Die vier dunklen Holzklötze stellen die Neubauten dar. Die beiden Häuser oben könnten ab 2019 gebaut werden. Foto: Assmann Quelle: Unbekannt

Das Ortsbild zwischen der evangelischen Kirche und dem alten Deizisauer Rathaus wird sich wandeln. Ab 2019 wird dort begonnen, nach dem Modell des Büros Citiplan zehn ältere Gebäude durch vier größere Wohnhäuser zu ersetzen. In einem Wettbewerb hatten im Sommer 2016 zwei Planungsbüros einen ersten Preis erhalten. Der Gemeinderat hat sich nun klar für Citiplan entschieden, weil das Konzept problemlos in zwei Abschnitten verwirklicht werden kann.

Von Roland Kurz

Ein Stück Alt-Deizisau geht unwiderruflich verloren. Am schnellsten werden wohl die drei aneinander gereihten Häuslein gegenüber der Kirche verschwinden. Unmöglich, daraus zeitgemäßen Wohnraum zu machen, findet die Gemeindeverwaltung. Der Gemeinde gehören alle Häuser in diesem Gebiet zwischen Kirche, Alter Schule und Altem Rathaus. Im Prinzip kann sie also frei walten. Es gelte jedoch, das Gebiet mit „großer Sensibilität“ zu überplanen, betonte Bürgermeister Thomas Matrohs.

Von den Städteplanern habe man erwartet, dass sie sich der historischen Verantwortung stellen, die topografische Herausforderung am Hang bewältigen und auf die Sicht- und Wegebeziehungen achten. Mehrgenerationen-Wohnen und Erhalt der Stellplätze waren weitere Anforderungen an die 17 Teilnehmer des Wettbewerbs. Das Büro Citiplan aus Pfullingen habe die Optimierungs-Impulse von Jury und Gemeinderat engagiert genutzt, lobte Matrohs. Deshalb sei die Entscheidung eindeutig ausgefallen.

Wie schafft man innerorts attraktiven Wohnraum? Das war die Leitfrage für den Sieger, Stadtplaner Albrecht Reuß, der sich die Unterstützung des renommierten Architekturbüros Riehle aus Reutlingen sowie der Landschaftsarchitekten Freiraumplanung aus Grafenberg geholt hatte. Zur Wohnqualität gehören für Reuß trotz der Ortslage Rückzugsmöglichkeiten, etwa Balkone oder ruhige Hinterfronten. Die Bauweise soll nicht zu eng sein und noch eine gewisse Besonnung ermöglichen. Neben Barrierefreiheit sei für ältere Interessenten eine gute Nachbarschaft wichtig. In einem Gebäude kann sich Reuß deshalb einen Quartierstreff im Erdgeschoss vorstellen. Der müsste privat oder durch die Gemeinde finanziert werden. Funktioniert das, dann entstünde von der Kirche bis zum neuen Pflegeheim eine „Achse des Gemeinwesens“.

Soziale Kontakte werden auch durch öffentliche Plätze erleichtert. Eine großzügige Freitreppe, die das schmale Kirchgässle ersetzt, könnte dazu dienen. Ebenso eine breite Treppe mit Sitzstufen unterhalb der Kirche. Die unschöne Betonrampe soll verschwinden. Solche Anlagen wären jedoch von der Gemeinde zu finanzieren. Matrohs findet gut, dass das Konzept grüne Freiräume lässt, obwohl allgemein Verdichtung gefordert werde. Mit den massiveren Baukörpern, zwei Geschosse und ein steiles Satteldach, ermöglicht es aber 22 Wohneinheiten. Darin dürften mehr Menschen Platz finden als in den verwinkelten Altbauten, die zum Teil bereits leer stehen. An einer Stelle haben die Planer schon korrigiert: Das Haus an der Kirchstraße wird drei Meter niedriger, um den Nachbarn nicht zu viel Licht zu nehmen.

Aufzüge machen die Häuser barrierefrei. Die prägende Freitreppe im Kirchgässle scheint dem Konzept zu widersprechen. Das Gässle sei auch jetzt nicht für den Rollator geeignet, meint Reuß. Er kann sich aber vorstellen, dass das neue Haus neben der Treppe über einen Laubengang mit Aufzug erschlossen wird. Eventuell könne der Aufzug öffentlich zugänglich bleiben. Das Büro Citiplan wird nun beauftragt, den Bebauungsplan vorzubereiten. Neun bis zwölf Monate werden dafür veranschlagt. Matrohs will möglichst im Jahr 2019 seinen Bürgern zeigen: Jetzt geht es los. Das gilt für den ersten Bauabschnitt mit einem Haus an der Kirchstraße und einem im Kirchgässle.

Im nördlichen Bereich bestehen noch mehr Mietverhältnisse. Zudem steht dort ein kommunales Gebäude, das erst 35 Jahre alt ist. Matrohs: „Das kann man nicht einfach abreißen.“ Das renovierte Fachwerkgebäude an der Schulstraße bleibt. Es wird mehr Luft erhalten, weil der Anbau, im dem derzeit Flüchtlinge untergebracht sind, abgerissen werden soll. Bei der Suche nach Investoren können sich Matrohs und Reuß neben dem üblichen Bauträger-Modell auch vorstellen, dass sich private Bauherren zusammenschließen und gemeinsam planen. Es funktioniere, aber man müsse dafür werben, meint Reuß.