Von Roland Kurz

Drei Kinder springen mit ihren Steckenpferden zwischen den bunten „Bienenkästen“ von Bettina Bürkle herum. Ihr Mann Klaus Illi springt mit seiner Kamera hinterher und freut sich über das tolle Motiv: „Die haben sich sogar passend angezogen!“ Die erste Begegnung zwischen Kunst und Besuchern im Freilichtmuseum hat also geklappt, bevor Bürkles „Colour boxes“ überhaupt richtig aufgebaut sind. Noch viele Begegnungen erhoffen sich die sieben Künstler, die unter dem Motto „Lebens-Bühnen“ bis 5. November vor der historischen Kulisse ihre Werke zeigen und eine Reihe von Workshops anbieten.

Innovative Kunst erwartet Landrat Heinz Eininger vom ersten Kulturfestival im Freilichtmuseum. Die sieben von einer Jury ausgewählten Künstler sollen sich mit regionaler Identität befassen, mit Strukturwandel oder mit dem Umgang mit Natur und Umwelt. „Kaum ein Ort eignet sich besser als dieses Museum, um das Spannungsfeld zwischen Innovation und Tradition zu beleuchten“, findet Eininger.

So ein kleines Spannungsfeld findet man seit Anfang April in der Waschküche des alten Häslacher Rathauses. Eine hellgrüne Sprachbox hat Tobias Ruppert aus Ostfildern dort platziert. In der Kabine sollen sich die Besucher auf einen modernen Schemel setzen, einen Knopf drücken und dann drei Minuten lang in ein Mikro hinein von persönlichen Alltagserlebnissen berichten. Der zehnjährige Jonas kommt gerade aus der Box. Er habe vom Urlaub an der Nordsee erzählt, wie er dort gebadet habe. Wer sich für seine anonyme Erzählung interessieren könnte, hat der Junge nicht überlegt. Die Generation Facebook? Tobias Ruppert wird sich vermutlich freuen, wenn er demnächst wieder das Band abhört und verwertbare Aussagen findet. Die tippt er ab und lagert sie auf dem Dachboden des ehemaligen Rathauses neben dem alten Ortsarchiv, als sein „Archiv der Geschichten“. Am Ende der Saison will Ruppert zusammen mit der Schriftstellerin Sudabeh Mohafez eine Textcollage erstellen und diese als szenische Lesung präsentieren. Vielleicht findet sich darin auch der Spruch „Ach ja, ich wollte noch sagen, dass die Welt sehr schön ist und Gott immer bei mir bleibt.“ Der liegt schon im Regal.

„Fleißige Bienen“ heißt der Workshop, den Bettina Bürkle am Samstag, 29. April, für Kinder anbietet. Am Donnerstag war die Künstlerin aus Kemnat selbst sehr fleißig. Mit ihrem Mann bohrt und schraubt sie, um ihre zehn „Colour Boxes“ auf einem Gestell zu befestigen. Im Gras verstreut hätten sie auch ihren Reiz, finden die Künstler, aber es soll ja kein Gras über die Kunst wachsen. Und als Turngerät wären sie dort für Kinder viel zu verlockend. „Im Freilichtmuseum haben die Besucher weniger Distanz zu den Objekten als in einem Stadtmuseum“, stellt Brigitte Haug immer wieder fest. Sie betreut das Kunstprojekt.

Ihre Kunst in eine Landschaft zu setzen, hat Bettina Bürkle gereizt, sich am Wettbewerb zu beteiligen. Zum ersten Mal muss sie dafür zu Aluminium greifen, denn die Kisten sollen bis November halten. Ein Schlosser hat die Platten hergestellt und lackiert. Ihre farbliche Wirkung und die Größenverhältnisse hat Bürkle vorher mit Papiermodellen ausprobiert. Ihrem Beitrag gab sie einen Doppeltitel: „Colour Boxes/Bienenkästen“. Denn die Alu-Boxen sollen trotz ihrer Lackierung beim Besucher die Assoziation zu Bienenkästen wecken und darauf aufmerksam, dass wir die Bienen brauchen. In der natürlichen Umgebung werde das schon klappen, meint Bürkle. Sie findet Bienen beeindruckend und findet beängstigend, dass deren Lebensraum immer eingeschränkter wird. In China seien bereits Menschen unterwegs, um Pflanzen zu bestäuben. So weit soll es bei uns nicht kommen. Das will sie bei einem Spaziergang übers Museumsgelände auch Kindern vermitteln. Hinterher sollen die Kinder die Insekten zeichnen, die ihnen begegnet sind, oder Phantasie-Bienen.

