Von Melissa Seitz

Fast jeder kennt dieses Phänomen: Meist juckt es dort, wo man am schwierigsten hinkommt. Doch wie sich unerträgliches Jucken anfühlt, das können wohl Menschen beschreiben, die sich mit Krätze infiziert haben. In Deutschland ist die Hautkrankheit wieder auf dem Vormarsch, auch im Kreis Esslingen tritt die Milbe auf.

Krätze verbreitet sich durch engen Körperkontakt, vor allem dort, wo Menschen in einem Raum dicht aufeinander sitzen. Napoleon könnte davon wohl ein Lied singen: Als junger General infizierte er sich mit der Krätze. Denn die juckende Hautkrankheit breitete sich damals häufig unter Soldaten aus. „Auch in Kindergärten ist die Krätze nicht selten,“ sagt die Ärztin Angela Corea vom Gesundheitsamt in Esslingen. „Kinder stecken oft ihre Köpfe zusammen. Da verbreiten sich die Milben sehr schnell.“

Auch in Gemeinschaftsunterkünften treiben die Krätzmilben ihr Unwesen. „Als die Sporthalle in Kirchheim noch eine Flüchtlingsunterkunft war, hatten wir einige Fälle von Infizierten,“ erklärt eine Mitarbeiterin der Kirchheimer Adler-Apotheke. Das liegt am engen Körperkontakt, der in einer Massenunterkunft unvermeidbar ist. „Milben wurden nicht etwa durch Flüchtlinge nach Deutschland gebracht“, stellt Angela Corea klar. „Die gibt es hier schon immer, genauso wie Läuse.“

Doch wie macht sich die Hautkrankheit bemerkbar, und wie gehen die Betroffenen damit um? Anfangs verläuft das Krankheitsbild eher unauffällig. Sobald die kleinen Spinnentiere in einem Menschen ihren Wirt gefunden haben, graben sie sich in der Haut Gänge, in die sie anschließend Eier und Kot ablegen. Aus den Eiern schlüpfen nach ein paar Tagen dann die Larven, die sich wiederum zu Milben entwickeln. Hört sich eklig an - und ist es auch.

Vier bis fünf Wochen, nachdem sich die Krätzmilben im Körper eingenistet haben, werden die ersten Bläschen und Schwellungen deutlich. Und wie es der Name der Krankheit schon verrät, fängt es an zu jucken. Eine eindeutige Diagnose zu stellen, ist schwierig, sagt Angela Corea: „Die Krätze kann sich auch nur durch ein leichtes Jucken zwischen den Fingern bemerkbar machen.“ Erste Anlaufstelle ist in diesem Fall der Hausarzt oder Hautarzt. „Ein Laie kann nicht beurteilen, ob es sich bei der Rötung um einen normalen Ausschlag oder wirklich um Krätze handelt“, erklärt eine Mitarbeiterin der Kirchheimer Apotheke.

Ausschlag oder Krätze?

Zur Behandlung der Infektion gibt es zwei Möglichkeiten. Die erste wird in Deutschland am häufigsten gewählt - die Behandlung mit einer Salbe oder Lotion. In der Apotheke Adler weiß man: „Im Winter, als es die Massenunterkunft noch gab, waren die Verkaufszahlen der Präparate viel höher als jetzt.“ Mit der Salbe wird dann der ganze Körper von Kopf bis Fuß eingerieben. Auch Tabletten können Linderung schaffen. „Dieses Präparat wird verschrieben, wenn man der Krätze nicht Herr wird“, erklärt die Ärztin Angela Corea.

Wie genau sich die Infektionszahlen in Deutschland und der Region im Laufe der vergangenen Monate entwickelt haben, das kann niemand genau sagen. Denn Krätze ist nicht meldepflichtig. „Anders sieht die Lage aus, wenn jemand in einem Kindergarten, Heim oder einer ähnlichen Einrichtung arbeitet“, erklärt die Expertin vom Gesundheitsamt. „Hier besteht durch das Infektionsschutzgesetz dann eine Meldepflicht.“

Schützen kann man sich vor den kleinen Spinnentieren nicht wirklich. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung rät deshalb: Auf jeden Fall engen Körperkontakt mit der infizierten Person meiden. Was das konkret bedeutet, erklärt die Gesundheitsexpertin: „Man sollte den Infizierten nicht umarmen, nicht küssen und mit ihm nicht in einem Bett schlafen.“ Sich gegenseitig die Hände zur Begrüßung reichen, stelle dagegen überhaupt kein Problem dar.

Verdorbene Säfte, Schwefel und Quecksilber

Alte Krankheit:Krätze ist mindestens 2000 Jahre alt. Damals wurden die Milben aber für junge Läuse gehalten, und nicht mit dem Jucken in Verbindung gebracht.

Verdorbene „Körpersäfte“ machten die Ärzte über Jahrhunderte verantwortlich für die Krätze. Wenn diese im Ungleichgewicht waren, sorgten sie dem Aberglauben nach für die juckenden Stellen.

Ursache und Linderung: Den wahren Grund für die Krätze entdeckte im 10. Jahrhundert ein arabischer Arzt. Für ihn war klar: Schuld sind Milben. Eine Salbe mit Schwefel und Quecksilber sollte Linderung schaffen und die Milben töten.

Der Aberglaube der üblen Säfte als Krätzeursache wurde trotzdem erst Mitte des 19. Jahrhunderts verworfen. Der Wiener Dermatologe Ferdinand von Hebra untersuchte 5 000 Krätzepatienten und fand heraus, dass die Milben für den Ausschlag, aber auch für den Juckreiz verantwortlich sind.