Die 30-jährige Sarah Mezger hat ihren Aufenthalt auf den Philippinen zu keinem Augenblick bereut. Foto: Rapp-Hirrlinger Quelle: Unbekannt

Von Ulrike Rapp-Hirrlinger

Sarah Mezger hat den Sprung gewagt und es keinen Augenblick bereut: Um ihren Traum vom sozialen Auslandseinsatz zu verwirklichen, gab die heute 30-Jährige Denkendorferin ihren Arbeitsplatz bei einem Steuerberater auf, vermietete ihre Wohnung unter und zog Ende 2015 für ein Jahr auf die Philippinen, dem größten christlich geprägten Land in Südostasien. Dort arbeitete sie für die Hilfsorganisation „Christ für Asia“ mit Straßenkindern. Es war auch eine Zeit, in der sie sich klar werden wollte, wie ihr Leben weitergehen sollte. Eine Rückkehr ins Altgewohnte war von Anfang an nicht geplant.

„Ich weiß jetzt, wo ich hin will“, sagt die gelernte Bankkauffrau. Ihre Berufung hat sie in der sozialen Arbeit gefunden. Seit Februar arbeitet sie zunächst für ein gutes halbes Jahr mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, die von der Esslinger Stiftung Jugendhilfe aktiv im Kloster Denkendorf betreut werden. Danach möchte die sie ein Duales Studium der Sozialen Arbeit beginnen.

Komplett selbst finanziert

Ein Freiwilligendienst im klassischen Sinn war Sarah Mezger wegen ihres Alters nicht möglich. Deshalb musste sie ihren Aufenthalt komplett selbst finanzieren: Flug, Essen und die Unterkunft in einer Wohngemeinschaft mit sechs jungen Leuten, die ein Freiwilliges Soziales Jahr absolvierten. „Ich habe gelernt, mit sehr wenig auszukommen“, erzählt die zierliche Frau. Wieder zuhause hat sie gleich ihren Kleiderschrank ausgemistet. Auch auf den Philippinen hat sie sich immer wieder leichten Herzens von Besitz getrennt. Denn sie sah viel Armut. „Man wird sehr dankbar für das, was man hat“, sagt sie.

Sarah Mezger hatte bereits Erfahrungen mit Auslandseinsätzen in Paraguay und Kenia, aber jeweils nur für wenige Wochen. Jetzt sollte es ein langer Aufenthalt sein: In der Großstadt Cebu betreibt die Organisation „Christ für Asia“, die ihren deutschen Sitz in Altensteig hat, das Nehemia-Kinderheim und ein Projekt zur Ernährung von Straßenkindern. Sarah Mezger half, Mahlzeiten zuzubereiten und an jeweils etwa 150 Straßenkinder zu verteilen. Elend und Not gingen ihr zu Herzen: „Die Kinder waren zum Teil nackt, verdreckt und hatten Wunden, die nicht versorgt waren.“ Im Kinderheim leben in zwei nach Geschlechtern getrennten Gruppen 80 Kinder und Jugendliche. Mezger war bei den Mädchen eingesetzt, bereitete Mahlzeiten zu, half beim Reinigen des Hauses, brachte die Kinder in die Schule, unterstützt sie bei Hausaufgaben und sorgte für das Freizeitprogramm wie Basteln, Singen, biblischen Geschichten oder sportlichen Aktivitäten. Dabei kamen ihr die Erfahrungen in der Jungschararbeit beim CVJM Denkendorf zu Gute.

Vor allem die Abendschicht übernahm sie gerne. „Da war Zeit zu reden und zu hören, was die Kinder bedrückt“, erzählt sie. Verständigt hat man sich auf Englisch, doch ein bisschen hat sie auch Cebuano, gelernt. Die schönsten Momente: „Wenn ich die Kinder zum Strahlen bringen und die Traurigkeit in ihren Gesichtern vertreiben konnte.“ Immer wieder habe sie sich mit der Frage beschäftigt, was sie in Cebu bewirken könne. Doch rasch merkte sie: „Es ist wichtig, dass ich hier bin.“ Auch wenn ihr schnell klar wurde, dass ihre Hilfe nur ein Tropfen auf den heißen Stein sei, sagte sie sich: „Ich gebe in der Zeit, die ich hier bin, alles, was ich kann.“

Leberkäse und Laugenbrezeln fehlten

Schon in den ersten Tagen habe sie sich entschieden, ihren auf sechs Monate angelegten Aufenthalt zu verlängern. „Nur so konnte ich eine engere Beziehung zu den Kindern aufbauen.“ Gefehlt haben ihr „Leberkäse und Laugenbrezeln“. Trotzdem hatte sie nie Heimweih. Zu ausgefüllt mit vielfältigen Eindrücken waren ihre Tage. „Ich war so dankbar, dass ich das alles erleben durfte.“ Beeindruckt hat sie das Gemeinschaftsgefühl und die Großzügigkeit der Menschen: „Selbst die Straßenkinder gaben von dem wenigen ab, das sie hatten.“ Auch sie selbst hat ganz im biblischen Sinn geteilt: „Einem Kind, das an Schüttelfrost litt, gab ich meine Lieblingsjacke und merkte plötzlich, das tat mir gar nicht weh.“ Als Leitwort über ihren Aufenthalt hat sie das Pauluswort aus dem 1. Korinther-Brief gestellt: „Alles was ihr tut, soll von der Liebe bestimmt sein.“ Der christliche Glaube werde auf den Philippinen viel stärker nach außen gelebt als in Deutschland, erzählt Sarah Mezger. „Man spricht offen darüber und er ist ein Gemeinschaftserlebnis.“

Sie ist nicht mehr die gleiche Frau, die vor über einem Jahr nach Asien aufbrach: „Ich habe viel über mich selbst gelernt.“ Wesentlich gelassener sei sie geworden. „Ich muss nicht mehr alles planen und lasse mehr auf mich zukommen in der Gewissheit, von Gott getragen zu sein.“ Auch an Selbstvertrauen hat sie gewonnen. „Ich bin in Gottes Augen wertvoll und nur darauf kommt es an.“ Ihre Sorge, wie es nach der Rückkehr weitergeht, ist so rasch gewichen. Nach Cebu will sie auf jeden Fall für einen Besuch zurückkehren - am liebsten noch in diesem Jahr.