Von Roland Kurz

Sie hatten ein großes Geheimnis gemacht aus ihrer alemannischen Nacht. Die Wernauer Narren wollten dieses Mal nicht nur ihre Stadtoberen vors Gericht zerren, sondern das traditionelle Prozedere in eine spektakuläre Geschichte einpacken. Die Besucher bekamen eine feurige, fast gruslige Schau geboten. Teuflisch gut!

Die verurteilten Räte hatten kaum begonnen, die gebackenen Wehla unters Volk zu bringen, da drohte ihnen der Teufel vom Balkon des Alten Rathauses herunter: „So billig kommt ihr nicht davon!“ Eine Zündschnur glomm vom alten zum neuen Rathaus und kündigte weiteren Höllenzauber an. Neben dem Ärztehaus stoben meterhohe Flammen nach oben, um den Blick auf den Hexenwagen zu lenken. Auf diesem tobte die im Holzkäfig sicher verwahrte Oberhexe, um dann von den Laichleshexen vors Quadrium gezogen zu werden, wo das Feuer unterm Hexenkessel entfacht war.

Schaurige Musik begleitete den Tanz ums Feuer. Das Alte Rathaus war in rot flackerndes Licht getaucht und schien zu brennen, währenddessen die Gestalten der Wernauer Fasnet - Brotlaible und Bauern, Heckarutscher und Laichleshexen - hinter den Fenstern gestikulierten. Immer wieder loderten die Flammenwerfer im Hintergrund, zwischen den Flammen standen die Geesgassdeifl und schwangen ihre knallenden Peitschen. Den Schlusspunkt setzten die Laichleshexen: Sie postierten sich rund ums Feuer und ließen ihre Besen silberne Funken stieben. Zunftmeister Marcel Reith und Ehrenobernärrin Rita Zink stießen auf diese hochprozentige Schau erst mal mit dem Büttel an.

Ach ja, der Rathauschef und die Volksvertreter waren auch noch da, wie jedes Jahr. Sie hatten sich in die Lederkluft von Goldgräbern geworfen. Da sie in den vergangenen Monaten das Gold vorwiegend in den Taschen der Bürger geschürft hatten, war klar, was ihnen Till und Zunftmeister zum Vorwurf machen würden: Die Kosten-Einspar-Horrorliste. „Sparmaßnahme zum Erbrecha, dia arme Bürger müssen blecha!“ Die Herren Gemeinderäte sangen darauf - nach der Melodie von Helene Fischers „Atemlos“ - sogar noch stolz: „Hemmungslos, oifach geil, sacket mir jetzt Kohle ei.“ Und weil Wernau großstädtisch werden soll, greifen sie zum einfachsten Mittel: „Hundesteuer nauf ond hohe Parkgebühr - Metropole, des werdet mir.“

Vor lauter Gier werde der Schultes zum Tier, klagte der Till alias Siggi Großmann. Der arme Armin gestand freiwillig: „I bee a Tier, ganz ohne Zweifel - wenns om mei Wernau geht, werd i zom Deifel.“ Ehrenzunftmeisterin Rita Zink hat klar analysiert: Kurz vor der Insolvenz erhöht man schnell den Wasserzens. Zur Gegenwehr langte Stadtrat Jürgen Haas mal kurz unter die Gürtellinie. Da unterm Rock möge die Zunftmeisterin doch mal mit mehr Wasser schaffen, dann würde es dem Wasserwerk schnell wieder besser gehen. Hat Stadtrat Ungethüm vor dem Narrengericht eine Kehrtwende auf der Laichlestreppe vollzogen? Er habe von seiner Angela den Rat bekommen: „Das isch ein Kleinod groß, sanier’se und scheiß dr ned en d’Hos!“

Stadtrat und Schultes überflüssig - so lautete am Ende der Spruch des Gerichts. „Entlasse sei ihr arme Seela, ganget onders Volk, verdoilet Wehla.“