Don Menza greift im Jazzkeller immer wieder gern zum Saxofon. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Gaby Weiß

Esslingen rühmt sich gern als Jazzstadt, und dieser Ehrentitel ist verdient: Seit den 50er-Jahren wird auf hohem Niveau gejazzt, und die alte Tradition zeigt sich auch heute noch lebendig wie eh und je. Das profilierte Jazzprogramm des Kulturzentrums Dieselstraße, die sommerliche Konzertreihe beim Dulkhäusle und seit zwei Jahren Maximilian Merkles hochkarätiges Jazzfestival locken Zuhörer aus der ganzen Region nach Esslingen. Die längste Tradition hat jedoch der Jazzkeller in der Webergasse 22 vorzuweisen. Dort hatte vor 60 Jahren alles begonnen, und dort erlebt man auch heute noch Jazz der Extraklasse. Dafür sorgt die Veranstaltergemeinschaft Jazzkeller, die jedes Jahr zehn Konzerte organisiert. Die Frühjahrssaison beginnt am 26. Januar - und mit dem Jesse Davis Quartett wird gleich zum Auftakt ein Ensemble von internationalem Rang zu Gast sein.

Der Mann, der Charlie Parker spielte

Bandleader Jesse Davis (Altsaxofon), Paul Kirby am Piano, Schlagzeuger Minchan Kim und Martin Zenker am Bass sind im Hardbop zuhause und gehören zum Besten, was die internationale Szene derzeit zu bieten hat. Allein der Namensgeber dieses hochkarätigen Ensembles ist eine Klasse für sich: Jesse Davis stand mit Größen wie Hank Jones, Ron Carter, Mulgrew Miller und Rufus Reid auf der Bühne, und er ist auch vielen Kino-Fans ein Begriff: Dass ihm Robert Altman in seinem Film „Kansas City“ die Rolle des Charlie Parker anvertraute, spricht für die außergewöhnliche Finesse dieses Altsaxofonisten.

Weiter geht’s am 24. Februar mit dem Yonathan Avishai Quartett. Der französisch-israelische Pianist, dem dieses Ensemble seinen Namen verdankt, ist vielen Jazz-Kennern in Esslingen dank früherer Auftritte im Jazzkeller und beim Jazzfestival auf dem Hafenmarkt ein Begriff. Diesmal präsentiert er gemeinsam mit Cesar Poirier (Klarinette und Altsaxofon), Yoni Zelnik (Bass) und dem Schlagzeuger Donald Kontomanou Kompositionen, die Elemente von Jazz, Swing und Blues aufnehmen und auf eigenwillige Weise neu interpretieren. „Als Bandleader lässt Yonathan Avishai seinen Kollegen Raum zur Improvisation“, erklären die Veranstalter. „Auf dieser Basis entfaltet sich ein poetischer Kosmos aus Klängen und Rhythmen, mit dem es ihm gelingt, einen unverwechselbaren Bandsound zu kreieren.“

Mit 80 Jahren virtuos wie eh und je

Ein alter Bekannter hat sich am 24. März in der Webergasse 22 angesagt: Don Menza gehört zu den profiliertesten Saxofonisten der internationalen Jazzszene, er war schon in den 60ern im Jazzkeller zu Gast, und er kommt immer wieder gern nach Esslingen. Und wer ihn jemals auf der Bühne live erlebt hat, der dürfte sich nicht wundern, dass Don Menza auch im zarten Alter von 80 Jahren nichts von seinen herausragenden Fähigkeiten eingebüßt hat. „Sein unvergleichlich warmer und dennoch kraftvoller Ton hat sich eher noch intensiviert“, weiß man im Jazzkeller. Dort ist der US-Star diesmal zusammen mit Oliver Kent (Piano), Hans Strasser (Bass) und Bernd Reiter (Schlagzeug) zu hören. Zusammen mit seinen jungen Kollegen verspricht Don Menza einen mitreißend energetischen Jazz.

Wer ein Faible für Gypsy-Swing hat, ist am 28. April im Jazzkeller richtig, wo das Marian Petrescu Quartett zu hören ist. Der rumänische Pianist und Bandleader kommt zum ersten Mal nach Esslingen, und er dürfte bei vielen bleibenden Eindruck hinterlassen. Wenn Marian Petrescu, Torsten Goods (Gitarre), Joel Locher (Bass) und Guido May (Schlagzeug) auf der Bühne stehen, wird der ganze Jazzkeller in mitreißendem Rhythmus klingen und swingen.

Abgerundet wird die Frühjahrssaison im Esslinger Jazzkeller am 19. Mai vom Jorge Rossis Vibes Quintett. Zur Schlagzeuger-Legende Al Foster gesellen sich in diesem Ensemble der Vibrafonist Jorge Rossy, der Gitarrist Jaume Llombart, der Bassist Doug Weiss und ein noch nicht benannter Tenorsaxofonist - eine Besetzung, die man auch im jazzverwöhnten Esslingen nicht alle Tage hört.

Wissenswertes zum Jazzkeller

Geschichte: Seit Mitte der 50er-Jahre wird in der Webergasse 22 gejazzt. Der Vater des heutigen Eigentümers Eugen Hutter hatte den Gewölbekeller unter dem historischen Gebäude zunächst jungen Jazzern als Probenraum zur Verfügung gestellt. Und sie blieben dort nicht allein. Immer häufiger trafen sich jazzbegeisterte Esslinger dort, um ihrer Leidenschaft für diese Musik zu frönen. 1957 wurde dort der Esslinger Jazzclub gegründet, zwei Jahre später wurde der Konzertbetrieb aufgenommen. Und der gute Ruf des Esslinger Jazzkellers ging schon bald um die Welt. Internationale Top-Stars gaben sich dort ein Stelldichein. Später traten auch Kabarettisten wie Hanns Dieter Hüsch, Rock-Bands wie Black Sabbath und Liedermacher wie Reinhard Mey in der Webergasse 22 auf. Doch 1972 war alles vorbei: Die baurechtlichen Hürden wurden immer höher, der Jazzkeller musste seine Türen schließen - mehr als 20 Jahre lang. 1995 wurden die Lichter wieder angeknipst. Seither gibt es wieder regelmäßig Konzerte in der Webergasse 22.

Gegenwart: Die vor einigen Jahren eigens gegründete Veranstaltergemeinschaft Jazzkeller organisiert ein regelmäßiges Konzertprogramm. Es bietet jährlich etwa zehn Konzerte, die von der Eßlinger Zeitung präsentiert und von der Stadt Esslingen, der Kreissparkasse, Wohnbau Metzger, Kieferorthopädie Merkle und der Stilweise GmbH unterstützt werden. Außerdem steht der Jazzkeller auch anderen Veranstaltern für Kulturelles offen - zu den Höhepunkten gehört jedes Jahr das Literaturfest zum Abschluss der LesART.

Karten für die regelmäßigen Jazzkeller-Konzerte gibt es bei den bekannten Vorverkaufsstellen, natürlich auch im EZ-Haus am Esslinger Marktplatz. Außerdem steht an der Abendkasse stets ein kleines Kartenkontingent für Kurzentschlossene zur Verfügung. Die Konzerte beginnen jeweils um 20.30 Uhr.