1800 ausgegraben sind, gilt als achtes Weltwunder. Das hätte ihn sicher gefreut, war er es doch, der Begründer der Qin-Dynastie ab 221 vor Christus, der ersten des chinesischen Kaiserreichs, der die Zahl Acht zur Glückszahl machte. Sie gilt im Land der Mitte bis heute.

Die 150 originalgetreuen Repliken der Terrakotta-Krieger, die jetzt in der Ludwigsburger MHP-Arena zu sehen sind, wurden in China am Fundort Xi’an aus demselben Ton gefertigt wie ihre Vorbilder vor über 2200 Jahren. Ergänzt wird die Schau durch einen Film sowie Exponate wie ein Bronzeschwert, eine Armbrust, Rüstungen und Panzer und Modelle. Von einer erhöhten Tribüne aus blicken die Besucher auf die Terrakotta-Armee und hören deren Geschichte. Im Miniaturformat haben die Ausstellungsmacher einen Ausschnitt der Halle in Xi’an aufgebaut, in der bislang 1500 der Keramik-Krieger aufgestellt sind.

Aus der Grabanlage des Kaisers

Doch wer eine große Ausstellung mit viel Wissensvermittlung erwartet, mag enttäuscht werden. Allerdings haben die Krieger ihre eigene Faszination und zeugen von erlebbarer Geschichte. Sie stammen aus der 1974 entdeckten riesigen Grabanlage von Kaiser Qin Shi Huang Di, in welcher sie neben einem ganzen Zoo aus Bronzetieren, nachgebildeten Artisten und Beamten und sogar einem Fluss aus Quecksilber den 210 vor Christus im Alter von 50 Jahren Gestorbenen für die Ewigkeit bewachen sollten. Bis heute wird in diesem Mausoleum weitergegraben, die Tonscherben werden wie Puzzlestücke zusammengesetzt. Davon berichten in der Ausstellung ein Film und ein Modell der Anlage. Bis diese ganz freigelegt werde, schätzt Kuratorin Jaana Klumpp, können gut und gerne noch 200 Jahre vergehen.

Weder wurde bisher die zentrale Grabkammer geöffnet, in der der Kaiser liegen müsste, noch ist klar, was alles noch unter der Erde verborgen ist. „Es geht hier nicht nur um die Terrakotta-Armee“, sagt Klumpp, der die Faszination anzumerken ist. „Was da noch gefunden werden kann, ist einmalig.“

Geduld ist gefragt. Denn die Archäologen mussten leider die Erfahrung machen, dass die ehemals blau und rot angemalten Figuren innerhalb von ein paar Minuten ihre Farbe verloren, sobald sie den schützenden Lehm verließen und mit der Luft in Berührung kamen. Näheres dazu ist am 14. Juli, 18.30 Uhr, in einem Vortrag im Begleitprogramm der Ludwigsburger Ausstellung zu hören. Referent ist der Chemiker Heinz Langhals, der mit einer Forschungsgruppe einen Kleber und ein aufwendiges Verfahren entwickelte, um die ursprüngliche Lackierung samt Farbe zu erhalten.

Der Tod Qin Shi Huang Dis bestätigte nicht nur, dass „ewige Reiche“ manchmal sehr kurz sind und auch selbsternannte Gottkaiser sterben müssen. Doch hinterließ er ein erstmals geeintes China. Der Aufbau einer Feudalverwaltung und zahlreiche Reformen - vom Militär über den Straßenbau bis zur Einführung von verbindlichen Maßeinheiten - hatten ein Reich geformt, das nunmehr neue Wege ging. Gleichzeitig war Qin Shi Huang Dis Herrschaft despotisch, was in der Folge einen schnellen Niedergang seiner Dynastie bewirkte. Für seine gigantischen Bauprojekte - etwa die Verbindung vorhandener Abwehranlagen zur Chinesischen Mauer oder sein bereits zu Lebzeiten geplantes und gebautes Mausoleum - benötigte er zwei Millionen Fronarbeiter. Die Konstrukteure und Arbeiter der Grabstätte hatte der ängstliche Kaiser aufgrund ihres Insiderwissens insgeheim zum Tode verurteilt: Sie wurden auf seinen Befehl lebendig begraben. Die Zwangsarbeiter der anderen Projekte starben aufgrund der harten Arbeitsbedingungen oft früh. Immense Steuern schließlich führten drei Jahre nach dem Tod des Kaisers zum Aufstand - damit war die Qin-Dynastie mit nur 15 Jahren die erste und zugleich kürzeste in Chinas Geschichte.

Bis 11. September in der MHP-Arena in Ludwigsburg (Schwieberdinger Straße 30). Öffnungszeiten: mittwochs bis sonntags von 10 bis 18 Uhr.

www.terrakottaarmee.de