Sie sind in der gleichen Partei: Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) und Stefan Prakesch, Geschäftsführer der Wernauer Firma Aris. Aber sie sind sich nicht einig, ob Baden-Württemberg mehr gegen Wasserknappheit tun muss. Das Thema Wasser sei im Land „unterbelichtet“, erklärte Prakesch dem Minister, als dieser die Firma besichtigte, die ihr Geld mit Systemen verdient, die den Verbrauch von Trinkwasser reduzieren.

Von Roland Kurz

Franz Untersteller widersprach dieser generellen Kritik. Der Wasserverbrauch in Baden-Württemberg gehe sei zwei bis drei Jahrzehnten zurück und liege nur noch bei 120 Liter pro Kopf und Tag. Der Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft fand aber manche Ideen zur Regenwasser-Nutzung so interessant, dass er mit seinen Fachleuten und Prakesch einen Workshop veranstalten will.

In der Wernauer Daimlerstraße baut und entwickelt Aris mit etwa 20 Beschäftigten Regenwasserzentralen, Zisternen, Filtersysteme, Trennstationen für Löschwasser sowie Regenwasserspeicher mit Rigolen, also großen unterirdischen Behältersystemen. Tanks und Pumpen kaufe Aris dazu, erklärt Geschäftsführer Prakesch am Beispiel einer Regenwasserzentrale. Die Leistung der Wernauer Firma: Sie hat erstmals alle Geräte in ein Gehäuse verpackt und sie hat die Steuerung mitsamt Software entwickelt.

Schnell sind der Firmenchef und seine Besucher, neben Untersteller der Fraktionsvorsitzende der Grünen Andreas Schwarz und Bürgermeister Armin Elbl, beim Thema Hygiene angelangt. Legionellen und andere Bakterien sind bei Leitungen problematisch, die nicht regelmäßig genutzt werden. Die Stadt Wernau tauscht deshalb in der Stadthalle die Wandhydranten aus. Aris produziert Trennstationen, die dafür sorgen, dass sogenanntes stagnierendes Löschwasser nicht mit dem Trinkwassernetz in Kontakt kommt. Eine große Anlage hat Aris im Stuttgarter Marienhospital installiert.

Gegen die Nutzung von Regenwasser gebe es viele Vorbehalte, bedauert Prakesch. Der erste Schritt zu hygienisch einwandfreiem Regenwasser sei der Filter. Blätter und andere Nährstoffe dürften nicht gelöst werden. Aris setzt den Filter in den Zisternendom und überwacht ihn in der Zentraleinheit. Eigentlich sei das Thema Hygiene seit 20 Jahren geklärt, aber die Politik schenke dem Regenwasser nach wie vor keine Beachtung. Selbst die Bundesstiftung Umwelt habe bei ihrem neuen Schulungsgebäude die Nutzung von Regenwasser aus hygienischen Gründen abgelehnt, berichtet Prakesch dem Umweltminister kopfschüttelnd. Bei jedem Kindergarten sei diese Nutzung von vornherein diskreditiert. Aber in jeder Salatmischung befänden sich mehr Colibakterien, legt Prakesch eine vergleichende Untersuchung vor und bekräftigt: „Ich kann meine Zisterne austrinken und da wird mir nichts passieren.“ Das sei wohl ein Thema der Vermittlung, zeigt Landtagsabgeordneter Schwarz Verständnis. Er wolle ja gar nicht, so Prakesch, dass die Nutzung von Regenwasser vorgeschrieben werde, aber er bittet die Politiker die Gegenlobby zu entschärfen. Es dürfe nicht mehr von „Wasserspar-Irrsinn“ geschrieben werden.

Während sich für Privathaushalte eine Zisternenanlage fast nicht rechnet, ist bei Firmen die Nutzung von Regenwasser ein wirtschatlicher Faktor. Für die Gebäudekühlung brauche man weiches Wasser, erklärt Prakesch. Mit Regenwasser „spart man da richtig viel Geld“. Aris hat für die britische Supermarktkette Tesco eine Anlage konzipiert. Nebenbei wasche Tesco mit dem Regenwasser noch das Obst und Gemüse. Sammeln und Nutzen von Regenwasser entschärfe außerdem die Verbrauchsspitzen und Engpässe bei Trinkwasser, führt Prakesch als nächstes Argument an. Das ist dem Minister bewusst. Auf der Schwäbischen Alb und im Hochschwarzwald könnte es diesen Sommer wie 2003 wieder zu Wasserknappheit kommen - die Grundwasserspiegel sind derzeit auf einem historischen Tief.

Große Ohren bekommt Franz Untersteller bei den Rückhaltesystemen mit Rigolen. „Das ist wichtig, das gewinnt an Bedeutung“, sagt er und erinnert an die Überschwemmung von Braunsbach. Für Aris sind die Regenrückhaltebecken das wirtschaftliche Rückgrat. Etwa 400 hat die Firma in den vergangenen 14 Jahren geliefert, zum Beispiel auf dem Plochinger Stumpenhof. Anstelle massiver Betonbehälter setzt Aris meist Kunststoff-Rigolen ein, die beliebig aneinander gereiht werden können und dann mit einer Dichtfolie umschlossen werden. „Indien wäre doch euer Zukunftsmarkt“, schlägt Andreas Schwarz seinem Parteifreund Prakesch vor. Aber der freut sich erst einmal über den versprochenen Workshop mit den Stuttgarter Ministerialen.