Michael Rohde kennt sich aus: Im Chrombad bekommen historische Teile wie dieser rare NSU-Renntank ihren alten Glanz zurück. Quelle: Unbekannt

Von Alexander Maier

„Motorräder sind meine Leidenschaft. Das war schon in jungen Jahren so, und das wird immer so bleiben.“ Sätze wie diese würden viele Zweirad-Enthusiasten unterschreiben, doch man muss lange suchen, bis man einen so passionierten Motorrad-Liebhaber wie Wolfgang Rohde findet. Hunderte von Zweirädern sind schon durch seine Hände gegangen, seit er im zarten Alter von 14 Jahren sein erstes richtiges Motorrad gekauft und zum Laufen gebracht hat: eine 98er Victoria. Und er hat eine stattliche Zweirad-Oldtimer-Sammlung vorzuweisen. Rohdes ganzer Stolz: Er ist wohl der einzige Sammler, der die komplette Modellpalette der Horex Regina besitzt - einer Motorrad-Legende aus den 50er-Jahren. Und als versierter Galvaniseur hat Rohde vielen Hobby-Schraubern schon geholfen, ihren „Schätzchen“ neuen Chrom-, Zink- oder Nickelglanz zu verleihen. Sein Metallveredelungsbetrieb in Großbettlingen gilt als vorzügliche Adresse für Oldtimer-Restauratoren, in diversen Fachbüchern ist der 55-Jährige ebenfalls schon verewigt.

Mit einem Scheunenfund fing alles an

Wolfgang Rohdes Weg zum motorisierten Zweirad war nicht ungewöhnlich: Schon sein Vater hatte ein Faible für Motorräder, das Wolfgang und seine beiden Brüder bereits in jungen Jahren teilten. Mit den Kreidler-Mofas fing alles an, und als der damals 14-Jährige in einem Holzlager besagte 98er Victoria entdeckte und für 150 Mark erwarb, war seine Schrauber- und Sammlerkarriere vorgezeichnet. Fahren durfte er den Flitzer noch nicht, wieder flottmachen durfte er ihn schon. Und das hat Wolfgang Rohde so viel Spaß gemacht, dass er auch nach mehr als 40 Jahren von seiner Leidenschaft nicht lassen kann - und will.

Wann immer der gelernte Werkzeugmacher ein interessantes Fahrzeug entdeckt, wird seine Neugier geweckt. Natürlich muss es ein besonderes Exemplar sein - für Massenware ist er nicht zu haben. Doch von Zeit zu Zeit begegnet ihm eine Rarität, und die Erfahrung sagt ihm: „Dann muss man schnell sein und darf nicht lange fackeln. Andere wissen auch, was gut und selten ist.“ Weil der Großbettlinger Galvaniseur, der sich augenzwinkernd als „Metallbademeister“ bezeichnet, vielen in der Szene ein Begriff ist, bekommt er oft wertvolle Tipps, wenn irgendwo eine Rarität zum Verkauf steht. Dann setzt er sich in seinen Wagen und fährt hin, um das vermeintliche Schnäppchen zu begutachten. „Da ist viel Schrott unterwegs, der heillos überteuert angeboten wird“, hat er unzählige Male festgestellt. Hält die Maschine jedoch, was sie verspricht, dann wird sie kurzerhand gekauft und mitgenommen. Und irgendwann macht sich der neue Besitzer daran, dem guten Stück zu alter Schönheit zu verhelfen.

Als Unternehmer hat Wolfgang Rohde alle Hände voll zu tun. Wenn die Auftragsbücher voll sind, fehlt es an der nötigen Zeit fürs eigene Hobby. Doch zum Glück gibt es Wochenenden: Wenn der Chef nicht auf irgendwelchen Oldtimermärkten oder Veteranenveranstaltungen unterwegs ist, ist samstags Schraubertag in der privaten Zweiradwerkstatt unter dem Großbettlinger Galvanikbetrieb. Zusammen mit seinem Bruder Michael, der auch in der Firma eine feste Größe ist, bastelt der 55-Jährige mit Leidenschaft an seinen aktuellen Projekten. Dass jede Maschine andere technische Herausforderungen birgt, kann ihn nicht schrecken: „Was ein Werkzeugmacher zerlegt, bekommt er auch wieder zusammen.“ Das klingt selbstbewusst, doch Rohde hat bei unzähligen Zweirädern bewiesen, dass das nicht übertrieben ist. Am technischen Know-how fehlt es nie - allein die mangelnde Zeit steht dem restauratorischen Erfolg im Weg: „Ich habe noch mindestens 50 unheimlich interessante Maschinen, die ich restaurieren will. So alt kann ich gar nicht werden, dass ich damit jemals fertig werde.“

