Quelle: Unbekannt

Von Andrea Eisenmann

Stuttgart - Der Cannstatter Wasen ist aus seinem Tiefschlaf erwacht: Mit drei Schlägen eröffnete Stuttgarts Erster Bürgermeister, Michael Föll, am Samstagmittag unter den Augen von Vertretern aus Politik, Kultur und Wirtschaft das 79. Stuttgarter Frühlingsfest. Das Aprilwetter zeigte sich am verlängerten Eröffnungswochenende allerdings von einer launischen Seite und schreckte manchen Festplatzgänger ab.

Doppelter Fassanstich: Es gibt eine Zahl, die Wasenbürgermeister Michael Föll auch noch in ein paar Jahren um die Ohren „gehauen“ wird: 23 Schläge auf den Zapfhahn benötigte er einst auf dem Frühlingsfest, bis das Bier endlich floss. Auch dieses Mal wird er von Moderator Wulf Wager wieder daran erinnert. Und so warnte Stuttgarts Kämmerer die Gäste bei der Eröffnung im Zelt von Festwirt Hans-Peter Grandl schon einmal vor. Sein Fassanstich, sagte er in Anspielung auf den zwischenzeitlich wieder abgesagten Auftritt zweier Nacktmodels auf dem Cannstatter Wasen, sei weder „heiß, feucht, noch crazy“, könne aber auch ganz schön lange dauern. „Und das ist ja bekanntlich der schönste Genuss.“ Auf „ihre Kosten“ kamen die Besucher jedoch nicht. Nach drei Schlägen war das Fass angezapft - so viele übrigens wie im Vorjahr. Besser machte es nur TV-Moderatorin Isabel Haspel im Almhüttendorf von Festwirtin Nina Renoldi. Nach zwei Schlägen spritzte das Freibier aus dem 30-Liter-Fass. „Das nenne ich Frauenpower“, lobte Hofbräu-Chef Martin Alber. Selbst Föll war beeindruckt. „Da kann ich mir etwas abschauen.“

Hellsehen für Anfänger: Das mit dem Wahrsagen ist so eine Sache. Die einen glauben daran, andere nicht. Was mancher Stuttgarter bis Samstag jedoch nicht wusste: Offenbar gehört es zu den Pflichten eines Wasenbürgermeisters, Wahrsagern vorab einen Besuch abzustatten. Was er dieses Mal bei „Samantha“ erfahren hat, will Föll den Festzeltgästen nicht vorenthalten. Da wäre zum einen die Aussicht, dass das Wetter in den kommenden Tagen doch noch „prächtig“ wird und zum anderen, dass der VfB Stuttgart im Mai wieder in die Erste Bundesliga aufsteigt. Bleibt abzuwarten, ob sich die Vorhersagen auch erfüllen werden.

Kein Auftakt nach Maß: Den Spielverderber an dem verlängerten Osterwochenende gibt Otto - so lautet zumindest der Name des Tiefdruckgebiets, das mit wenigen Unterbrechungen für einen grauen Himmel, Schauer und kühle Temperaturen sorgte. Der Besucherzuspruch auf den Feststraßen blieb zeitweise unter dem üblichen Durchschnitt - zum Leidwesen vieler Besitzer von Imbissständen und Fahrgeschäften, in denen mitunter viel Leere vorherrschte. Ein anderes Bild bot sich indes in den Festzelten. Schlangen bildeten sich hier an den Eingängen, kurz nach der Eröffnung waren Plätze Mangelware. Auf den Bänken stehend wurde gefeiert und gesungen. Rufe wie „Hoch die Krüge“ drangen ins Freie, auch die Hymne „Auf em Wasa grasat d’Hasa“ durfte nicht fehlen. Junge Besucher kamen in Dirndl und Lederhose - und mit einer Gänsehaut. Frei nach dem Motto: „Wer schön sein will, muss leiden.“ Zu den prominenten Gästen auf dem Wasen gehörte Claudia Effenberg, Designerin und Gattin des früheren Fußball-Profis Stefan Effenberg.

Gut gerüstet: Jede Großveranstaltung wird dieser Tage von Debatten um die Sicherheitsmaßnahmen begleitet. Da macht auch das Stuttgarter Frühlingsfest keine Ausnahme. Betonsäulen und mobile Sperren sollen Fahrzeuge an einem gewaltsamen Eindringen auf das Gelände hindern. An den Zugängen werden Taschen kontrolliert, Maschinenpistolen von Polizisten offen getragen. Etwa 120 Beamte sind pro Tag im Einsatz, in kleinen Gruppen ziehen sie immer wieder über das Festgelände. Die sichtbare „Aufrüstung“ zahlt sich offenbar aus: Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengrube sind nur wenige Besucher unterwegs. „Ich fühle mich sicher. An mögliche Gefahren durch Anschläge verschwende ich keine Gedanken“, betont eine ältere Stuttgarterin, die mit ihren beiden Enkelkindern unterwegs ist. Von einem Frühlingsfestauftakt ohne besondere Vorkommnisse sprach gestern die Polizei. Vor allem Sonntag und Montag seien sehr ruhig verlaufen. Die Organisatoren der städtischen Veranstaltungsgesellschaft „in.Stuttgart“ schätzten die Zahl der Besucher in den ersten drei Tagen auf bis zu 150 000.