In der Stadthalle K3N nominierte die AfD weitere Kandidaten. Quelle: Unbekannt

(lsw) - Begleitet von Protesten hat die baden-württembergische AfD am Wochenende Bundestagskandidaten nominiert. Die Medien mussten wieder draußen bleiben. Die Mehrheit des Parteitags erwartete keine faire Berichterstattung.

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit hat die baden-württembergische AfD am Wochenende die Nominierung ihrer Kandidaten für die Bundestagswahl fortgesetzt. Da die Zahl der Bewerber sehr groß sei, müsse die AfD einen weiteren Parteitag einberufen, um für jeden der 38 Wahlkreise einen Kandidaten zu ernennen, sagte Parteisprecher Markus Frohnmaier am Sonntagnachmittag in Nürtingen. Zum Teil hätten um einen Platz zehn bis 15 Mitglieder konkurriert. Das dritte Treffen könne im März oder April terminiert werden.

Bei einer Prognose von mindestens 18 Prozent der Stimmen bei der Wahl könne die AfD in Baden-Württemberg auch 18 Abgeordnete für den Bundestag entsenden. Das Treffen von ungefähr 600 Mitgliedern war am Samstag von Protesten begleitet worden (siehe oben stehenden Artikel).

Der Parteitag folgte mit dem Ausschluss der Medien einer Empfehlung des Landesvorstandes, obwohl sich der AfD-Bundes- und baden-württembergische Fraktionschef Jörg Meuthen sowie die Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl, Alice Weidel, dagegen ausgesprochen hatten.

Zur Begründung des Ausschlusses hieß es, man erwarte keine faire und ausgewogene Berichterstattung. Bei 100 Bewerbern um die noch 29 Listenplätze sei es nicht ausgeschlossen, dass sich einer „unglücklich ausdrücke“. Die Partei befürchte, dass sich die Medien auf diese Äußerungen konzentrierten. Bei der Abstimmung habe es auch einen Gegenantrag gegeben, sagte Frohnmaier. Journalisten-Vertreter hatten zuvor gegen die Beschneidung der Pressefreiheit protestiert. Die Grünen-Landesvorsitzenden Sandra Detzer und Oliver Hildenbrand unterstrichen: „Die AfD will nur Berichterstattung, die ihr passt und die ihr nützt. Freier und unabhängiger Journalismus ist deshalb unerwünscht.“Mit demselben Argument wie in Nürtingen hatte die AfD der Öffentlichkeit beim ersten Nominierungsparteitag Ende des vergangenen Jahres in Kehl den Zutritt verweigert. Dort waren innerhalb von zwei Tagen neun von 38 Listenplätzen besetzt worden.

Auch vom Kongress europäischer Rechtspopulisten am Samstag in Koblenz unter anderem mit AfD-Bundeschefin Frauke Petry waren einige Medien ausgeschlossen worden. Die AfD im Südwesten hatte zuvor auf den Ausschluss der Öffentlichkeit bei Veranstaltungen anderer Parteien hingewiesen, so bei einem SPD-Konvent zum Freihandelsabkommen Ceta zwischen Kanada und der EU. Beim Landesparteitag mit der Neuwahl des Vorstands im März will die AfD die Medien zulassen.

Vor der Stadthalle in Nürtingen hatten sich zahlreiche Gegendemonstranten versammelt. Sie trugen Plakate mit Aufschriften wie „Vielfalt statt Einfalt“, „Nürtingen ist bunt“ oder „Gegen Rassismus und Unmenschlichkeit - No AfD“. Redner bedauerten einen Rechtsruck in Deutschland und Europa. Die Lebensumstände der Menschen verschlechterten sich. Ängste um Arbeitsplätze und bezahlbares Wohnen seien der Nährboden für rechte Kräfte, die einfache Antworten böten.

In der Nähe der AfD-Veranstaltung war in einem Parkhaus eine Rauchbombe gezündet worden; vor der Stadthalle flogen Eier und Tomaten. Verletzt wurde den Angaben zufolge niemand. Die zum Teil berittene Polizei des Polizeipräsidiums Reutlingen wurde von Einsatzkräften aus Göppingen unterstützt.

Die Äußerungen des thüringischen Landeschefs Bernd Höcke zum „Denkmal der Schande“ sind laut Frohnmaier am Rande des Parteitags unterschiedlich diskutiert worden, von uneingeschränkter Zustimmung bis zur Kritik, die Formulierung habe dazu eingeladen, missverstanden zu werden. Konsens sei aber, dass eine Verengung der deutschen Geschichte auf zwölf Jahre NS-Regime nicht angemessen sei.