Von Angela Reinhardt

Ludwigsburg - Mit „La Belle et la Bête“ war im Ludwigsburger Forum am Schlosspark eine seltene Unternehmung zu Gast: ein Handlungsballett französischer Bauart. Normalerweise tanzt man in dem Land, wo das Ballett einst erfunden wurde, entweder die alten Klassiker oder das exakte Gegenteil, handlungslose Werke im zeitgenössischen Stil. Neoklassische Abendfüller à la John Cranko oder John Neumeier, auf denen ein Gutteil des Repertoire in Deutschland basiert, sind dort kaum organisch gewachsen, es gibt sie nur als Importe.

Ein unbeugsamer Gallier aber widersetzt sich der strengen Zweiteilung: Thierry Malandain feiert im südfranzösischen Biarritz bald sein 20. Jubiläum als Direktor und Chefchoreograf der Ballettkompanie, die nach ihm benannt ist: Malandain Ballet Biarritz. Mit „Die Schöne und das Biest“ brachte er das bekannte französische Märchen als pausenlosen Einakter mit, optisch ganz in elegantem Schwarz und Gold gehalten und in Malandains bekanntem Stil choreografiert, den wir wohl eine etwas fade Neoklassik nennen würden.

Einen Touch zu distanziert

Es ist eine Spur moderner als einst Roland Petit, aber nicht unbedingt von dramatischem Furor durchdrungen. Getanzt wird ohne Spitzenschuhe, aber im akademischen Stil - der Choreograf legt, wie in Frankreich üblich, mehr Wert auf die klare Ausführung der Formen als auf eine wirklich aus Drama und Form integrierte Tanzsprache. In der Heimat John Crankos wirkt das einfach einen Touch zu distanziert.

Anders als in den neueren Filmadaptionen der bewegenden alten Geschichte geht es bei Malandain durchweg ernst, fast philosophisch zu. Die Hauptfigur ist eigentlich „L’Artiste“, der Künstler, der uns das Spiel vorstellt, Vorhänge öffnet und Szenen wieder verdeckt, der als ebenfalls Ausgestoßener mit dem Biest leidet. Begleitet wird er von einem Tänzerpaar, das seine Seele (eine Frau) und seinen Körper (ein Mann) symbolisiert. Auch die vielen weiteren Symbolfiguren, die nur als kurze Metaphern auftauchen, sind manchmal nur schwer zu erkennen: Rose, Schlüssel, Pferd oder Handschuh.

Die Musik stammt von Peter Tschaikowsky, auf einen Walzer aus der Oper „Eugen Onegin“ folgen einzelne, meist schwermütige Sätze aus der Pathétique und der fünften Symphonie. Malandain erzählt die Handlung sehr genau, räumt dabei der Familie des Mädchens zu viel Platz ein und reduziert das Erscheinungsbild des gefährlichen Biests auf einen Tänzer ohne Gesicht: Den Kopf vollkommen unter schwarzem Stoff verborgen, kann Mickaël Conte das Leid und die Wut des Verzauberten einzig durch geballte Fäuste oder Am-Boden-Wälzen ausdrücken. Dass ihn die Liebe rettet, dieser große Moment geht fast unter, bevor sich der erlöste, nun wieder lächelnde Prinz und seine Belle in den Reigen der Gesellschaft einpassen, um mit ihr unter einem goldenen Vorhang zu verschwinden. Aber ein neuer Verfluchter steht schon bereit . . .

Die nächsten Tanzgastspiele in Ludwigsburg: „Schwanensee“ mit dem St. Petersburger Yacobson-Ballett am 15.Januar, Bundesjugendballett & Bundesjugendorchester am 20. Januar, die Compañía Nacional de Danza mit „Carmen“ am 26.-28. Januar.

www.forum.ludwigsburg.de