Immer mehr behinderte Kinder gehen auf eine allgemeinbildende Schule. Die Eltern haben seit 2015 einen gesetzlichen Anspruch darauf. Zur Unterstützung werden Schulbegleiter eingesetzt. Der Kreis Esslingen hat dazu ein Konzept erstellt, das den sechs Trägern der Schulbegleitung als Richtschnur dient. Aufwendig bleibt jedoch die Prozedur für Eltern, um einen Begleiter für ihr Kind zu erhalten.

Von Roland Kurz

Die Arbeit der Schulbegleiter sieht unterschiedlich aus, sie richtet sich an den Fähigkeiten des Kindes aus. Oft geht es um Hilfe beim Essen, beim Umkleiden im Sportunterricht oder beim Gang auf die Toilette. Pädagogische Aufgaben sollten sie eigentlich nicht übernehmen, sagt Sandra-Maria Wiedmann vom Verein Lebenshilfe Esslingen-Kirchheim, der die Fachstelle für Schulbegleitung für bislang drei Träger betreibt. Aber der Übergang zum Hilfslehrer ist fließend. Wenn beispielsweise ein Schüler Hörprobleme hat, wiederholt der Begleiter die Aufgabe oder erläutert sie. Die wenigsten der 54 Schulbegleiter, die Wiedmann betreut, sind Fachkräfte. Im Einsatz sind Rentner, Hausfrauen und Menschen, die in einen sozialen Beruf wechseln wollen. „Uns ist Lebenserfahrung wichtig“, sagt Wiedmann. Über den Kreisjugendring kommen auch junge Leute im Freiwilligen Sozialen Jahr an die Schulen.

Fallzahlen und finanzieller Aufwand für Schulbegleitungen steigen seit Jahren kontinuierlich. 2014 wurden im Kreis Esslingen 121 Kinder durch die Begleiter unterstützt, voriges Jahr bereits 188. „Schulbegleitung ist wichtig, wenn die Inklusion gelingen soll“, betonte Landrat Heinz Eininger im Sozialausschuss des Kreistags. Gleichwohl ärgert er sich, dass ihm 2016 das Land nur rund 450 000 Euro erstattet hat. Der Kreis hat aber knapp zwei Millionen Euro ausgegeben. Diese Lücke wird zu einem großen Teil dadurch verursacht, dass auch 48 Kinder an den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ), etwa an der Rohräckerschule, ebenfalls Schulbegleiter erhalten. Dafür gibt es keinen Kostenersatz vom Land, das habe ein Gerichtsurteil so bestätigt, erklärte Eininger und merkte an: „Eigentlich dürfte es keine Schulbegleiter an einem SBBZ geben.“

Die Begleitung an den allgemeinbildenden Schulen gilt als „wichtiger Baustein“ auf dem Weg zu einer inklusiven Schulentwicklung, so das Fazit der Kreisverwaltung. Sie dürfe aber „nicht als Ersatz für systemische Defizite“ in den Schulen verstanden werden. Mittelfristig müsse die Schulbegleitung als Regelangebot von der Schule erbracht werden. Nur dann könne sie zu einem Bildungsort für Kinder mit unterschiedlichen Fähigkeiten werden.

Noch wird aber die Schulbegleitung an sechs Einrichtungen übertragen: die Vereine Lebenshilfe Esslingen und Kirchheim, die Behinderten-Förderung Linsenhofen, der Kreisjugendring, die Esslinger Stiftung Jugendhilfe Aktiv sowie die Kirchheimer Stiftung Tragwerk. Diese kooperieren laut der neuen Konzeption in einem Trägerverbund. Die Fachstelle für die Schulbegleitung soll dann für alle sechs Träger arbeiten. Zwischen dem Kreis und dem Verbund soll auch eine Entgeltvereinbarung abgeschlossen werden. So lautet der Auftrag des Sozialausschusses. Nicht alle Details konnte das Konzept klären. So ist zum Beispiel offen, wer für die Betreuung in den Pausen zuständig ist und das bezahlt. Da es kein Unterricht sei, sei es Sache des Schulträgers, hat Christine Fischer erklärt, die im Landratsamt das Amt für besondere Hilfen leitet.

Die Kreisräte lobten das neue Konzept. „Damit kann man arbeiten“, sagte Ursula Merkle (CDU). Carla Bregenzer (SPD) findet, das Papier gebe Eltern und Schulbegleitern Sicherheit. Die sieben Schritte des Verfahrens seien jedoch ein schwieriger Prozess für die Eltern, der ein halbes Jahr beanspruche.

Der Weg zu Inklusion und Schulbegleitung

Antrag der Eltern ans Schulamt (bis Ende Januar) auf sonderpädagogische Leistungen

Sonderpädagogisches Gutachten prüft Anspruch

Formloser Antrag der Eltern auf inklusive Beschulung

Bildungswegekonferenz: legt Lernort fest (Eltern können teilnehmen)

Eltern entscheiden endgültig: allgemeinbildende Schule oder SBBZ

Eltern stellen Antrag auf Schulbegleitung

Hilfeplankonferenz (Eltern, Schüler, Schule) sucht einvernehmlichen Weg

Einer der sechs Träger übernimmt Schulbegleitung und die Verantwortung. Der Träger sucht geeigneten Schulbegleiter und berät Eltern