Das Gymnasium ist sanierungsbedürftig und braucht mehr Platz, zum Beispiel für eine Mensa oder Klassen- und Verwaltungsräume.Archiv Foto: Rudel Quelle: Unbekannt

Für die Sanierung des Plochinger Gymnasiums will die Stadt die Kommunen zur Kasse bitten, aus denen das Gros der Schüler kommt: Altbach, Deizisau, Hochdorf, Lichtenwald, Reichenbach und Wernau. Die Rathausspitze wappnet sich für die Verhandlungen und darauf, zur Not den Druck auf die Nachbarn zu erhöhen. Bis die Finanzierungsfrage gelöst ist, könnten Jahre ins Land ziehen, wie andere Beispiele zeigen.

Von Greta Gramberg

Wird Plochingen nach Ende der langen Stadtbad-Diskussion Austragungsort des nächsten zermürbenden Schulstreits? Im kommenden Jahr beginnt die Planung für die Sanierung des Gymnasiums, die einen zweistelligen Millionenbetrag kosten wird. Seit langem ist klar, dass die Stadt auch ihre Nachbarn in der Pflicht sieht, dieses Mammutprojekt finanziell zu unterstützen. Immer wieder verwies Bürgermeister Frank Buß in diesem Zusammenhang auch auf ein Urteil im Fall des Geislinger Michelberg-Gymnasiums, das Mut mache: Das Verwaltungsgericht Stuttgart hatte die Umlandgemeinden eindeutig in der Pflicht gesehen, sich an den Sanierungskosten zu beteiligen.

Ende des ersten oder Anfang des zweiten Quartals 2017 will Buß seine Bürgermeister-Kollegen zum Gespräch einladen, um ihnen die Variante des Masterplans Unteres Schulzentrum, für die sich der Gemeinderat Ende des Jahres entschieden hatte, vorzustellen. „Ich gehe nach wie vor davon aus, dass es eine Basis gibt für eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung, aber wir haben noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten“, sagte Buß zwischen den Jahren.

Nachbarn halten sich zurück

Mit dem Geislinger Beispiel im Rücken hat er gute juristische Argumente. Denn das Verwaltungsgericht sah in seinem Urteil vom November 2015 Nachbarkommunen dann in der Pflicht, sich an Sanierungskosten zu beteiligen, wenn der Anteil auswärtiger Schüler in einer Einrichtung seit mindestens fünf Jahren mindestens 50 Prozent beträgt. Diese Voraussetzung ist in Plochingen erfüllt: 70 Prozent der 1336 Gymnasiasten kommen aus den Nachbarkommunen. Die Schule ist eines der größten Gymnasien des Landes.

Doch schon im April dieses Jahres hatten die betroffenen Bürgermeister gegenüber der Eßlinger Zeitung signalisiert, dass sie nicht daran denken, Geld zu überweisen. Sie zeigten zwar Verständnis für den Kostendruck der klammen Stadt Plochingen, verwiesen aber auf die eigene angespannte Finanzlage und sahen stattdessen das Land in der Pflicht, das Großprojekt mitzufinanzieren. Im Rathaus der Hundertwasserstadt macht man sich darum schon darauf gefasst, dass eine Lösung des Konflikts womöglich eines größeren Drucks von oben Bedarf. In einer Gemeinderatssitzung Mitte Dezember machte Frank Buß klar, dass ein freiwilliger Schulverband theoretisch möglich sei, die Realität aber anders aussehe. „Für einen Zwangsschulverband gibt es ein klar definiertes Prozedere. Genau dieses streben wir in der nächsten Runde an.“

Vier Stufen kann die Stadt nacheinander hochklettern, um das Ziel zu erreichen, die finanzielle Bürde nicht alleine tragen zu müssen. Zunächst muss sie versuchen, die Nachbarn dazu zu bewegen, freiwillig ihren Beitrag zu leisten. Wenn das nichts bringt, kann Plochingen auf der zweiten Stufe beim Kultusministerium einen Antrag auf dringendes öffentliches Bedürfnis stellen. Wird dieser positiv beantwortet - die Voraussetzungen dafür wurden bereits erwähnt - gehen Bescheide an die Nachbarkommunen heraus, die sie anweisen, mit Plochingen über eine Mitfinanzierung der Sanierung zu verhandeln und eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung über die Höhe und Verteilung des Beitrages zu treffen. Der Druck wird also größer.

