Landrat Eininger schneidet die Torte an. Minister Lucha verteilt an Geschäftsführer Kräh und Stellvertreterin Elvira Benz. Links: Bürgermeister Riemer und Chefarzt Jacob. Foto: Jacques Quelle: Unbekannt

Die stationäre psychiatrische Versorgung im Kreis Esslingen ist jetzt an einem Standort konzentriert. Gestern Abend wurde der 18 Millionen Euro teure Neubau an der Medius-Klinik Kirchheim offiziell eingeweiht. Demnächst zieht die Nürtinger Psychiatrie dort ein, die Plochinger Psychiatrie ist bereits Ende 2014 ins Kirchheimer Krankenhaus umgezogen. 206 Betten stehen nun dort bereit, zudem hat Kirchheim noch eine gerontopsychiatrische Tagesklinik erhalten.

Von Roland Kurz

Im Juni 2015 wurde mit dem Neubau begonnen. Termingerecht erfolgte nun die Einweihung, der Umzug der Nürtinger Abteilungen findet jedoch erst in einem Monat statt. 170 Mitarbeiter und 132 Patienten werden in den viergeschossigen Neubautrakt wechseln. Die sechs Stationen haben je elf Zimmer und 22 Betten. Im Erdgeschoss sind Arztzimmer und Funktionsräume wie Ergo- und Musiktherapie untergebracht.

Das Fundament sei 2003 mit der Strukturentscheidung des Esslinger Kreistags gelegt worden, ging Landrat Heinz Eininger auf die Historie ein. Nach einem „steinigen, teilweise verschlungenen Weg“ sei man nun am Ziel angelangt. Dieses sei jedoch immer klar gewesen: Die Kreiskrankenhäuser, die seit kurzem Medius-Kliniken heißen, zukunftsfähig und wirtschaftlich in kommunaler Trägerschaft zu führen. Zu den Irrwegen gehörte, dass Gutachter die zwei Psychiatrie-Abteilungen anfangs in Plochingen zusammenlegen wollten. Fachlich war das jedoch nicht zeitgemäß. Die Anbindung der Psychiatrie an ein „normales“ Krankenhaus beuge der Stigmatisierung der Patienten vor, betonte Klinik-Geschäftsführer Thomas Kräh, als er von Talkrunden-Moderator Theo Rombach darauf angesprochen wurde. Chefarzt Christian Jacob ergänzte, umgekehrt verbessere die Psychiatrie die Versorgung der Patienten im somatischen Krankenhaus.

Um die Zukunft braucht sich Chefarzt Jacob wenig Sorgen zu machen. Die Zahl der psychisch kranken Patienten steige stetig. Jacobs Erklärung: „Wir werden nicht verrückter, aber das Leben immer komplizierter.“ Zudem ließen sich Menschen mit Befindlichkeitsstörungen heute eher behandeln. Das sei gut so, denn die Depression - nicht Krebs oder Infarkt - sei die Krankheit, die für die Lebensqualität und auch Lebensalter am meisten Einschränkungen bringe.

Sozial- und Integrationsminister Manne Lucha zeigte sich gestern Abend als Kenner der psychiatrischen Versorgungsstruktur des Landkreises Esslingen. Er hatte einst Krankenpfleger gelernt und dann 30 Jahre in der psychiatrischen Versorgung in Oberschwaben gearbeitet. Den Kreis Esslingen habe er in den 80er-Jahren als „Pionier“ bei der Entwicklung eigenständiger kommunaler Konzepte kennengelernt. Mit der Einweihung der Kirchheimer Psychiatrie finde das Konzept einen erfolgreichen Abschluss. Als Insider habe er auch beim Betreten der Räume an vielen Details gespürt, dass hier „eine gute Aura“ herrsche.

Die gerontopsychiatrische Tagesklinik im Anbau der Klinik nannte Lucha einen wichtiger Schritt hin zu einer zukunfts- und bedarfsorientierten Versorgung, auch im Hinblick auf die demografische Entwicklung.

Landrat Eininger dankte Minister Lucha für die überdurchschnittliche Förderung durch das Land. Es hat sich mit fast 14 Millionen Euro am Neubau beteiligt. Lucha selbst lobte das Land auch: Es sei nicht nur als Förderer im Krankenhausbau aktiv, sondern habe auch als Gesetzgeber dafür gesorgt, dass die gesellschaftliche Teilhabe und die selbstständige Lebensführung von psychisch Kranken gefördert und ihre Rechtsstellung gestärkt worden seien.

Der Kirchheimer Baubürgermeister Günter Riemer sagte zu, die Stadt werde sich um ein neues Parkhaus für das Krankenhaus kümmern, den Standort habe man schon gefunden. Eininger hatte das Parkhaus zuvor deutlichst eingefordert. Schließlich werde die Medius-Klinik durch den Einzug der Nürtinger Psychiatrie zum größten Arbeitgeber Kirchheims mit 900 Beschäftigten. Den Mitarbeitern dankte Eininger für ihr enormes Engagement und ihre Geduld: Während der jahrelangen Modernisierung des Krankenhauses habe es Abteilungen gegeben, die bis zu zwölf Mal umziehen mussten.

Am Sonntag, 19. Februar, kann die Psychiatrie am Tag der offenen Tür besichtigt werden.