Vereinschef Noack möchte 2018 mit 77 Jahren aufhören. Foto: oh Quelle: Unbekannt

Von Harald Flößer

Ein paar vergilbte Fotos sind aus der Anfangszeit erhalten geblieben. Aber die 1899 geweihte Fahne ist weg, in den 30er-Jahren haben die Nationalsozialisten das Erinnerungsstück verbrannt. Eines von vielen Kapiteln in der bewegten Geschichte des Turnerbundes (TB) Ruit. Am 6. Mai feiert der mit 1700 Mitgliedern stärkste Verein des drittgrößten Stadtteils von Ostfildern sein 125-jähriges Bestehen. Doch mehr als die Vergangenheit interessiert im Augenblick die Zukunft. Der TB Ruit sucht einen neuen Vorsitzenden, denn Dieter Noack möchte die Geschäfte 2018 mit 77 Jahren endgültig abgeben. Außerdem benötigt der Verein dringend eine weitere Halle, um den Sportbetrieb in gewohnter Weise aufrecht erhalten zu können.

Aus den Annalen geht hervor, dass der Turnverein im April 1892 im Gasthaus Rössle gegründet wurde. Schnell entwickelte sich aus einer kleinen Gruppe Sportinteressierter ein rühriger Verein, der an vielen Gau- und Kreisturnfesten teilnahm. Bereits im Jahr 1900 verfügte man über eine eigene Turnhalle. Vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges zählte der Turnerbund bereits 150 Mitglieder. Die wichtigsten Disziplinen waren Turnen an Barren und Reck. Später kamen Stemmen, Weitsprung, Hochsprung und Steinstoßen dazu. Schleuderball spielte man damals noch auf der Straße. Nach dem Krieg machte man sich schnell an den Wiederaufbau. Das 1912 gegründete Waldheim, das über einen Rasenspielplatz verfügte, wurde nach und nach erweitert. Neben Faustball wurde vor allem Handball gespielt. 1925 kam es zur Gründung einer Handballabteilung. Mit außergewöhnlichen Leistungen taten sich vor allem die Turner und die Leichtathleten hervor, die auch bei internationalen Sportfesten Erfolge feierten. Ihr Markenzeichen waren rote Sporthosen.

Zwangsauflösung im Jahr 1934

Mit dem Bau der Waldheimhalle erfüllte sich 1929 ein lange gehegter Wunsch. Nach vielen sportlichen Höhepunkten durchlief der Verein in den folgenden Jahren aufgrund politischer und gesellschaftlicher Veränderungen viele Tiefen. 1934 musste man sogar die Auflösung des Vereins durch das NS-Regime hinnehmen.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges begann unter der Leitung von Wilhelm Weißinger der Neuaufbau des Turnerbundes Ruit. In erster Linie waren es Handballspieler, die gemeinsam mit dem Sängerbund den Sportbetrieb wieder aufnahmen. Das Waldheim mit seiner erweiterten Halle wurde zum Zentrum des neuen Turnerbundes. Unter der Leitung des langjährigen Vorsitzenden Werner Flokerzi wurde der Verein in den 50er- und 60er-Jahren mit mehreren Abteilungen kontinuierlich vergrößert. Schon damals entwickelte sich eine intensive Zusammenarbeit mit der Sportschule Ruit.

1966 wurde eine Fußballabteilung gegründet. Der Waldheimplatz reichte längst nicht mehr aus für alle Ballsportler. Deswegen errichtete man 1975 in den Talwiesen ein modernes Sportgelände, wo man auch für Sportfeste und Turniere hervorragende Bedingungen schuf. Für den TB Ruit begann damit eine neue Ära. 1985 erlebte Ruit mit der Einweihung der Großsporthalle einen weiteren Aufschwung. Das war auch der Beginn des Trampolin-Abteilung, die mit überragenden Leistungen auf baden-württembergischer und deutscher Ebene zu einem Aushängeschild des Vereins wurde.

Mit elf Abteilungen und vielen qualifizierten Übungsleitern hat der TB Ruit heute ein breites Angebot für alle Altersgruppen. Eine wichtige Rolle spielt der Fitness- und Gesundheitssport, für den schon vor Jahren die AOK als Kooperationspartner gewonnen wurde. Eine Vereinsmitgliedschaft ist für die Teilnahme an den Kursen nicht notwendig. Im Wettkampfsport zeichnen sich vor allem die Trampolinturner, die Handball-Jugend und die Fußballerinnen aus. Stolz ist Vorsitzender Noack auch auf die vor drei Jahren gegründete Basketball-Abteilung.

Hauptaugenmerk des TB sind die 950 Jugendlichen, die nach der Grundlagenausbildung in der Kindersportschule Ostfildern (Kiss) unter die Fittiche der Übungsleiter genommen werden. Hoch im Kurs stehen nach Auskunft des Vereinsvorsitzenden derzeit das Schwimmen und das Kinderturnen.

Neue Heimat für die Schwimmer

Die Schließung des Ruiter Hallenbades hatte den Verein vor große Probleme gestellt. Doch konnten die Schwimmer in der Sportschule und im Nellinger Hallenbad eine neue Heimat finden. Froh ist Noack auch darüber, dass die Trampolinturner in der Sportschule hervorragende Trainingsbedingungen vorfinden.

Doch steht für etliche andere Sportler des TB Ruit nicht genügend Hallenfläche zur Verfügung. „Wir brauchen eine weitere Sporthalle. Da muss dringend etwas passieren“, sagt Dieter Noack. Durch den Bau der neuen Grundschule und die Aufgabe der Schillerschule in der Hedelfinger Straße seien zwei Hallen weggefallen. Dafür müsse Ersatz geschaffen werden.

Festprogramm zu Vereinsjubiläum

Ein Festakt zum 125-jährigen Bestehen ist am 6. Mai um 18 Uhr in der Waldheimhalle. Am 7. Mai findet dort ab 10 Uhr ein Familientag statt. Beginn ist mit einem Weißwurstfrühstück, am Nachmittag gibt esKaffee und Kuchen. Getränke werden zu Jubiläumspreisen ausgeschenkt.

Musik und Sport:Am 15. Juli werden ab 18 Uhr zwei Bands auf dem Sportgelände Talwiesen auftreten. Eintrittskarten sind erhältlich in der Geschäftsstelle und bei der Fußballabteilung. Am 16. Juli findet um 10.30 Uhr auf dem Sportgelände ein ökumenischer Gottesdienst statt, anschließend ist Frühschoppen-Konzert mit dem Ruiter Musikverein. Ab 13 Uhr gibt es auf allen Spielfeldern sportliche Aktivitäten. Ab 15 Uhr tritt eine Musikkapelle auf.

Seniorentreffen: Den Abschluss des Jubiläumsjahrs bildet am 2. November das Gauseniorentreffen des Turngaus Neckar/Teck in der Waldheimhalle.