Radfahren ist die Leidenschaft des Flughafenchefs, der in allen Lebensbereichen sehr diszipliniert ist. Quelle: Unbekannt

„Es war richtig, über die zweite Startbahn zu diskutieren, denn wir müssen strategisch vorausdenken.“

Von Elisabeth Maier

Das Fahrrad des scheidenden Flughafendirektors Georg Fundel steht schon bereit. Nach seiner feierlichen Verabschiedung, die Ministerpräsident Winfried Kretschmann morgen in der Stuttgarter Staatsgalerie übernimmt, radelt der sportliche 63-Jährige nach Sizilien. 21 Jahre lang stand der studierte Betriebswirt jeweils mit wechselnden Kollegen an der Spitze des Stuttgarter Flughafens. Mit seinen strategischen Visionen und mutigen Innovationen hat der Schwabe, dessen Markenzeichen lange Jahre der Zwirbelbart und die Fliege waren, den Landesflughafen zu einem modernen Unternehmen entwickelt.

„Mich interessiert nur das Neue“, sagt der drahtige Sportler und lacht. Als sein Vorgänger Klaus Wedekind 1996 den Stab in der Doppelspitze der Flughafengesellschaft (FSG) an ihn übergab, habe der ihm eine ruhige Position in Aussicht gestellt, „schließlich sei alles gut bestellt“. Die umstrittene Verlängerung der Startbahn war damals schon unter Dach und Fach.

Darüber schmunzelt der gebürtige Münsinger heute. Er wagte Neues, wollte mehr. Mit seinen Kollegen Günter Schreiner und Walter Schoefer machte er das „Flughäfele“ in Echterdingen zum modernen Infrastrukturprojekt im Herzen Europas. Als Fundel anfing, hatte der Flughafen 6,3 Millionen Passagiere, heute sind es 10,6 Millionen. Nicht zuletzt ging es ihm darum, das Image des Landesflughafens in der starken Wirtschaftsregion aufzupolieren. Das schaffte er nicht immer. Deshalb hat er sichtbare Zeichen gesetzt. Mit dem Neubau des Terminals 3, den Konzepten für die Gewerbeflächen der Airport City und neuen Strukturen in der Flughafengesellschaft hat der Ökonom viel bewegt. „Wir müssen zukunfts- und konkurrenzfähig bleiben“, sagt Fundel mit Blick auf die umkämpfte Luftfahrtbranche. Dass er Bereiche in Tochterfirmen ausgegliedert hat, um Lohnkosten zu sparen, brachte ihm auch heftige Kritik ein. Die hat der souveräne Geschäftsführer ausgehalten.

Obwohl er sich auf den Ruhestand freut, geht er auch mit Wehmut. „Schade, dass ich die Fertigstellung des Filderbahnhofs nicht mehr im Amt erlebe.“ Damit werde der Flughafen zu einem „einmaligen Verkehrsknoten“. Das Entstehen der Landesmesse hat Fundel aktiv begleitet. Das Großprojekt hat ihm viele Chancen für den Flughafen eröffnet. Der gemeinsame Campus auf der Filderebene setzt städtebauliche Akzente. Zudem bewirtschaftet die Flughafengesellschaft den gemeinsamen Parkraum.

Steten Wandel brauchte Fundel im gesamten Berufsleben. 1982 leitete er die Wirtschaftsförderung der Landeshauptstadt Stuttgart, war von Anfang an enger Weggefährte von Alt-Oberbürgermeister Manfred Rommel. Der sei für ihn ein väterlicher Freund gewesen, erinnert sich der 63-Jährige an viele Gespräche und Begegnungen, die er bis zum Tod des Kommunalpolitikers pflegte. Dass der Landesflughafen heute Manfred Rommels Namen trägt, liegt auch an Fundels Beharrlichkeit. Denn wegen dessen Vater, „Wüstenfuchs“ Erwin Rommel, war die Namensgebung in Stuttgart umstritten.

