Jetzt muss alles schnell gehen. So wie beim Aufbau der Unterkünfte. Wie berichtet hat Landrat Heinz Eininger 22 Bauprojekte zur vorläufigen Unterbringung von Flüchtlingen gestoppt. Darüber hinaus will der Landrat die Zahl von aktuell 130 Kreis-Unterkünften reduzieren. Und er drängt die Kommunen, möglichst schnell jene 600 Flüchtlinge in die Anschlussunterbringung zu übernehmen, die der Kreis derzeit „abpuffere“.

Von Roland Kurz

Bis zum 1. März will der Landrat von den Kommunen wissen, wie viele Flüchtlinge sie in ihre Anschlussunterbringung übernehmen. Sie müssten „deutlich schneller“ ihrer Verpflichtung nachkommen. Der Landkreis federe derzeit als „Solidarbeitrag“ 600 Flüchtlinge in seinen Unterkünften ab. Der Kreis mache es anders als das Land und stelle diese Menschen den Gemeinden und Städten nicht einfach in den Hof. Doch müssten alle mitwirken, um „gemeinsam und untergehakt“ weiterzumachen.

Im Januar hätten nur 109 Flüchtlinge aus der vorläufigen Unterbringung in die kommunale Fürsorge gewechselt. Eigentlich hätten 250 aufgrund ihrer Aufenthaltsdauer oder ihres Rechtsstatus’ wechseln müssen. Nun seien vor allem jene Kommunen gefragt, die sich bislang bei der vorläufigen Unterbringung unterdurchschnittlich beteiligt haben. Nur so könne das Gerechtigkeitsproblem gelöst werden, betont Eininger. Er kündigte den Bürgermeistern an, Ende des Jahres einen Ausgleich zwischen vorläufiger und Anschlussunterbringung vorzunehmen.

Der Landrat steht selbst unter Druck: Im März kommt der Landesrechnungshof und prüft, ob der Landkreis wirtschaftlich unterwegs ist. Deswegen will Eininger auf jeden Fall vermeiden, dass bei der vorläufigen Unterbringung Überkapazitäten aufgebaut werden. Seit dem Spätsommer beobachtet die Kreisverwaltung, dass deutlich weniger Flüchtlinge von den Erstaufnahmestellen des Landes kommen. Der Kreis setzte aber zunächst die Planung von Unterkünften fort - auch weil es von oben keine konkreten Anhaltspunkte gab. Im Januar kamen nur noch 57 Flüchtlinge. Nachdem die Kreisverwaltung ihre eigene Prognose korrigiert hatte, wurden am Mittwoch die Bürgermeister über den neuen Kurs informiert. 22 Projekte mit rund 2200 Plätzen werden gestoppt. Die Pläne für diese Projekte stellt der Kreis den Kommunen zur Verfügung, falls sie stattdessen eine eigene Anschlussunterkunft bauen wollen.

Das Angebot müsse man erst beleuchten, sagt Ostfilderns OB Christof Bolay. In Ostfildern hat der Kreis kein Interesse mehr am Projekt Holzwiesen im Scharnhauser Park und am Wohnheim bei der Kemnater Sporthalle. Bolay sieht die Stadt beim Thema Anschlussunterbringung „sehr aktiv“ unterwegs. Man baue dafür drei Häuser. Deshalb fühle er sich vom Dringlichkeitsappell des Landrats „nicht angesprochen“.

Standorte und Personal reduzieren

In Neuhausen streicht der Kreis eine feste Unterkunft für 122 Flüchtlinge in der Albstraße. Umwidmen für die Anschlussunterbringung ist für Bürgermeister Ingo Hacker kein Thema, denn das Grundstück liegt direkt neben jenem, über das Kreis und Gemeinde gerade vor Gericht mit einem Nachbarn streiten. Hacker hofft, dass der Rechtsstreit bald entschieden ist. Dann kann die Gemeinde ein Haus für bis zu 60 Flüchtlinge hinsetzen. Es steht bereits fertig beim Hersteller. Den Festplatz, wo jetzt ein Zelt steht, wird der Landkreis als eine der Reserveflächen halten, falls eine neue Flüchtlingswelle kommen sollte.

In Baltmannsweiler ist der Landkreis aus einem Projekt der Gemeinde ausgestiegen. Diese stellt derzeit in der Zinkstraße 79 eine zweigeschossige Stahlkonstruktion auf, in der maximal 50 Wohnplätze zur Anschlussunterbringung und für Obdachlose entstehen. Einen Teil, für 20 bis 30 Personen, hätte die Gemeinde zunächst an den Kreis zur vorläufigen Unterbringung vermietet. Nun müsse der Gemeinderat überlegen, wie man das Gebäude belege, sagt Bürgermeister Simon Schmid. Fest steht, dass die Notunterkunft in den Zelten bis zum 30. Juni aufgelöst wird.

Der Kreis ist zudem bestrebt, die Zahl von 130 Gemeinschaftsunterkünften zu verringern. Der Personalaufwand aufgrund der vielen Standorte sei „nicht zu halten“, sagte Landrat Eininger. Die geringere Zuweisung von Flüchtlingen bedeute auch geringere Erstattungen für Personal- und Sachaufwendungen. Eininger schätzt, dass die Zahl in der vorläufigen Unterbringung bis Ende 2020 auf 1400 Plätze sinkt. In der Verwaltung und zur Betreuung in den Unterkünften hat der Kreis etwa 150 Kräfte befristet eingestellt.