„Wir müssen hart verhandeln, aber den Weg müssen wir gehen“, sagte Frank Buß in der Sitzung Mitte Dezember zu den Stadträten. Wenn auch das nicht fruchtet, gibt es noch zwei weitere Schritte, die der Plochinger Rathauschef allerdings lieber nicht gehen will: Dann nimmt die Kommunalaufsichtsbehörde das Ruder in die Hand, um einen Zwangsverband der betroffenen Gemeinden zu schaffen, der dann statt der Stadt Schulträger wird. Wenn festgestellt wird, dass die Kommunen nicht einmal gemeinsam fähig sind, das Gymnasium finanziell zu halten, könnte als letzte Lösung sogar der Landkreis als Schulträger einspringen. Von dieser Variante, die in der Haushaltsdebatte von der Plochinger OGL-Fraktion angesprochen wurde, nahm der Bürgermeister vehement Abstand: Für ihn gehört die Schulträgerschaft zum Kernbereich des kommunalen Selbstverwaltungsrechts.

Die Beispiele anderer problematischer Streits um finanzielle Hilfen für Schulen zeigen, dass dem Plochinger Rathaus und Gemeinderat - egal bis zu welcher Stufe sie gehen werden - eine lange, zermürbende Verhandlungsserie bevorsteht. In Geislingen ist vor wenigen Monaten endlich das fertig sanierte Michelberg-Gymnasium eingeweiht worden, die Kosten für das Projekt lagen bei rund 19 Millionen Euro. Doch trotz des Urteils des Verwaltungsgerichts hat die Stadt noch keinen Cent von den Umlandkommunen gesehen.

Rathaus bereitet sich vor

Denn aufgrund mehrerer Formfehler von Stadt und Kultusministerium haben die Richter die Bescheide kassiert und Geislingen muss das Prozedere mit dem Antrag auf dringendes öffentliches Bedürfnis nochmals durchlaufen. Letzteren hat übrigens auch eine andere Kommune im Kreis Esslingen schon gestellt: Neckartenzlingen will von seinen Nachbarn Geld für die vermutlich 26 Millionen Euro teure Sanierung des Schulzentrums. Doch seit drei Jahren liegt der Antrag unbeantwortet beim Kultusministerium.

Das Plochinger Rathaus muss also seine Hausaufgaben machen, bevor es in die Verhandlungen einsteigt. Aktuell gibt es noch keine genauen Kostenschätzungen für die Sanierung des Gymnasiums, weil die Bauplanung noch nicht steht. „Wenn wir alles bis zu den Sommerferien 2018 haben, erst dann wird es konkret“, sagt Frank Buß. Im Haushaltsentwurf 2017 sind 450 000 Euro für die Planung des Bauprojektes und den anstehenden Architekten-Wettbewerb für die Neugestaltung des gesamten Unteren Schulzentrums veranschlagt. Bereits im ersten Viertel des neuen Jahres will die Stadtverwaltung die ersten Planungsschritte bewältigen und sich auf die Gespräche mit den anderen Kommunen vorbereiten. An den städtebaulichen Wettbewerb geht es frühestens im zweiten Halbjahr 2017.

Mit dem Gymnasium übernimmt Plochingen Aufgaben seiner Nachbarkommunen, aus denen die große Mehrzahl der Schüler kommt. Sie haben die Gebäude mit abgenutzt. Da ist es nur recht und billig, dass die Gemeinden die Sanierung finanziell mittragen. Auf mehr Beteiligung des Landes zu pochen und sich selbst aus der Verantwortung zu ziehen, wird nicht funktionieren. Das Land wird einen großen Teil der Baukosten beisteuern. Plochingen dann alleine auf dem Rest sitzen zu lassen, wäre unfair.

Es gibt positive Beispiele der interkommunalen Mitfinanzierung. So tragen Denkendorf, Neuhausen und Ostfildern ohne Streit die Kosten für die Nellinger Gymnasien. Den Schulverband sehen alle Beteiligten als Gewinn an, weil alle in die Planungen eingebunden sind. Das könnte auch im Plochinger Fall ein Ansatz sein, um die Nachbarn ins Boot zu holen: Wenn sie mitbezahlen sollen, dürfen sie auch mitbestimmen.

In jedem Fall ist umfassende Information über alle Aspekte des Projektes nötig - und vorgeschrieben. Die Stadt kann sich dabei keine Fehler erlauben, wie es etwa in Geislingen der Fall war. Würde der Streit vor dem Kadi landen, täte das der Atmosphäre zwischen den Kommunen nicht gut, die in diversen Zweckverbänden aneinander gebunden sind.