Sicher ist, dass die S-Bahn in ein paar Jahren nach Neuhausen fährt und eine Endhaltestelle gebaut wird. Wie ein neuer Bahnhof und das Umfeld gestaltet werden könnten, stellte der Planer Christof Weigel vom Büro Baldauf Architekten im Gemeinderat vor. Ein prägendes Element ist eine Gebäudezeile, die sich am Bahnhof entlang zieht. Noch völlig offen ist aber, ob sich das Konzept in dieser oder ähnlicher Form verwirklichen lässt.

Von Klaus Harter

Rein funktional entsteht an der Bernhäuser ein „Mobilitätsknotenpunkt“, wie es der Planer formulierte. Doch städtebaulich eröffnen sich für die Gemeinde enorme Perspektiven. Christof Weigel führte sie in einer 3-D-Animation vor. Begeistert ist der Chefplaner der SSB, Volker Christiani, von der Lösung des Büros Baldauf, vier Bushaltestellen direkt neben den S-Bahnsteig zu legen. Wer umsteigt, hat so nur wenige Meter vom Bus zur S-Bahn oder umgekehrt. Platz hätte auch eine Haltestelle für einen möglichen Ortsbus.

Die Busse fahren künftig von der Bernhäuser Straße über einen Kreisverkehr zu den Haltestellen. Taxistände, Fahrradabstellplätze und Kurzzeitparkplätze sehen die Pläne ebenfalls direkt am Bahnhof vor. An der Stirnseite der Endhaltestelle zur Wilhelmstraße hin ist der Bahnhofsplatz vorgesehen, über den der Bahnsteig barrierefrei erreichbar ist. Das Park + Ride-Parkhaus, das bisher auf der Grünfläche zwischen Scharnhäuser Straße und Friedhof angedacht war, könnte im Gewerbegebiet „Bernhäuser Straße Süd“ gebaut werden, direkt im Anschluss an den S-Bahnhof. Für dieses Gebiet läuft noch das Bebauungsplanverfahren.

Kurze Wege in die Ortsmitte

Für den Hauptbahnsteig, an dem im Normalfall die S-Bahnen halten, sieht das Büro Baldauf über die ganze Länge „eine Art Pergola“ vor. Damit könnte der komplette Wartebereich überdacht werden, aber auch nur einzelne Abschnitte, erklärte Weigel. Auf dem schmalen Streifen zwischen dem Bahnhof und den Häusern entlang der Robert-Bosch-Straße sieht das städtebauliche Konzept eine Gebäudezeile vor mit Wohnungen sowie Räumen für Dienstleistungen und Geschäften.

Mit einer Unterführung unter dem Bahnhof zur Robert-Bosch-Straße wäre eine zweite Fußgängerverbindung zur S-Bahn möglich. Weigel hob hervor, dass der Bahnhof ziemlich zentral im Ort liege. Bis zum Schlossplatz seien es nur 500 Meter. Er erwartet, dass die Gemeinde für die Gestaltung hochwertige Materialien verwendet, wie in anderen Bereichen des Ortes.

„Das ist eine Machbarkeitsstudie“, erklärte Bürgermeister Ingo Hacker. Sie solle aufzeigen, „was auf diesem schmalen Grundstück möglich wäre“. Die Gestaltung des Bahnhofumfeldes sei die Aufgabe der Gemeinde. Aussagen über Kosten seien noch nicht möglich. „Wir sind ganz am Anfang des Prozesses“, betonte er. Um das Konzept umsetzen zu können, muss sich die Gemeinde mit der SSB einig werden, der die große Fläche des alten Bahnhofs gehört. Davon hängt vor allem ab, ob die Gebäudezeile verwirklicht werden kann.

„Die S-Bahn ist für uns ein riesiger Meilenstein“, sagte Mariela Herzog (Freie Wähler). Ihr Fraktionskollege Klaus Aurenz erwartet „für Neuhausen ein Jahrhundertereignis“. Der Bahnhof müsse „ein Teil des Ortes werden“. Fest steht für ihn, dass die Gemeinde „nicht nur einen Bahnhof von der Stange“ erhält. „Das sind ja schöne Aussichten“, schwärmte Erich Bolich (SPD). Die gründliche Planung habe sich gelohnt, „auch für die Anwohner“, meinte er auch mit Blick auf den Lärmschutz.

