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Mit mehreren Streifen musste die Polizei am Mittwochnachmittag im Freibad Kirchheim anrücken: Ein junger Flüchtling rangelte mit Polizisten, als wegen eines Hausverbots seine Personalien aufgenommen werden sollten. Nachdem dieser Streit geklärt war, ereilte die Ordnungshüter die nächste Hiobsbotschaft: Vier junge Mädchen waren im Becken von Männern betatscht worden – mindestens einer der Verdächtigen ist auch Asylbewerber.

Von Greta Gramberg

„Aufgelöste, weinende Mädchen sind auf die Polizisten zugekommen“, berichtet Polizeisprecher Sven Heinz. Den Erzählungen der jungen Zeuginnen zufolge sind am Mittwoch im Strudelbecken drei zehn- bis 13-jährige Mädchen angegangen worden: ihnen wurden das Bikiniober- und unterteil weggezogen oder an den Po gefasst.  Und wenig später wurden im Nichtschwimmerbereich zwei 14 Jahre alte Mädchen von einem 25 bis 30 Jahre alten Mann an den Brüsten und im Schritt betatscht. Der Unbekannte soll auch sein erregtes Glied an ihnen gerieben haben.

Vielleicht kannten sich die Täter

Einen verdächtigen 21 Jahre alten Flüchtling aus dem Irak hat die Polizei mithilfe von Zeugen noch im Bad gefunden und zur Befragung aufs Revier gebracht. Die Belästigung eines der Mädchen hat zudem ein Bademeister beobachtet und den Täter zur Rede gestellt. Weil der Freibadangestellte aber vom Gerangel zwischen dem 17-Jährigen und den Polizisten abgelenkt wurde, konnte der Verdächtige fliehen. Da der Mann Anfang 20 aber ein häufiger Badegast ist, hoffen die Beamten, dass der Bademeister ihn beim erneuten Besuch wiedererkennt.

Die Belästigungen sind innerhalb eines kurzen Zeitraumes von 16.45 bis 17.30 Uhr geschehen. Alle mutmaßlichen Täter wurden als junge Männer mit arabischem Aussehen beschrieben. „Das ist natürlich ein sehr enges Zeitfenster“, sagt Sven Heinz. „Ich kann mir schon vorstellen, dass die Tatverdächtigen zu einer Gruppe gehören.“ Opfern in solch einer Situation rät er, sofort auf sich aufmerksam zu machen und Badepersonal oder Polizei Bescheid zu geben. „Was uns schockiert ist der extreme Altersunterschied zwischen Tatverdächtigen und Opfern.“

Der Vorfall mit einem 17-jährigen Flüchtling aus Mali hat mit den Belästigungen nichts zu tun. Der Jugendliche war mehrfach vom Beckenrand ins Wasser gesprungen trotz Ermahnung des Bademeisters. Der zog schließlich mit einem Hausverbot Konsequenzen. Als der 17-Jährige nicht gehen wollte, rief der Freibadleiter die Polizei. Als eine Streife kam, um den Jungen, der die Angabe seiner Personalien verweigerte, aufs Revier mitzunehmen, wurde er der Polizei zufolge aggressiv.

Die Beamten gerieten daraufhin in eine Rangelei mit ihm, sie wurden leicht verletzt. Eine Gruppe Heranwachsender bildete einen Kreis um die am Boden Liegenden und feuerten den 17-Jährigen an. „Sie haben die Polizisten als Rassisten und gewalttätige Schweine bezeichnet“, sagt Sven Heinz. Den Beamten zufolge hatten die etwa 30 Badegäste Migrationshintergrund. Aus ihren Reihen wurde ein zur Hilfe eilender Bademeister, der die teils aufgebrachten jungen Erwachsenen zurückhalten wollte, am Hals gepackt und umgestoßen. Auch nach diesem Täter sucht nun die Polizei. Als weitere Streifen zur Verstärkung kamen löste sich die Gruppe auf.

Klare Worte aus dem Rathaus

Der Betreiber des Freibades, die Stadt Kirchheim, zieht Konsequenzen aus weniger krassen Vorfällen im Vorjahr und den jüngsten Ereignissen. Bereits vor der Saison wurden die Hausregeln im Freibad  in einem Flyer auch in arabischer Sprache veröffentlicht. Zudem hat Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker heute mehrere Sofortmaßnahmen angeordnet: Schwimmmeister sollen, wenn die Regeln nicht beachtet werden, sofort vom Hausrecht Gebrauch machen und gegebenenfalls die Polizei hinzurufen. „Und drittens werden nun an heißen Tagen Security-Kräfte beauftragt, weil die Schwimmmeister sonst überfordert sind.“

Matt-Heidecker reagiert verärgert auf die Übergriffe auf junge Mädchen: „Das geht gar nicht!“  Wer sich so verhalte, habe im Freibad nichts zu suchen. Man könne aber nicht wegen des von der Polizei vernommenen Tatverdächtigen allen Menschen, die aus dem Irak kommen, den Besuch verbieten. Wegen den Übergriffen sieht die Bürgermeisterin schon ihre Arbeit der vergangenen Monate gefährdet. „Bei der Bevölkerung werbe ich um Verständnis wegen der Flüchtlingsheime. Und nun das!“

Die Polizei bittet nun Zeugen und Opfer sich beim Revier Kirchheim, t 07021/5010, zu melden.