Von Martin Roeber

Karlsruhe -Die Uraufführung von Georg Friedrich Händels „Arminio“ am 12. Januar 1737 am Royal Opera House in Covent Garden war ein echter Flop. Das von einem Überangebot an Opern ermüdete Londoner Publikum reagierte mit Desinteresse. Nach nur fünf schlecht besuchten Vorstellungen wurde das Werk abgesetzt und verstaubte fast 200 Jahre im Archiv. Seither genießt „Arminio“ unter Musikwissenschaftlern einen ausgesprochen schlechten Ruf. Doch der international gefeierte Countertenor Max Emanuel Cencic hat die Partitur noch einmal genau studiert und findet: „eine der besten Opern, die Händel je geschrieben hat.“

„Arminio“ ist Händels einzige Oper mit einem Stoff aus der deutschen Geschichte. Die Handlung spielt kurz vor der legendären Schlacht im Teutoburger Wald, in der Hermann der Cherusker („Arminio“) das römische Imperium in die Schranken weist. Dennoch - keine „Kriegsoper“, sondern ein Familien- und Liebesdrama voller Intrigen. Arminio und seine Ehefrau Tusnelda gegen den römischen Oberbefehlshaber Varo, der erotisches Interesse an der Frau seines militärischen Gegenspielers signalisiert. Dazu Arminios Schwiegervater Segeste, ein düsterer Intrigant und Kollaborateur der Römer. Es gibt ein verlogenes familiäres Happy End.

Cencic wollte keine Cherusker in Bärenfellen. Aus dem Freiheitskampf der Germanen gegen die Römer macht er deshalb das Aufbegehren der Badener gegen die Napoleonischen Besatzer im Rheinland. Corine Gramosteanu hat dafür fantasiereiche Kostüme geschaffen. Bühnenbildner Helmut Stürmer nutzt die technischen Möglichkeiten der Drehbühne im Badischen Staatstheater virtuos und verleiht der Inszenierung damit eine temporeiche Dynamik. Regisseur Cencic macht seine Ankündigung überzeugend wahr: „Arminio“ ist ein Familiendrama. Ein brutal-übermächtiger Vater treibt seine Kinder in eine emotionale Katastrophe. Auch wenn am Ende das große Verzeihen steht - die Guillotine hat das letzte Wort.

Der in Griechenland geborene Dirigent George Petrou und die brillant aufspielenden Musiker der Armonia Atenea sorgen für einen immensen Drive; die fast vier Stunden der Aufführung inklusive zweier Pausen vergehen wie im Fluge. Und die Sängerinnen und Sänger sind eine Klasse für sich, allen voran Counter Max Emanuel Cencic in der Titelrolle: Der Mann singt einfach phänomenal. Layla Claire als Tusnelda besticht mit Glanz in der Höhe und virtuosen Coloraturen. Juan Sancho als Varo ist ein eher rustikaler Tenor. Der in Südkorea geborene Vince Yi schwingt sich in der Kastratenrolle des Sigismondo mühelos in Sopranhöhen. Ruxandra Donose (Ramise), Owen Willetts (Tullio) und Pavel Kudinov als Schwiegervater-Monster Segeste agieren auf Festspielniveau. Am Schluss gibt es begeisterten Jubel des Premierenpublikums.