Am 1. Mai eröffnet Klaus Illi seine Tüftlerwerkstatt im Museum. Illi ist ein Kunst-Techniker. Er baut kinetische Apparate zusammen, die sich mit dem Thema Zeit auseinandersetzen. Der Sisyphos-Mythos, also das vergebliche Mühen und der ständige Neubeginn beschäftigen ihn. Unter dem Motto „Die Kugel rollt“ will er im Museum mit Kindern Murmelbahnen bauen. Seine Werkstatt, die bis Ende der Saison geöffnet sein wird, werde sich in dieser Zeit durch etliche Aufenthalte ständig verändern, kündigt er an. Dabei lässt er sich von den Besuchern über die Schulter schauen.

Der Workshop „Fleißige Bienen“ für Kinder von 9 bis 12 Jahren findet am Samstag, 29. Januar, von 14 bis 17 Uhr statt. Anmeldung bitte unter: Bettina_Buerkle@t-online.de.

programm LEBENS-BÜHNEN

Sieben Künstler beteiligen sich am Projekt „Lebens-Bühnen“. Bereits zu sehen sind das „Archiv der Gegenwart“ von Tobias Ruppert aus Ostfildern und die „Coloured Boxes“ von Bettina Bürkle.

Am Montag, 1. Mai, öffnet Klaus Illi aus Ostfildern um 14.26 Uhr seine Tüftlerwerkstatt.

Am Samstag, 6. Mai, stellen Daniela Wolf und Jule Koch aus Stuttgart von 13 bis15 Uhr ihr Fotoprojekt „Der Weberhannes und die Zauberfee“ vor.

Am Dienstag, 9. Mai, um 13 Uhr präsentiert Uli Gsell, Ostfildern, sein Werk „Zeitfenster“

Samstag, 13. Mai, 14 Uhr: „Zehn Leerstellen, zehnteilige Außeninstallation“ von Stefanie Seiz-Kupferer aus Uhingen. Samstag, 10. Juni, 11 bis 17 Uhr, Workshop mit Stefanie Seiz-Kupferer, Anmeldung unter: seiz-kupferer@t-online.de

Sonntag, 9. Juli und Sonntag 30. Juli, 11 bis 17 Uhr: Tüftlerwerkstatt: „Zukunft braucht Herkunft“ mit Klaus Illi. Sonntag, 23. Juli, 14 -18 Uhr Workshop „Die Kugel rollt“, Anmeldung bei klaus_illi@t-online.de

Sonntag, 30. Juli, 14 Uhr: „More than Honey! Bienen und Landschaft“, Vortrag und Gespräch mit Bettina Bürkle und Imker Florian Schmipf.

Donnerstag, 24. August, 13 bis 17 Uhr: „Gefunden im Freilichtmuseum Beuren“, Kinderprojekt mit Bettina Leib, Stuttgart. Anmeldung bei Bettina.leib@gmx.net

Samstag und Sonntag, 9./10. September, 13-17 Uhr: „Der Weberhannes und die Zauberfee - Fotoprojekt Wolf/Koch

Samstag, 4. November, 13-17 Uhr „Gefunden im Freilichtmuseum“ mit Bettina Leib.

Sonntag, 5. November, 14 Uhr Finissage „Lebens-Bühnen“ mit dem „Archiv der Gegenwart. Stellungnahmen zum Leben heute“ von Tobias Ruppert und Schriftstellerin Sudabeh Mohafez.