Quelle: Unbekannt

Von Lorena Greppo

Angenagte Stämme, gefällte Bäume - das Wirken eines Bibers ist unschwer zu erkennen. In Baden-Württemberg war der Nager bereits ausgerottet, seit einigen Jahren breitet er sich jedoch wieder aus - auch im Kreis Esslingen. „Im vergangenen Jahr habe ich Spuren am Röhmsee entdeckt“, erzählt Sascha Richter, Wildtierbeauftragter des Landratsamts. Die seien aber bestimmt schon ein Jahr alt gewesen. Ob dort immer noch Biber leben, ist nicht klar. Frisch sind hingegen die Spuren, die kürzlich an der Aich, südlich von Bonlanden gefunden wurden.

Allerdings weiß auch Sascha Richter nicht, ob es sich dabei um ein einzelnes Tier oder gar eine Gruppe Biber handelt. Ebenso berichtet der Nabu Kreisverband Esslingen von frischen Bibernachweisen an den Wernauer Baggerseen im Bereich „Erblehen“. „Ob es sich dabei um einen Durchzügler handelt oder ob er sich sesshaft macht, werden die nächsten Wochen und Monate zeigen“, erklärt der Nabu.

Für gewöhnlich leben Biber in kleinen Familienverbänden. Biberpaare sind monogam und binden sich auf Lebenszeit. Die Jungtiere bleiben in den ersten Jahren bei den Eltern und verlassen diese erst, wenn sie geschlechtsreif werden. Ausgewachsene Biber können bis zu 1,30 Meter lang und 30 Kilogramm schwer werden - damit sind sie die größten Nagetiere Europas. Ihre Fell ist braun bis braun-schwarz. „Biber leben überall, wo es Wasser gibt“, sagt Richter. Auch der Nabu berichtet von der Ansiedlung der Nager an Flüssen, etwa im größeren Stil in Augsburg, genauso wie an Seen wie dem Chiemsee.

Nager gestalten ihre Lebensräume

Die Tiere sind mit sehr gutem Gehör, Geruchs- und Tastsinn ausgestattet. Sie passen sich zudem sehr gut an unterschiedliche Lebensbedingungen an. Junge Tiere wandern, nachdem sie ihre Eltern verlassen haben, oft bis zu 100 Kilometer weit, um ein eigenes Revier zu finden. Wenn sie dieses dann gefunden haben, bleiben sie ihrem Standort treu.

Biber gestalten ihre Umwelt aktiv, der Nabu-Kreisverband Esslingen bezeichnet sie als „wahre Baumeister“: Bäume umlegen, Gewässer nach Maß aufstauen, nach Bedarf den Wasserstand regeln - all das kann der Nager. Dennoch: „Nicht jeder Biber baut eine Burg oder einen Damm“, berichtet Richter. Im Kreis Esslingen gebe es genügend Seen, sodass ein Staudamm nicht nötig sei. Der Nabu-Kreisverband bestätigt: Der Biber fälle nur Bäume, „die er für seinen Lebensraum braucht“. Für gewöhnlich lebt das Tier in einem Erdbau am Ufer eines Gewässers.

Zu Gesicht bekommen wird man den scheuen Vegetarier wohl nicht. „Am Tage schläft er“, erklärt der Nabu. Wenn man sich jedoch in der Dämmerung sehr still verhalte, könne man ihn eventuell erleben - in Gegenden, in die Biber in größerer Zahl zurückgekehrt sind, hat man jedoch bessere Chancen. Sascha Richter hat selbst noch keinen Biber im Landkreis gesehen. Nur durch Nage- und Schleifspuren könne man sich sicher sein, dass der Nager sich wieder hier ansiedelt. „In anderen Regionen hat es viel Veränderung gegeben, seit der Biber zurück ist“, sagt Richter. Das sei aber im Kreis Esslingen nicht so. Er habe von keinen Beschwerden oder gemeldeten Schäden durch den Biber gehört, sagt Richter. Er findet es „schön, dass er da ist.“ Der Nager bereichere die Flora und Fauna. Der Nabu-Kreisverband schreibt hierzu: „Man kann feststellen, dass er sukzessive, von Bayern kommend, wieder Territorien besiedelt. Zur Freude der Naturschützer, zum Ärger vieler Anwohner, Jäger, Landwirte und Landnutzer.“

Konflikte bleiben nicht aus

Der Ärger über den rückkehrenden Nager nahm sogar solche Ausmaße an, dass Peter Hauk, Minister für Ländlichen Raum in Baden-Württemberg, zu Beginn des Jahres erwägte, den Biber zu bejagen. Als Grund nannte er, dass sich der Bestand der Tiere in Baden-Württemberg seit 2008 von 1000 auf 3500 erhöht hat. Derzeit steht der Biber unter Naturschutz.

Es gebe enorme Schäden in der Landwirtschaft durch das Nagertier, sagte Hauk. Durch von Bibern gebaute Stauseen an praktisch allen Flüssen Baden-Württembergs würden Feldwege unterspült sowie Äcker und private Grundstücke überschwemmt. Von solchen Vorfällen weiß Sascha Richter nur aus anderen Gegenden zu berichten. Im Kreis Esslingen merke man von der Rückkehr des Bibers bisher nur wenig. Richter räumt aber ein, dass es - sollte sich der Biber weiter ausbreiten - auch hier zu Konflikten kommen könnte. Dann müsse die Naturschutzbehörde schauen, was man machen kann.

Für den Nabu-Kreisverband ist klar: Der Biber darf und soll bleiben. Er gehöre ursprünglich in diesen Landschaftsraum, weshalb es vor allem gelte, Akzeptanz zu schaffen. „Dann muss man sich eben von Ackerflächen verabschieden.“ Den Landwirten sei diesbezüglich ein Flächentausch angeboten worden. Eine Einschränkung gebe es jedoch: Wenn die Sicherheit im städtischen Bereich gefährdet ist, dann müsse man eingreifen. So seien beispielsweise in Augsburg Probleme aufgetreten: „Da macht der Biber mal kurz in einer Nacht alles platt und gefährdet Verkehrswege.“

Geschichte des Bibers in Deutschland

Der Europäische Biber (Castor fiber) ist das größte Nagetier Europas. Im Mittelalter war sein Fleisch vor allem in der Fastenzeit beliebt, da der Biber durch ein Papstedikt kurzerhand zum Fisch erklärt worden war. Begehrt waren zudem auch sein dichtes Fell sowie sein Drüsensekret - das sogenannte Bibergeil - mit angeblich heilender Wirkung.

Neben der Jagd auf den Nager hatten aber auch die Veränderungen in der Landwirtschaft, Rodungen, Flussbegradigungen sowie die Trockenlegung vieler Feuchtgebiete entscheidenden Einfluss auf seinen Lebensraum. So verschwand der Biber nach und nach aus Deutschland und galt am Ende des 19. Jahrhunderts vielerorts als ausgerottet.

Durch Schutzprogramme und Umsiedlungen gelang es, den Biber auch in Deutschland wieder anzusiedeln. In Baden-Württemberg tauchte der Castor fiber erst Mitte der Siebzigerjahre wieder auf. Seit einigen Jahren breiten sich Biber wieder aus. Sie sind jedoch weiterhin streng geschützt und zählen nach wie vor zu den bedrohten Arten.