Der BDS-Vorsitzende Michael Kantel warnt in seiner Rede davor, in Euphorie zu verfallen. Foto: Dietrich Quelle: Unbekannt

Von Peter Dietrich

„Fasse dich kurz“ stand früher an vielen Telefonzellen. Beim Neujahrsempfang der Gemeinde Köngen und des Bundes der Selbstständigen Köngen (BDS) versprachen beide Redner, das zu tun. BDS-Vorstand Michael Kantel blieb deutlich unter zehn, Bürgermeister Otto Ruppaner unter 15 Minuten. Kantel begann mit dem Thema Flüchtlinge. „Ein Großteil der Unternehmen ist bereit, sie zu beschäftigen.“ Im November 2016 hätten der BDS Köngen und der BDS Kirchheim deshalb nach Köngen eingeladen. Referenten von IHK, Handwerkskammer und Bundesagentur für Arbeit boten sich 60 interessierten Unternehmen als helfende Hand an. „Die ersten konkreten Ergebnisse aus dieser Initiative sind bereits sichtbar. Wie ich finde, ein schöner Erfolg.“

Kantel sprach auch „zur Lage der Nation“: Die deutsche Konjunktur halte sich seit drei Jahren beeindruckend stabil. Die Kapazitäten seien gut ausgelastet, die Beschäftigung sei auf Rekordhöhe, die aktuellen Konjunkturindikatoren seien gut. Dennoch gebe es Gründe, für 2017 nicht in Euphorie zu verfallen, vor allem der politischen Entwicklung wegen, etwa bei den Wahlen in den Niederlanden und Frankreich sowie beim Brexit. Die Lage in Italien, Portugal und Griechenland berge erhebliche Risiken. Bei Trump sei noch unsicher, welche seiner zum Teil widersprüchlichen Aussagen aus dem Wahlkampf er umsetzt. „Ein wirtschaftliches Programm ist bislang allenfalls schemenhaft zu erkennen.“

Ein Patentrezept für die Politik konnte Kantel nicht bieten, aber ein persönliches Rezept für 2017: Man putze zwölf Monate ganz sauber von Bitterkeit, Geiz, Pedanterie und Angst. Man richte jeden einzelnen Tag aus einem Teil Arbeit sowie zwei Teilen Frohsinn und Humor an. Man füge drei gehäufte Esslöffel Optimismus hinzu, einen Teelöffel Toleranz, ein Körnchen Ironie und eine Prise Takt. Dann werde das Ganze sehr reichlich mit Liebe übergossen.

Ruppaner blickte auf ein „verstörendes Jahr 2016“ zurück, mit Anschlägen und Extremismus. Für Köngen habe 2017 nicht gut begonnen: „Am Neujahrstag ist im Alter von nur 64 Jahren unser geschätzter Gemeinderat Reinhard Lenk verstorben.“ Gerade wenn die Welt aus den Fugen scheine, sei es wichtig, nicht in eine lähmende Starre zu verfallen. „Wir sind Gestalter, nicht Konsumenten eines uns vorgegebenen Weges.“ 2017 würden keine neuen Flüchtlingsunterkünfte gebaut, aber die Planungen in der Plochinger Straße 46 bis zur Baugenehmigung weiterverfolgt. Die 2017 in der Eingangsklasse dreizügige Grundschule brauche eine vernünftige Mensa, aktuell 55 Plätze reichten für den Ganztagsbetrieb nicht aus. Beim Sport werde 2017 der Kunstrasenplatz erneuert.

Hürden beim Lärmschutz

Leider stießen die Aktionen gegen den Lärm bei den übergeordneten Behörden immer wieder auf Bedenken: „Beim Tempo 30 auf der Kirchheimer Straße, Nürtinger Straße und Bahnhofstraße haben wir vom Landkreis eine Ablehnung erhalten.“ Der geplante achtspurige Ausbau der A8 könne den dortigen Lärmschutzwall vor größere Hürden stellen. Der Wohnungsmarkt sei leergefegt, die Gemeinde müsse sich dem Thema Baulandausweisung widmen. „Ich sehe die Grenzen der innerörtlichen Nachverdichtung kommen.“

Die große Politik, wünscht sich Ruppaner, solle sich wieder mehr mit der Mitte der Gesellschaft beschäftigen. „Man hat ein bisschen den Eindruck, dass unsere Gesellschaft nur aus Flüchtlingen, Superreichen, unterdrückten Randgruppen und sozialen Härtefällen besteht.“ Wichtig seien aber auch Themen wie Schulen, Staus und Sicherheit. Die Politik solle nicht ständig reflexhaft neue Gesetze fordern, sondern sich zuerst an bestehendes Recht halten.

„Herr Bürgermeister, worin soll ich investieren?“ Diese häufige Frage beantwortet Ruppaner gerne mit dem Sparkassenpräsidenten Peter Schneider: „Fahren Sie mit der Bahn 1. Klasse. Wenn Sie es nicht tun, tun es irgendwann Ihre Erben.“ Gelächter und Applaus.

Applaus hatte auch das Jugendorchester des Musikvereins Köngen verdient, das die Veranstaltung musikalisch gestaltete. Beim Stehempfang spielte es unter anderem „Jai Ho“. Getanzt wurde zu dem Hit aber, anders als in „Slumdog Millionär“ auf den Bahnsteigen, in der Eintrachthalle nicht.