Nüchterner äußerte sich Gabriele Probst (IGL): „Entscheidend wird sein, was wir uns leisten können.“ Möglicherweise müssten die Pläne aus finanziellen Gründen abgespeckt werden. „Gut Ding braucht Weile“, kommentierte Andreas Edelmann (CDU) die Planung und fügte an: „Das Ergebnis kann sich sehen lassen.“ Die Visualisierungen des Büros Baldauf zeigten ihm, dass für die Gemeinde „eine neue Zeitrechnung“ beginne. Edelmann: „Neuhausen wird städtischer.“

Die Gemeinde, die SSB und das Büro Baldauf Architekten informieren über das S-Bahn-Projekt und die mögliche Gestaltung des Bahnhofs sowie des Umfeldes am Mittwoch, 9. März, um 19 Uhr im „Saalbau“. Dort wird auch die 3-D-Animation des Büros Baldaufs gezeigt, die einen kleinen Rundflug über das Areal simuliert.

Verbesserungen beim Lärmschutz

Der S-Bahn-Anschluss hat für Neuhausen viele Vorteile, aber vor allem für die Anwohner am Ortsrand auch Nachteile. Künftig fahren Züge in wenigen Metern Entfernung an ihren Häusern vorbei. Um sie gegen den Lärm abzuschirmen sind Lärmschutzwände geplant. Weil die Strecke nur eingleisig gebaut wird, rücken sie weiter vom Ortsrand weg. Sie stehen an der engsten Stelle nicht mehr fünf, sondern zehn Metern von den Häusern entfernt und werden nicht vier, sondern 2,50 Meter hoch, berichtete Volker Christiani, der Chefplaner der SSB.

Entlang der Max-Eyth-Straße liegen die Gleise in einem Trog, der 1,40 bis 2,40 Meter tief ist. Dessen Wände werden „hochschallabsorbierend verkleidet“, kündigte Christiani an. Damit sich die Schallwellen nicht zu stark über den Boden ausbreiten, werden als Erschütterungsschutz „dicke Isoliermatten“ unter die Gleise gelegt und Schwellen gepolstert. Das mache die SSB freiwillig auch im letzten Abschnitt bis zum Prellbock, obwohl dies dort gesetzlich nicht gefordert sei, betonte der Chefplaner. Weil es keine Pflicht sei, gebe es dafür möglicherweise keine Zuschüsse des Bundes und des Landes.

Zeitplan: Die Planung sei so weit gediehen, dass die SSB im Sommer die Planfeststellung beim Regierungspräsidium beantragen könne, sagte der Chefplaner. Wahrscheinlich im Herbst 2017 erfolge der Planfeststellungsbeschluss. Ende 2016 könne voraussichtlich der Zuschussantrag beim Bund und dem Land gestellt werden. Den Zuwendungsbescheid erwartet Christiani Anfang 2018. Erst dann stehe fest, wie viel die Projektpartner, der Verband Region Stuttgart, der Landkreis Esslingen, die Stadt Filderstadt und die Gemeinde Neuhausen, wirklich zahlen müssen. Der Bau der Strecke werde Anfang 2019 beginnen. Im Fahrplanjahr 2021/2022 soll die S-Bahn dann bis Neuhausen fahren.

Den Flächenverbrauch wolle die SSB wegen des wertvollen Filderbodens so gering wie möglich halten, sagte Christiani. Zwei Flächen für die Baustelleneinrichtung ließen sich zwischen Sielmingen und Neuhausen aber nicht vermeiden. Eine knapp 6000 Quadratmeter große Fläche sei an der Gemarkungsgrenze vorgesehen, eine fast 8000 Quadratmeter große im Gewerbegebiet „Bernhäuser Straße Süd“.

Die Zauneidechsen, die auf der künftigen S-Bahn-Trasse leben, werden vor Beginn der Bauarbeiten eingefangen und ins Naturschutzgebiet „Lehmgrube“ umgesiedelt, sagte der Chefplaner. Dort befinden sie sich dann in Gesellschaft der Zauneidechsen, die aus den Neubaugebieten „Ziegelei“ und „Akademiegärten“ umziehen müssen.