Vor zehn Jahren wurde das erste iPhone präsentiert, das die mobile Kommunikation revolutioniert hat. Seit dem kommen jedes Jahr immer leistungsstärkere Geräte auf den Markt. Veraltete Mobiltelefone landen häufig in der Schublade. Dabei stecken sich in den kleinen Geräten große Schätze.

Von Matthäus Klemke

Das Smartphone ist das meistgenutzte Gerät für den Internetzugang geworden. Wo man hinblickt starren Menschen auf ihr Mobiltelefon - hin und wieder sieht man sogar jemanden telefonieren. Der Mini-Computer ist aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Selbst von ungenutzten Geräten scheinen sich die Deutschen nur schwer trennen zu können. Eine Umfrage des Digitalverbandes Bitkom ergab, dass in Schubladen der Bundesbürger mehr als 100 Millionen ungenutzte Mobiltelefone liegen. Dabei verbergen sich hinter der Plastikschale wahre Schätze: 60 verschiedene Stoffe, darunter 30 Metalle wie Silber und Gold.

Das Problem: Viele Rohstoffe, die bei der Produktion von Handys verarbeitet werden, werden unter menschenunwürdigen Bedingungen in Afrika, Asien und Lateinamerika aus dem Boden geholt. Dabei lassen sich 80 Prozent eines alten Handys wiederverwerten. Recycling könnte die Rohstoff-Ressourcen ordentlich aufbessern. Dazu müssen Handys allerdings entsprechend entsorgt werden. Das geschieht nur mit den wenigsten Elektroartikeln in Europa.

Nur ein Drittel des Elektroschrotts gelangt in die ordnungsgemäße Verwertung. Viele Mobiltelefone landen sogar im Hausmüll, wenn sie ausgedient haben. So gelangen nicht abbaubare giftige Stoffe wie Quecksilber und Nickel in den Boden und ins Grundwasser.

Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten, ein Handy umweltschonend loszuwerden. Auf den kommunalen Recyclinghöfen können Handys und anderer Elektroschrott kostenlos abgegeben werden. Es gibt auch zahlreiche Initiativen, die alte Mobiltelefone zu sammeln. Der Köngener Weltladen unterstützt eine dieser Initiativen. „Man sagt, dass aus 40 Handys so viel Gold gewonnen werden kann, wie aus einer Tonne Golderz“, sagt Gerlinde Maier-Lamparter, Mitarbeiterin im Weltladen. Dort werden seit Frühjahr 2015 alte oder defekte Telefone in einer Handy-Box gesammelt. Darin liegen neben Klapphandys auch einige Smartphones: „Je älter ein Modell, um so mehr Rohstoffe beinhaltet es“, sagt Maier-Lamparter. Mehr als 900 Geräte wurden bereits abgegeben. „Vor allem junge Leute wechseln häufig ihre Handys, obwohl das alte Gerät noch vollkommen in Ordnung ist“, sagt sie und appelliert: „Ein Handy sollte so lange wie möglich benutzt werden.“

Regelmäßig schickt die Initiative die alten und defekten Telefone nach München an die Firma Teqcycle. Sie checkt die Geräte gründlich durch und löscht alle Daten: „Der Datenschutz ist die größte Sorge der Leute“, sagt Maier-Lamparter. Falls möglich, werden die Handys aufbereitet. Der Großteil kommt jedoch nach Goslar zur Firma Electrocycling. „Dort werden die Telefone dann komplett zerlegt und die Edelmetalle Gold, Silber, Platin und Palladium sowie Kupfer herausgeholt“, weiß Maier-Lamparter. Der Erlös geht an drei Bildungsprojekte in Afrika.

Unterstützung für Familien im Kongo

Im Seniorenheim „Daheim“ in Unterensingen steht seit August eine Kiste der Initiative „Mobil Box“, die alte Telefone einer umweltgerechten Verwertung zuführt. „Ich dachte, dass wir vielleicht zehn bis 20 Telefone zusammenbekommen. Mittlerweile sind es ungefähr 150“, sagt Heimleiter Anton Lechner: „Die Leute geben alle möglichen Geräte ab, egal ob ältere oder neuere Handys. Mittlerweile könnten wir ein Handymuseum eröffnen“, scherzt er.

Mit jedem abgegebenem Mobiltelefon werden Familien im Kongo unterstützt. In dem Land herrscht seit Jahren ein blutiger Konflikt, der mit dem illegalen Handel von Mineralien, die für die Herstellung von Smartphones benötigt werden, finanziert wird: „Das wissen die meisten Leute gar nicht, aber wenn sie es hören, findet bei vielen ein Umdenken statt. Sie fangen an sich zu fragen, ob es wirklich nötig ist, sich jedes Jahr ein neues Handy zu kaufen“, sagt Lechner. Wegen der guten Resonanz soll die Sammelaktion im Seniorenheim mindestens bis zum Sommer weitergehen.

Die EU-Staaten haben sich ein hohes Ziel gesetzt: Bis 2019 sollen 65 Prozent des Elektroschrotts in gesammelt und wiederaufbereitet werden - aktuell sind es europaweit 30 Prozent. Um das zu erreichen, müssen alle großen Elektro- und Onlinehändler seit Juli Kleingeräte umsonst zurücknehmen, egal, ob sie bei ihnen gekauft wurden oder nicht.

Handys richtig entsorgen

Alle Mobilfunkanbieter sind verpflichtet, jedes Handy zurückzunehmen.

Seit Juli sind alle großen Elektro- und Onlinehändler verpflichtet, Kleingeräte (Kantenlänge von bis zu 25 Zentimeter) zurückzunehmen. Betroffen sind Händler, die eine Verkaufs- beziehungsweise Versandfläche von mindestens 400 Quadratmeter haben.

Verschiedene Initiativen sammeln Handys, um die Rohstoffe wiederzuverwerten. Sammelkisten stehen im Weltladen Köngen, Hirschstraße 2, und im Seniorenheim „Daheim“ in Unterensingen, Austraße 41.

Bei Abfallsammelstellen wie dem Blumentobel in Beuren oder dem Recyclinghof Großbettlingen (Obere Bruckenwiesen 3) können Handys kostenfrei abgegeben werden.