An Melkengestellen können sich Schüler im Melken üben. Dabei stellen sie fest, wie mühsam das ist. Foto: oh Quelle: Unbekannt

(red) - Vor 50 Jahren starteten die Malteser im Auftrag der Bundesregierung ihren ersten großen Auslandseinsatz. Zwischen 1966 und 1975 schickten sie 303 Freiwillige nach Vietnam, um während des Vietnamkriegs humanitäre Hilfe zu leisten. Einer von ihnen war Thomas Reuther aus Plochingen. Der heute 71-Jährige arbeitete von 1971 bis 1973 für die Malteser als Einsatzleiter in der südvietnamesischen Hafenstadt Da Nang.

In der Malteser-Kommende Ehreshoven bei Köln traf sich Thomas Reuther mit etwa 90 weiteren ehemaligen Helfern aus Deutschland und Vietnam, um sich gemeinsam an den Beginn des Vietnam-Einsatzes zu erinnern. „Mit dem Hubschrauber wurden immer die Verletzten in unsere Krankenhäuser gebracht. Darum verbinde ich bis heute dieses Geräusch der fliegenden Hubschrauber mit Vietnam“, erzählt der 71-Jährige.

28 Jahre alt war der Verwaltungswirt, als er sich bei den Maltesern bewarb, um in Vietnam zu arbeiten. „Wenn die Patienten ankamen, erhielten sie als erstes ein Pflaster mit einer Nummer auf die Stirn. Den Kranken mit den Nummern eins bis sieben musste sofort geholfen werden, die Nächsten hatten noch etwas Zeit. Bei der dritten Gruppe kam schon jede Hilfe zu spät. Die starben“, erinnert sich der Plochinger. „Die Ärzte hatten in diesem Krieg eine unglaublich hohe moralische Verantwortung und ich habe bis heute sehr großen Respekt davor.“ Drei Krankenhäuser betrieben die Malteser in Vietnam.

Als Einsatzleiter musste Reuther den Ärzten, Schwestern und Pflegern den Rücken freihalten. „Ich war für alles Organisatorische verantwortlich. Als die Ärzte zum Beispiel einmal keine Blutkonserven mehr hatten, musste ich neues Blut besorgen. Kurzerhand fuhr ich zu den Amerikanern ins Camp und schilderte ihnen unsere Lage. Gleich darauf kamen 20 amerikanische Soldaten in unser Krankenhaus und spendeten für unsere Patienten, die sie morgens möglicherweise noch verwundet hatten. Das ist die Absurdität des Krieges“, erzählt Reuther. „In den Krankenhäusern wurden alle Patienten gleich behandelt. Die Uniformen mussten draußen bleiben, das war eine eiserne Regel. Die Mitarbeiter verhielten sich absolut neutral den Kriegsparteien gegenüber.“ Diese Neutralität ist bis heute oberstes Prinzip für die Malteser.

Von 1966 bis 1975 baute die Hilfsorganisation auch verschiedene Lehrwerkstätten für Schlosser, Schreiner und Kfz-Mechaniker in der Region von Da Nang auf. Da bereits von Anfang an geplant war, die medizinische Versorgung in die Hände der Vietnamesen zu legen, bildeten die Malteser auch Krankenhauspersonal aus und schulten es in Hygiene und Krankheitsvorsorge. Im Laufe der Jahre kamen noch eine Schule, eine Blindenschule, Flüchtlingsunterkünfte, mobile Ambulanzstationen, eine Leprastation, ein Altersheim und ein Waisenhaus hinzu.

Thomas Reuther kehrte 1973 nach Deutschland zurück. Zweimal flog er für die Malteser erneut nach Vietnam. 1975 aber spitzte sich die Lage so zu, dass der damalige Generalsekretär des Hilfsdienstes, Georg von Truszczynski, alle Mitarbeiter im März ausfliegen ließ. Erst 1989 kehrten die Malteser nach Vietnam zurück. Heute engagieren sie sich dort vor allem in der Katastrophenvorsorge.