Als Gräfin Ceprano schaukelt die Mezzosopranistin Sarah Hudarew im Luzerner „Rigoletto“ in der ehemaligen Garnfabrik Viscosistadt. Foto: Höhn Quelle: Unbekannt

Von Elisabeth Maier

Der Duft von Zuckerwatte kitzelt in der Nase. Schräg verkleidete Gaukler mischen sich in der Pilothalle in der Viscosistadt in Luzern unters Publikum. In dem alten Fabrikgebäude schaukelt die Gräfin von Ceprano, die der Herzog von Mantua für sich gewinnen will. Mit dieser Szene beginnt Giuseppe Verdis Oper „Rigoletto“, in der die Mezzosopranistin Sarah Hudarew als Contessa zu erleben ist. Die 34-Jährige, die in Köngen aufgewachsen ist, gehört seit dieser Spielzeit zum Opernensemble des Regisseurs Benedikt von Peter, der seit dieser Spielzeit das Luzerner Theater leitet. „Die Stadt am Vierwaldstätter See ist einfach wunderschön“, findet die Künstlerin.

Bei Ingeburg Dobmeier an der Musikschule Köngen-Wendlingen hat sie die Liebe zum Gesang entdeckt. „Ihr verdanke ich viel“, sagt die mehrfache Preisträgerin des Bundeswettbewerbs „Jugend musiziert“, die immer wieder gerne in Köngen zu Gast ist. Mit Martina Welschenbach, Nina Simone Unden und Sonnhild Beyer steht sie am 17. Januar 2017 bei einem Benefizkonzert für den Sozialfonds Köngen in ihrer alten Heimat auf der Bühne.

Innovatives Raumkonzept

Solche Soloauftritte genießt die Künstlerin als schöne Abwechslung. Doch ihr liegt das Opernfach am meisten. Das innovative Raumkonzept des Regisseurs Marco Štorman im historischen Gemäuer reißt das Publikum mit, die Vorstellungen des Opern-Krimis sind meist ausverkauft. „Ich finde es spannend, einen so engen Kontakt zum Publikum zu haben“, sagt die Künstlerin und lacht. Sie hat die Arbeit mit dem Musiktheater-Regisseur sehr genossen. Wunderbar meißelt der die tragischen Züge der Oper heraus. Zugleich stürzt er das Publikum in ein turbulentes Volksfest. Dass das ansonsten eher ruhige Schweizer Publikum am Ende der Aufführung mit den Füßen trampelt, freut Sarah Hudarew.

In knallgelber Perücke als Gräfin fühlt sich Sarah Hudarew wohl. Die große, schlanke Frau mit den roten Haaren liebt es, in andere Rollen zu schlüpfen. Auf Facebook hat sie für ihre Freunde Bilder gepostet, die die faszinierenden Kostüme ihrer Figur und Szenen in der Maske zeigen. Ihr liegen die temperamentvollen, starken Figuren. Bei den Thüringer Schlossfestspielen war sie in der Titelrolle von Georges Bizets „Carmen“ zu erleben. In solchen großen Rollen hat die leidenschaftliche Sängerin eine ebenso starke Bühnenpräsenz wie in den kleinen Nebenparts. Im Luzerner „Rigoletto“ hat die Gräfin im ersten Bild ihren Auftritt, wenn sie im Foyer über dem Publikum schaukelt und mit dem lüsternen Herzog flirtet. Aber auch wenn sie in den anderen Szenen nur im Ensemble auf der Bühne steht, ist sie voll da. Man spürt, dass die Bühne ihr Metier ist.

Obwohl Sarah Hudarew seit ihren 14. Lebensjahr Gesangsunterricht nahm und da schon in ihrer Schulzeit sehr erfolgreich war, hat sie zunächst Lehramt Deutsch und Geschichte gewählt. 2007 entschied sie sich dann aber doch, bei Professor Marga Schiml an der Hochschule für Musik in Karlsruhe Gesang zu studieren. Am Opernstudio des Staatstheaters Karlsruhe kam sie mit bekannten Regisseuren in Kontakt. Im Opernstudio sammelte sie ihre ersten Erfahrungen. Heute ist Sarah Hudarew froh, das Lehramtsstudium in der Tasche zu haben. Die politisch interessierte Künstlerin hat da „viel über die Welt und das Leben gelernt“.

Angst vor dem Rotstift

Weil sie ein kritisch denkender Mensch ist, lassen sie auch die kulturpolitischen Diskussionen um die Kürzungspläne für die Kultur nicht kalt. „Kunst ist ein so wichtiger Standortfaktor, und das Luzerner Festival hat Weltruf“, sagt die energische Sängerin. Da können die Politiker aus ihrer Sicht nicht zu so drastischen Sparmaßnahmen greifen. Deshalb hofft sie, dass auch das Theater und die vielen freien Kultureinrichtungen in der internationalen Stadt Luzern nicht dem Rotstift zum Opfer fallen.

Obwohl diese Diskussionen die junge Künstlerin ärgern, genießt sie die Aufbruchsstimmung im internationalen Luzerner Opernensemble. „Wir Künstler kommen aus vielen Ländern“, sagt sie. Da lerne man sich kennen und rücke zusammen gegen die Menschen, die alles Fremde ablehnen. Den nächsten Projekten an der Oper Luzern fiebert sie entgegen, etwa Mozarts „Zauberflöte“, die ab 17. Dezember auf dem Spielplan steht. Da steht das gesamte Opernensemble mit Knaben der Luzerner Kantorei auf der Bühne.

Kurzbiografie

Sarah Alexandra Hudarew nahm 2007 ihr Gesangsstudium bei Professor Marga Schiml an der Hochschule für Musik Karlsruhe auf. Ab 2009 studierte sie parallel am Institut für Musiktheater der HfM Karlsruhe im Fach Operngesang. Meisterkurse bei Brigitte Fassbaender, Dietrich Fischer-Dieskau und Julia Varady ergänzten ihre Ausbildung.

Stationen: In der Spielzeit 10/11 wurde sie ins Opernstudio des Badischen Staatstheaters Karlsruhe aufgenommen und war an dieser Bühne von 2011 bis 2013 dort als Solistin engagiert. 2014/15 sang sie am Landestheater Detmold die Partien der Zweiten Dame («Die Zauberflöte»), Emilia («Otello») und die Hauptrolle Dolly Fleuriot der Operette «Meine Schwester und ich» von Ralph Benatzky. Darüber hinaus widmet sich Hudarew ebenfalls dem Lied-, Konzert- und Oratoriumsfach. Sie tritt regelmäßig als Solistin auf.