Starke Regenfälle verwandeln den Neckar in der Nähe des Landratsamts Esslingen in einen reißenden Fluss. Obwohl große Wassermassen über das Wehr stürzen, drohen keine Überschwemmungen. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Mathias Kuhn und Hermann Dorn

Am späten Sonntag war es für den Leiter der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung Stuttgart mit der Nachtruhe vorbei. „Unsere Mitarbeiter hatten alle Hände voll zu tun, um die Wehre zu öffnen, damit das Neckarwasser schnell abfließen kann“, erzählt Walter Braun. Inzwischen sinken die Pegelstände wieder. Trotzdem bleibt es zunächst bei der Zwangspause für die Schifffahrt auf dem Neckar.

In manchen Teilen der Region Stuttgart fiel innerhalb weniger Stunden so viel Regen wie in einem normalen Monat Mai - 100 Liter auf einen Quadratmeter. Binnen weniger Stunden schwoll der Neckar bedrohlich an. An der Messstelle in Plochingen stieg der Pegel von 1,50 Meter gegen 21 Uhr auf über drei Meter kurz nach Mitternacht. Aus dem sonst ruhig dahinfließenden, aufgestauten Gewässer wurde ein wilder Fluss. Wassermassen stürzten auch im Raum Esslingen tosend über Wehre, Wellen brachen sich an den Kaimauern. Mit weißen Schaumkronen strömte das Wasser weiter ins Tal.

An den Ufern und vor den Wehrfeldern blieben mitgetriebene Baumstämme, Autoreifen, Styroporplatten und anderer Zivilisationsmüll liegen. 250 000 Euro gibt das Wasser- und Wirtschaftsamt zwischen Plochingen und Heilbronn jährlich aus, um solches Treibgut zu entsorgen. Erinnerungen an das Frühjahrshochwasser im Mai 2013 wurden geweckt. Damals rissen die Fluten bei Esslingen sogar ein großes Bauboot los, das herrenlos flussabwärts trieb. Nur mit Mühe gelang es, die Altstadt rechtzeitig mit einem Damm vor einer Überschwemmung zu schützen.

Im Vergleich zu damals ist das aktuelle Hochwasser eher harmlos. Wer Abstand vom Ufer hält, muss nichts befürchten. Überschwemmungen sind nicht in Sicht. „Der Neckar erreicht in Esslingen die Marke eines Hochwassers, wie es laut Statistik alle zwei Jahre vorkommt“, so Braun. Anders sieht es an Kocher, Enz und Jagst aus. Die Zuflüsse führen teilweise die drei- bis sechsfache Wassermenge. Braun erwartet für Heidelberg Pegel, die alle zehn Jahre gemessen werden.

Erleichterung bei der Feuerwehr

Auch wenn die Pegelstände unter die Hochwassermarke sinken sollten, müssen in Stuttgart sechs Schiffe an den Kais liegen bleiben. „Wir müssen erst die Fahrrinne freibaggern“, erklärt Braun. Die Fluten schwemmen Erde, Sand, Pflanzenteile und Müll mit und lagern sie ab. „Eben haben wir die Fahrrinne freischaufeln lassen.“ Mitte kommender Woche werden die Bagger wieder an die Arbeit gehen. Braun vermutet, dass die Zwangspause für die Schifffahrt noch einige Tage dauern wird.

Alle Sorgen ändern nichts daran, dass die Erleichterung nach dem verregneten Wochenende überwiegt. Das gilt für Braun ebenso wie für die Feuerwehren. „Im Vergleich mit anderen Regionen sind wir glimpflich davongekommen“, sagt Carsten Zander, der Sprecher der Feuerwehren im Kreis Esslingen. Obwohl der Himmel seine Schleusen weit geöffnet hatte, liest sich die Bilanz unspektakulär. Während die Esslinger Feuerwehr ein geruhsames Wochenende erlebte, wurden in Nürtingen und Reichenbach viele Straßen und Keller überflutet. „Als die Einsatzkräfte eintrafen, war das Wasser aber wieder abgeflossen“, berichtet Zander. Eingreifen musste die Feuerwehr dagegen am Sonntag in der Wielandstraße in Kirchheim, wo der Blitz um 18.15 Uhr in einen Tujabaum einschlug. 43 Einsatzkräften verhinderten, dass das Feuer auf ein Wohnhaus übergriff.