Jubiläumskonzert im großen Saal des Hospitalhofs. Foto: R. Püpcke Quelle: Unbekannt

Von Rainer Kellmayer

Stuttgart - Mit einem „musikalischen Fest für Stuttgart“ feierte das Radiosinfonieorchester Stuttgart (RSO) seinen 70. Geburtstag. Sieben Stunden Musik - zum Nulltarif. Angesichts der bevorstehenden Fusion des Orchesters mit dem SWR Orchester Baden-Baden und Freiburg lag ein Schatten über der Veranstaltung. Doch weder Musiker noch Hörer wollten sich den Spaß verderben lassen: Das Jubiläumsfest wurde zu einem unvergesslichen Erlebnis.

Bei der Matinée verbreiteten Blechbläser des RSO im Beethovensaal der Liederhalle mit der Sonata XIII von Giovanni Gabrieli optimistische Stimmung. Im Wechselspiel zweier diametral aufgestellter Chöre entfalteten Trompeten und Posaunen opulenten Strahlglanz. Festliches brachte auch Edvard Griegs „Suite aus Holbergs Zeit“, die höfische Tanzformen in romantischem Ton verarbeitet. Vom Konzertmeisterpult aus führte Natalie Chee ihre Streicherkollegen zu einer dynamisch gestaffelten, fein strukturierten Wiedergabe.

Mit „La Valse“ schrieb Maurice Ravel eine burleske Apotheose des Wiener Walzers. Selten hat man dieses Stück so fesselnd gespielt gehört wie vom RSO in der Leitung von Stéphane Denève: Der morbide Charme des Fin de Siècle brach sich unter dem Spannungsbogen von klagendem Schmelz und dröhnender Emphase Bahn. Eine fantastische Leistung!

„Die Musiker haben das Festprogramm selbst zusammengestellt“, betonte Orchestermanager Felix Fischer. Ein breites Kaleidoskop der Stilrichtungen und Besetzungsformen leuchtete auf. Während im oberen Foyer der Liederhalle mit Mozarts Bläserserenade Es-Dur edle Holzbläsertöne erklangen, gab es im Silchersaal Franz Schuberts Forellenquintett. Eine französische Stunde mit Überraschungen schloss sich an, mit dem Bläserquintett von Jean Francaix, Sonaten von Debussy und Poulenc und Albert Roussels reizender Serenade für Flöte, Harfe und Streicher.

Zahlreiche Festgäste pendelten zwischen Liederhalle und Hospitalhof. Dort gab es nicht nur Kulinarisches, sondern auch einen packenden Auftritt des Cuarteto Tango Stuttgart und Camille Saint-Saens‘ musikalischen Bilderbogen „Karneval der Tiere“. Die Baydur-Stiftung, die Kinder und Jugendliche aus allen Bevölkerungsschichten an die Musik heranführen möchte, stellte sich vor, und für die Jüngsten gab es Spiele und ein Quiz. Zurück in der Liederhalle, konnte man nicht nur Igor Strawinskys „Geschichte vom Soldaten“ erleben, sondern auch ein fulminantes Finale mit dem RSO und Modest Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“. Bei seinem letzten Auftritt als RSO-Chefdirigent zog Stéphane Denève nochmals alle Register, ließ die verschiedenen Bilder aufleuchten und motivierte sein Orchester zu einer superben Leistung. Langanhaltender, stürmischer Applaus und ein Hauch von Wehmut im Beethovensaal.