Von Verena Großkreutz

Stuttgart - Irgendwie fehlte die Spielfreude beim Konzert der Polnische Kammerphilharmonie Sopot im Stuttgarter Beethovensaal. Dirigent Wojciech Rajski, der das Orchester 1982 gegründet hat, nivellierte in Franz Schuberts sechster Sinfonie C-Dur die Kontraste, setzte auf geradlinige Streicher-Artikulation und schlichtes Laut- Leise. Kantabel spielten nur die Bläser, der Streicherapparat verzichtete auf binnendynamische Geschmeidigkeiten. Spannungslos geriet dementsprechend die langsame Einleitung. Das Allegro des Kopfsatzes klang zwar licht, aber nicht spritzig und federnd, das Adagio schön, aber nicht gesanglich, das Scherzo lief schnell und leicht durch, aber es fehlte an Esprit, und auch das Finale wirkte auf allen Ebenen ungemein statisch.

In der zuvor gespielten „Symphonie classique“ von Sergei Prokofjew traf man schon genauer den Ton. In dieser witzig-spritzigen Haydn-Hommage zeigte die Polnische Kammerphilharmonie, dass sie auch in rasendem Tempo präzise und intonatorisch sicher zusammenspielen kann. Rajski setzte punktgenaue Impulse auch in den quirligen Außensätzen. Nur: Ein bisschen mehr theatrale Energie hätte auch hier nicht geschadet.

Im final gespielten Beethoven’schen Violinkonzert prallte dann das orchestrale Phlegma auf die überbordende Energie und Expression der Geigerin Alena Baeva. Die Leidenschaft der Russin übertrug sich leider nicht auf den Klangkörper. Der behielt sein tendenziell steifes, kantiges Spiel bei, trotz riesengroßer Gesten der Geigerin, die die deftigeren Themen mit Schmackes und die sehr expressive Melodik mit intensiv innigem Ton zum Leuchten brachte. In den technisch heikleren Abschnitten neigt sie zu Überdruck, was in der Kopfsatz-Solokadenz auf Kosten der Doppelgriff-Sauberkeit ging.

Das Orchester machte es sich in der reinen Begleithaltung gemütlich, was in diesem Konzert nicht immer der richtige Weg ist, denn die musikalischen Hauptgedanken liegen meist im Orchester. Die Kammerphilharmonie war aber phasenweise viel zu leise. Das entsprach einem weitverbreiteten Missverständnis: Beethovens Violinkonzert ist kein Virtuosenklopper, sondern sinfonisch gedacht.