Ab 1989 wurde Fundel Leiter der Bereiche Bauen und Liegenschaften sowie Öffentlichkeitsarbeit und Marketing der Landesgirokasse (LG), heute LBBW. Später auch Geschäftsführer der LG Grundstücksanlage-GmbH und der LG Stiftungen. Als Pressesprecher vertrat er die Landesgirokasse auch nach außen.

Auf öffentlichem Parkett bewegt sich der ehemalige Pressechef virtuos. Bei Empfängen repräsentiert er ebenso gern wie in politischen Gremien. Auch vor ungewöhnlichen Aktionen scheute er nicht zurück, etwa einem Fallschirmsprung mit dem ehemaligen Turner und Politiker Eberhard Gienger.

Seine Antworten in Interviews formuliert der Schwabe, der auf der Alb aufgewachsen ist, stets prägnant, genau auf den Punkt. Ein Blatt nimmt er nicht vor den Mund. Das war auch 2007 so, als er die Debatte um eine zweite Startbahn für den Flughafen auf den Fildern anstieß. Nachdem sich dagegen heftiger Widerstand aus den Nachbarkommunen regte, rügte der damalige Ministerpräsident Günter Oettinger seinen Flughafendirektor scharf und legte die Pläne für die nähere Zukunft auf Eis. Bereut der Flughafenchef denn im Rückblick, dass er die Diskussion in Gang gebracht hat? Das verneint er ganz energisch. „Es ist richtig, über die zweite Startbahn zu diskutieren, denn wir müssen strategisch vorausdenken.“

Als harten, aber offenen Verhandlungspartner schätzen Vertreter der Fluggesellschaften Fundel. Vehement kämpfte er für die interkontinentale Verbindungen von Stuttgart aus. Einige Fluggesellschaften wagten das Experiment. Bis auf den Flug mit Delta Airlines nach Atlanta hat sich aber keiner dieser Direktflüge gehalten. Verbindungen nach New York, Katar und Abu Dhabi schliefen nach relativ kurzer Zeit wieder ein. Auch die Industrie- und Handelskammer nahm Fundel in die Pflicht, ihre Mitglieder zum Fliegen ab Stuttgart zu bewegen. Lobbyarbeit in Wirtschaft und Politik ist eine Leidenschaft des kommunikativen Flughafenchefs.

Sein Gespür für Themen der Zeit ließ Fundel früh das Thema Nachhaltigkeit auf die Agenda setzen. Mit Solaranlagen, einem Blockheizkraftwerk und dem Fairport-Nachhaltigkeitsbericht haben der Flughafenchef und sein Team Umweltschutz als zentrales Thema entdeckt. Das habe auch die Politiker der Grünen verblüfft, als sie an die Macht kamen: „Die wollten uns mal zeigen, wie man Nachhaltigkeitskonzepte umsetzt, und waren dann sehr überrascht, was wir schon alles angestoßen hatten.“ Dabei hatte er auch finanzielle Überlegungen im Blick. Denn nicht zuletzt spare umweltbewusstes Handeln bares Geld. Jungen Menschen den Weg in ein erfolgreiches Berufsleben zu bahnen, liegt Fundel am Herzen. Viele Karrieren hat er möglich gemacht, etwa in der Tochtergesellschaft, die Unternehmensberatung anbietet. Seit 1999 ist er Lehrbeauftragter am Institut für Eisenbahn- und Verkehrswesen an der Universität Stuttgart zum Thema Luftverkehr und Flughafenmanagement. Dass er an der Universität zum Professor ernannt wurde, freut ihn. Trotz seines straffen Zeitplans kümmert er sich in Einzelfällen auch persönlich um seine mehr als 1000 Mitarbeiter, wenn es Schwierigkeiten gibt: „Es ist mir nicht egal, wenn jemand ein Alkoholproblem hat.“

Auch wenn der leidenschaftliche Reiter und Pferdenarr jetzt seinen Chefsessel bei der FSG räumt, wird ihm nicht langweilig. Als Vorsitzender des Fördervereins Wilhelma und Vorstandsmitglied der Helene-Pfleiderer-Stiftung hat der 63-Jährige weiterhin die Möglichkeit, seine innovativen Projekte anzustoßen. Außerdem ist seine große Fachkenntnis in vielen Aufsichtsräten gefragt.