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Am Montagabend ziehen wieder verkleidete Kinder durch die Straßen, um in amerikanischer Manier ihre Nachbarn um Süßes zu bitten, während Nachtschwärmer als sexy Krankenschwestern oder Gruselclowns rauschende Parties feiern. Um Halloween kommt kaum einer herum. Dass zeitgleich auch Reformationstag ist, gerät vor lauter Kürbisfratzen in den Schaufenstern fast in Vergessenheit. Doch seit ein paar Jahren setzen evangelische Kirchengemeinden dem Gruselfest sogenannte Church-Nights für jüngeres Publikum entgegen. Zum kommenden Reformationsjubiläum hat Greta Gramberg Veranstalter beider Party-Varianten gefragt, wie sie die Situation bewerten.„Ich habe keine Gewissensbisse, weil ich als Protestantin eine Halloween-Party für Kinder veranstalte.“„In der Bibel kann ich nichts dazu finden, dass ein ausgehöhlter Kürbis böse Geister vertreiben kann.“

Ein urschwäbischer Traditionsverein organisiert eine Party nach Art der US-amerikanischen Kultur? „Wir wollen einfach den Kindern einen schönen Nachmittag bieten“, sagt Carmen Pfitzer von den Kolba Hexa Batlmannsweiler. Die Narrenzunft gibt am Montag eine Halloweenparty für Kinder und Eltern. Obwohl sie Halloween selbst nie gefeiert hat und evangelisch getauft ist, sieht sie in Halloween kein Problem, kauft vor dem 31. Oktober immer genug Gutsle für die „Süßes oder Saures“ rufenden Kinder.

Für Pfitzer stehen Halloween und Reformationstag in keinerlei Konkurrenz, weil es etwas komplett anderes sei. Der US-Import mit den Kostümen und der Mutprobe, an fremden Türen zu klingeln, solle einfach Spaß machen. Harmlos, findet die Zunftmeisterin. In ihrem Verein, der zum dritten Mal eine Halloween-Party gibt, gab es schon Diskussionen, ob man dem Trend aus Amerika folgen soll. „Klar, es hat auch etwas mit Kommerz zu tun“, gibt die Hästrägerin zu. Aber bei Weihnachten sei das auch der Fall.

Die Kolba Hexa wollten sich jedenfalls mit dem Fest mehr für die Kleinen einbringen und fanden: Hexen, Verkleiden und Halloween - das passt zusammen. Da Halloween seinen Ursprung in einem keltischen Brauch hat und Kelten zu Urzeiten auch im heutigen Baden-Württemberg vertreten waren, empfanden die Organisatoren das Fest dann auch nicht mehr so fern von der hiesigen Tradition. Pfitzer selbst hat in ihrer Kindheit zwar kein Halloween gefeiert, aber Zuckerrüben ausgehölt, um Lichter hineinzustellen - ähnlich den heutigen Kürbissen. „Die sind aber angenehmer auszuhölen als Zuckerrüben“, erzählt sie lachend.

Die Hintergründe des Grusel-Festes erfahren die Kinder und Eltern bei der Kolba-Hexa-Party übrigens auch: Die Wurzeln liegen in der religiösen Vorstellungswelt der Kelten. Mit dem Wechsel zur kalten Jahreszeit wurde es als Erntedankfest „Samhain“ begangen. Diese Zwischenzeit galt auch als Berührungspunkt zwischen den Welten der Lebenden und der Toten, weshalb sich die Menschen mit Feuern gegen böse Geister schützen wollten. Später wurde der Abend vor Allerheiligen nur noch in den katholischen Gegenden der britischen Inseln gefeiert als „All Hallows‘ Evening“ (Allerheiligenabend), der von irischen Auswanderern nach Amerika gebracht wurde.

Von dieser Geschichte seien auch einige Eltern überrascht worden, erzählt Pfitzer von den vergangenen Halloween-Parties der Kolba Hexa. Sie hat kein Gewissensproblem, weil ihr Verein keine Reformations-, sondern eine Halloween-Fete gibt. „Ich bin jemand, der braucht keine Kirche um sich rum, um an Gott zu glauben.“ Die Feier steigt also im Bürgerhaus Baltmannsweiler ab 15 Uhr.

www.kolba-hexa.de

Darf ich als Christ Halloween feiern? Mit dieser Frage beschäftigt sich nun selbst die Evangelische Kirche Deutschland auf ihrer Homepage. Schließlich beginnt am Montag das Jubiläumsjahr hin zum 500. Jahrestag der Reformation - da ist der 31. Oktober als Auftakt besonders wichtig. Ist es also schlecht, Halloween zu feiern? „Entscheiden Sie selbst!“, antworten die Seiten-Verantwortlichen. Ähnlich sieht es Mario Dagott aus Reichenbach. Er ist CVJM-Mitglied und Mitorganisator der ersten Church-Night in der Gemeinde an der Fils. Der 31-Jährige findet es als Christ entscheidend, mit welchen Hintergedanken die Leute Halloween feiern - auch wenn er es besser fände, alle würden der Reformation gedenken.

„Wenn man mit Freunden ein paar Bierchen auf einer Halloween-Party trinken will, ist das kein Problem“, sagt Dagott. Er selbst war bereits auf solch einer Feier. Junge Menschen machen das gerne und an einem Vorfeiertag biete sich die Gelegenheit dazu: Dafür, dass Halloween-Partys attraktiv sind, zeigt der engagierte Christ Verständnis.

Doch wenn mit dem Kürbis ernsthaft böse Geister abgehalten werden sollen und Jugendliche das Grusel-Fest zum Anlass nehmen, okkulte Riten auszuüben, sieht er die Grenze überschritten. Der erfahrene Ehrenamtliche erzählt von Teenagern, die in solchen Milieus psychischen Schaden erlitten. „Der christliche Glaube funktioniert nur, weil es die andere Seite auch gibt“, mahnt er. Teufel und Dämonen seien auch in der Bibel ein Thema.

Doch gegen sie hilft Dagotts Überzeugung nach nur der Glaube an Gott. „In der Bibel kann ich nichts dazu finden, dass ein ausgehöhlter Kürbis böse Geister vertreiben kann.“ Diese Erkenntnis hat er der Reformation zu verdanken: Wer glaube, dass die Bibel das Wort Gottes sei, der könne alles nachlesen - dank Martin Luther, der mit seinen 95 Thesen vor bald 500 Jahren die Reformation angestoßen haben soll und später die Bibel ins Deutsche übersetzte. „Gott ist zu den kleinen Leuten gekommen durch die Reformation“, sagt Dagott.

Das wollen er und die anderen Church-Night-Organisatoren am Montag im Paul-Schneider-Haus in Reichenbach ab 20 Uhr feiern. Unter dem Titel „Supernatural“ (englisch für übernatürlich) soll Gott erlebbar sein mit modernen Lobpreisliedern einer Liveband, theologischen Inputs zum Thema Heiliger Geist und einem Latenight-Kaba. Ist der Reformationstag zur Party geworden, um Halloween auszustechen? Das sei nicht der primäre Gedanke, sagt Dagott. Aber man werde auf jeden Fall Spaß haben, könne sich wohlfühlen, mit Freunden und Gott abhängen. „Die Frage ist: Was bringt Dir mehr?“ Church-Night-Besuchern verspricht er, dass sie etwas für Leben mitnehmen.

www.churchnight.de