Mit turbulenten Szenen bringt das Rußfilter-Theater das Publikum in der Dieselstraße zum Lachen. Foto: Ambos Quelle: Unbekannt

Von Andrea Ambos

Kommen Menschen in einer Zweckgemeinschaft zusammen, kristallisiert sich schnell ein Potpourri typischer Charaktere heraus. Inszeniert man diese Zweckgemeinschaft als Eigentümerversammlung entwickeln sich die einzelnen Individuen schnell zu Gegnern. Um das eigene Ziel zu verfolgen, bilden sich fragile Allianzen, werden aus Nachbarn Feinde und kommen menschliche Schwächen ans Licht. Ein nicht von jedem gewünschter Aufzug wird zum zentralen Streitpunkt und verwandelt sich vom vertikalen Transportmittel in ein Vehikel durch Raum und Zeit, vorbei an den unterschiedlichsten zwischenmenschlichen Beziehungen.

„Die Eigentümerversammlung“ von Gérard Darier aus dem Jahr 1988 könnte zu jeder Zeit in jeder europäischen Stadt spielen. Am Samstag gab das hauseigene Theaterensemble Rußfilter im Kulturzentrum Dieselstraße unter der Regie von Clemens Schäfer die Esslinger Premiere. Zeit- und ortsungebunden fügt sich das Stück in jede Mundart, weshalb der bei einigen Darstellern deutlich schwäbische Akzent für die Zuschauer nach anfänglicher Irritation einen direkten Bezug zum persönlichen Umfeld herstellt.

Fast schon liebevoll gesteigert wird dieser Eindruck durch Stefan Landsgesell alias Robert Legros. Er verwandelt den französischen Liebhaber in einen hilfsbereiten schwäbischen Softie vor Retro-Kulisse. Mehr schlecht als recht flickt und schustert er sich vordergründig unentgeltlich durch die undichten Rohre des fünfstöckigen Stadthauses, in dem fünf Parteien miteinander auskommen müssen. Legros entpuppt sich jedoch als kleiner Gauner, der mit überhöhten Materialkosten die Eigentümer und mit einer Liaison mit der Hausverwalterin Christine Lavigne alias Juliane Schwilk seine Frau betrügt.

Madame Legros alias Lucy Lyko fällt erst aus allen Wolken, als der Wände einreißende Anarcho Francois Tiponelli alias Tobias Kissler petzt: Erst durch die Blume, dann aber immer unmissverständlicher stellt er klar, dass sich Legros und Lavigne in der leer stehenden Wohnung im ersten Stock treffen. Um von den eigenen Fehltritten abzulenken, beschwören die einzelnen Mitglieder jedoch immer wieder neue gemeinsame Feindbilder herauf. Weit entfernt davon, irgendeinen der benötigten und von Hausverwalterin Lavigne eingeforderten Beschlüsse zu fassen, ignoriert die Versammlung hartnäckig den von Lucien Decaz alias Hans-Peter Sturm gewünschten Aufzug.

Während das Publikum bereits Tränen lacht, kulminiert das Ganze im Ausprobieren einer Zwangsgemeinschaft auf der denkbar kleinstmöglichen Fläche im Haus, dem imaginären Fahrstuhl. Legros, Tiponelli und Erbin Irene Pigneton alias Renate Bauer stapeln sich auf dem kleinen Versammlungstisch und proben den Ernstfall. Der tritt kurz darauf mit dem vermeintlichen plötzlichen Tod von Monsieur Decaz ein. Als der aus seiner tatsächlichen Ohnmacht erwacht, löst sich die Versammlung fluchtartig auf und übrig bleibt seine Frage: „Und was ist mit dem Aufzug?“