Mit den Jahren hat Wolfgang Rohde eine stattliche Sammlung historischer Motorräder zusammengetragen. Von manchen hat er sich nur schweren Herzens wieder getrennt: „Am liebsten würde ich keine einzige Maschine je wieder hergeben, und die aufwendig restaurierten sowieso nicht. Aber irgendwann ist die Bude voll, und dann muss man sich entscheiden, ob man überhaupt nichts Neues mehr möchte oder ob man ein Motorrad hergibt, um damit vielleicht Platz zu machen für ein noch interessanteres. Es geht gar nicht, dass man bei dieser Menge alles behält.“ Dass er sich dann auch mal von einem so außergewöhnlichen Stück wie der mega-raren Geländeversion der NSU Max trennen muss, gehört dazu.

Ein Teil seiner Schätze wird in der Schrauberwerkstatt gehegt und gepflegt, der Rest seines Fuhrparks ist auf Garagen und Hallen verteilt. Eine Zeit lang stand sogar in der Privatwohnung ein besonders rares

Stück nebst diverser historischer Tanks, die in der Schrank- wand attraktiv präsentiert wurden. „Meine Frau Ursula hat viel Verständnis für meine Leidenschaft“, sagt der Oldti-merexperte.

„Trotzdem war sie nicht unglücklich, als die Tanks und das Motorrad aus der Wohnung wieder draußen waren.“

 Und wie behält ein Sammler mit derart opulentem Fundus überhaupt noch den Überblick? „Einmal habe ich ein Motorrad verkauft, und als der Käufer es holen wollte, hab’ ich’s nicht mehr gefunden“, verrät Rohde. „Aber das ist zum Glück die Ausnahme. Und wenn eines der unzähligen Ersatzteile aus Rohdes riesigem Lager gebraucht wird, ist Bruder Michael auch noch da. „Er ist mein Lagermeister“, gibt es ein Extra-Lob vom Chef persönlich.

Neben Oldtimern aus deutscher Produktion gehört Rohdes Liebe den Klassikern der japanischen Marke Kawasaki. Dutzende „Kawas“ hat er früher aus Italien bezogen, bis heute schätzen Freunde dieser Marke seinen Rat. Für die Marken Horex und Kawasaki betreibt Rohde zusätzlich zum Galvanikbetrieb

einen Ersatzteilhandel, seine Kunden kommen oft von weit her, um sich für ein Restaurierungsprojekt einzudecken. Dass Verschleißteile für alte Horex-Maschinen oft nicht mehr zu finden sind, ist kein Problem: „Vieles lassen wir originalgetreu nachbauen.“

Patina ist erlaubt

Zahlreichen Oldtimer-Enthusiasten hat Wolfgang Rohde schon geholfen - sei es mit Ersatzteilen, mit technischen Ratschlägen oder mit seinem handwerklichen Können als Metallveredler. Wer je erlebt hat, wie er rostigen Tanks und abgeratzten Teilen in seinem Galvanikbetrieb neuen Glanz verleiht, kann immer wieder nur staunen. Doch was technisch machbar ist, muss nicht immer sinnvoll sein. Für Rohde liegt der Reiz in der Beschränkung: „Wenn ein Kunde kommt und einen Tank, der im Original lackiert war, partout verchromt haben will, bekommt er ihn. Bei meinen eigenen Maschinen muss es aber nicht immer das Optimale sein. Technisch muss alles perfekt sein, vor allem wenn es um die Sicherheit geht. Aber man darf sehen, dass ein Motorrad schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel hat. Patina, die in Ehren erworben wurde, macht solch eine Maschine noch viel interessanter.“