Blumen für den Mandatsträger nach der Nominierung für die Bundestagswahl: Markus Grübel und CDU-Kreisgeschäftsführerin Yvonne Bauder. Foto: von Leesen Quelle: Unbekannt

Die Papierfabrik Scheufelen blickt auf unruhige Jahre zurück: Auf die Insolvenz 2008 folgten zwei Besitzerwechsel in den Jahren 2009 und 2011. Seit Montagabend ist der Lenninger Papierhersteller wieder in neuen Händen. Ein Firmenkonsortium unter Führung der deutschen Schaeff-Gruppe hat Scheufelen von Paper Excellence B.V. gekauft. Mit hochwertigen Verpackungen für Parfums oder Uhren will der Hersteller von Premium-Papieren auf einem neuen Markt Fuß fassen.

Von Roland Kurz

Im Krisenmodus befindet sich das Lenninger Unternehmen seit Anfang der 80er-Jahre. Die letzten Schlagzeilen lieferte Scheufelen vor eineinhalb Jahren: mit einem kräftigen Personalabbau. Nur noch 266 Beschäftigte sollten übrig bleiben. In den besten Zeiten beschäftigte die Papierfabrik über 1000 Leute. Gestern hat Alexander Schaeff bei den Beschäftigten neue Hoffnung geweckt. Der geschäftsführende Gesellschafter der Schaeff-Gruppe aus Schwäbisch Hall hat sich auf der Betriebsversammlung grundsätzlich zum Standort Lenningen bekannt.

Schaeff setzt auf den zugkräftigen Namen Scheufelen und will damit in die Produktion hochwertiger Verpackungskartons einsteigen. Dieser Marktsektor wachse jährlich um drei bis vier Prozent, sagte Jürgen Wilde, der seit Ende 2015 Geschäftsführer der Papierfabrik ist, der Bedarf an hochwertigem grafischen Papier sinke um diesen Prozentsatz.

Unter dem Markennamen „Phoenolux“ sollen Luxusverpackungen in den Bereichen Kosmetik, Pharmazie, Gesundheit, Alkoholika, Schmuck, Uhren und elektronische Geräte hergestellt werden. Schaeff ist eigentlich Maschinenbauer. Weil er auch Komponenten für Verpackungsmaschinen liefert, glaubt der neue Hauptgesellschafter, einen Zugang zum Marktsegment hochwertige Verpackungen zu haben. Schaeff: „Wir können Türöffner für Scheufelen sein.“

Alexander Schaeff, er trägt Janker statt Jackett, kommt aus einer traditionsreichen Unternehmerfamilie. Seit 1596 ist sie im fränkischen Raum aktiv, hat mit Hammerschmieden begonnen. Die Firma Scheufelen habe ihn „als technisch getriebenes Unternehmen mit unglaublicher Historie“ fasziniert.

„Ich freue mich, dass die Papierfabrik wieder Teil einer mittelständischen Unternehmensgruppe ist“, sagte Ulrich Scheufelen. Er ist beim Eigentümerwechsel wieder ins Boot zurückgekehrt und mit einem Anteil von 5,1 Prozent dabei. Über den dritten Beteiligten, die Münchener Gesellschaft Radial Capital Partners, hat sich Schaeff noch jemanden an die Seite geholt, der sich in der Papierbranche auskennt: Andreas Mirow, vormals Leiter von Pulp & Paper Global.

Mit dem Vorbesitzer Paper Excellence war man in Lenningen nicht glücklich, umgekehrt wohl ebenso wenig. Ulrich Scheufelen bedankte sich zwar bei dem „sehr unterstützenden Gesellschafter“, aber es ging in dieser Phase abwärts. Zwar wurde die Beschäftigtenzahl nicht wie angekündigt von 650 auf 266 reduziert, derzeit zählt man 340 Mitarbeiter, aber einen Zukunftsplan hatten die unzähligen Berater, die durchgeschleust wurden, nicht. Die Entscheidungsebene sei weit entfernt gewesen, berichtet Betriebsratsvorsitzender Mehmet Simsek, und die Shareholder, die in Asien sitzen, hätten nicht investiert. Simsek: „Nun ist die Ungewissheit zu Ende.“ Ulrich Scheufelen erklärte, die Paper Excellence, die vor allem Zellstoff-Fabriken betreibt - sieben in Kanada und zwei in Frankreich - habe nun den Versuch aufgegeben, in die Papierherstellung einzusteigen.

Von der Schaeff-Gruppe erhoffen sich Ulrich Scheufelen und Betriebsrat Simsek nicht nur die nötigen Finanzmittel, sondern auch technologische Unterstützung in der Prozesstechnik. Die Maschinen müssen angepasst werden, um künftig den schwereren Verpackungskarton herzustellen. Waren die Lenninger bislang Marktführer bei gestrichenen Premium-Papieren, will Schaeff nun die schönsten Verpackungen machen. „Wir werden an der Spitze der Pyramide sein“, sagte Alexander Schaeff. Die Übernahme habe für seine Gruppe ein „erhebliches Investment“ bedeutet, nun wolle man die Papierfabrik Scheufelen so schnell wie möglich in den Bereich der Profitabilität zurückbringen.

Historie und eigentümer

Aufbau: 1855 wird die Papierfabrik Scheufelen in Oberlenningen gegründet. Ende der 1950er-Jahre beschäftigt Scheufelen 2366 Mitarbeiter. Außer in Lenningen hat man noch ein Werk in der Pfalz.Auf Initiative der Papierfabrik Scheufelen beginnt 1952 der Bau der Siedlung Hochwang, ein Ortsteil mit mehr als 1000 Einwohnern.

Erste Krise: 1982 gerät Scheufelen in Turbulenzen. 225 Stellen werden abgebaut. Gestiegene Rohstoffpreise sowie die schlechte Marktlage zwingen die Firma sich zwischen 2003 und 2005 von weiteren 250 Mitarbeitern zu trennen.

Insolvenz und Übernahme: Im Jahr 2008 muss das traditionsreiche Familienunternehmen Insolvenz anmelden. 620 Mitarbeiter bangen um ihre Zukunft. Die finnische Papiergruppe Powerflut übernimmt Scheufelen zum 1. Januar 2009 und sichert damit den Fortbestand der Firma.

Verkauf: Recht überraschend trennt sich der finnische Konzern im Mai 2011 von seiner Tochter im Lenninger Tal. Er verkauft Scheufelen für 38,5 Millionen Euro an die niederländische Firma Paper Excellence, die Zellstofffabriken in Kanada und in Frankreich betreibt.

Kündigungswelle: Hochwertige Papiere sind weniger gefragt. Mit der Stilllegung der Papiermaschine 6 im Jahr 2014 fährt Scheufelen seine Jahresproduktion von 300 000 auf 140 000 Tonnen zurück. Von 650 Mitarbeitern sollen 400 ihren Job verlieren. Ein Sozialplan wird aufgestellt, die Transfergesellschaft läuft noch bis Juli.

Kauf durch die Schaeff-Gruppe: Am 25. April 2016 unterschreiben die drei neuen Eigentümer den Vertrag: die Schaeff-Gruppe Schwäbisch Hall, Radial Capiatal Partners aus München und Familienmitglied Ulrich Scheufelen.