Das Miteinander von Fußgängern, Autos und Bussen auf der Schorndorfer Straße war ein Thema bei der Oberesslinger Einwohnerversammlung. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Von Dagmar Weinberg

Einen langen Atem brauchen die Oberesslinger nicht nur, wenn es um die Lösung der Verkehrsprobleme im Stadtteil geht. Auch bei der Einwohnerversammlung in der Mensa der Realschule war Ausdauer gefragt. Auf der Tagesordnung standen fast 30 Punkte. So saßen die Bewohner des Stadtteils und die Vertreter der Stadtverwaltung geschlagene dreieinhalb Stunden beisammen und redeten über Visionen für den Stadtteil, aber auch über die harte Realität. Und da standen traditionell die Schorndorfer Straße und der Verkehr im Stadtteil im Fokus – der fließende ebenso, wie der ruhende.

Visionen: Wie Oberesslingen attraktiver, grüner und das Leben dort noch lebenswerter werden kann, darüber hat sich der Bürgerausschuss gemeinsam mit Wolfgang Ratzer, stellvertretender Leiter des Stadtplanungs- und Stadtmessungsamts, Gedanken gemacht. Da der Gemeinderat noch nicht über das Stadtteilentwicklungskonzept befunden hat, konnte der Stadtplaner zwar nicht ins Detail gehen. Einige Punkte verriet er den Oberesslingern aber schon jetzt. So sollen etwa die Bäche wieder überall an die Oberfläche geholt und ein durchgehender, kleiner Grünzug zum Neckar geschaffen werden. „Unser Ziel ist, die Durchlüftung zu verbessern“, machte Ratzer deutlich. Doch nicht nur das Klima, auch die Nahversorgung („da ist für uns vor allem der Lammgarten als Zentrum gesetzt“), die Verkehrsstrukturen und vieles mehr haben die Planer und der Bürgerausschuss in den Blick genommen. Vom Konzept bis zur Realisierung ist es aber noch ein weiter Weg. Stimmt der Gemeinderat zu, folgen erst einmal diverse Untersuchungen. „Und dann muss ja auch noch alles finanziert werden.“

Fließender Verkehr: Zwischen 20 000 und 25 000 Fahrzeuge rollen täglich in beide Richtungen über die Schorndorfer Straße. „Das ist eigentlich innerhalb eines bebauten Gebiets nicht tragbar“, sagte der Stadtplaner Wolfgang Ratzer. Die Verkehrsexperten der Stadt haben sich genauer angeschaut, woher die Fahrzeuge kommen. Dabei wurde deutlich, dass nicht zuvörderst die Bewohner der Schurwaldgemeinden die Straße durch Oberesslingen nutzen. „Nur etwa ein Drittel der Fahrzeuge kommt über die Landesstraße.“ Ein weiteres Drittel biegt von der Hegensberger Straße aus ein, das letzte Drittel drängt von der Hirschlandstraße aus auf die Hauptverkehrsachse. „Es ist also vor allem Esslinger Verkehr.“

Tempo 30: Der Lärmaktionsplan eröffnet nicht nur die Möglichkeit, die Laster auszusperren („da müssen wir uns aber erst einmal mit unseren Nachbarn unterhalten“), sondern auch das Tempo auf der Schorndorfer Straße auf 30 Stundenkilometer zu beschränken. „Aber das ist kein Zaubermittel“, machte der Stadtplaner deutlich. Denn im Sinne des Lärmaktionsplans mache Tempo 30 nur Sinn, „wenn damit eine Verstetigung des Verkehrs“ einher geht. Und die sei wiederum nur mit einer Grünen Welle zu erreichen. Da auf der Hauptverkehrsachse aber auch Fußgänger sowie Busse, die möglichst ungehindert durchfahren sollen, unterwegs sind, sei es kompliziert, eine Grüne Welle hinzubekommen. Eine Pförtnerampel am Ortseingang könne die Lage unter Umständen entspannen. Dem Grundproblem, dass viel zu viele Fahrzeuge auf der Straße sind, lasse sich aber auch damit nicht beikommen. So tüfteln die Verkehrsexperten weiter an Lösungen und dem Planer blieb am Ende nur ein Appell: „Wir sind alle Teil des Problems, aber auch Teil der Lösung“, machte Wolfgang Ratzer deutlich. „Jeder muss sich an die eigene Nase fassen und überlegen, was er zur Reduzierung des Verkehrs und Lärms beitragen kann.“

Ruhender Verkehr: In vielen Gebieten des dicht besiedelten Stadtteils ist es eine Herausforderung, einen Parkplatz zu finden. So meldeten sich bei der Einwohnerversammlung einige Bewohner der Lerchenäcker zu Wort. Sie forderten Oberbürgermeister Jürgen Zieger auf, endlich was zu tun. „Es ist nicht Aufgabe der Stadt, Parkplätze zu bauen“, sagte der Verwaltungschef. Warum die Stadt nicht darauf gedrängt habe, dass unter den neuen Häusern an der Damaschkestraße eine Tiefgarage gebaut wird, wollte eine Bewohnerin der Gartenstadt wissen. Der Investor sei der Verpflichtung, oberirdisch Stellplätze zu schaffen „in vollem Umfang nachgekommen“, stellte der OB klar. „Wir können nicht einen Dritten auffordern, über den eigenen Bedarf hinaus Stellplätze zu bauen.“

Pflegeheim: In der Tiefgarage des neuen Pflegeheims an der Weiherstraße „werden mehr Parkplätze zur Verfügung stehen, als gesetzlich vorgeschrieben sind“, versicherte Thilo Naujoks, Geschäftsführer der Städtischen Pflegeheime. Der Neubau, in dem neben drei Hausgemeinschaften mit insgesamt 56 Plätzen, eine Tagespflege mit zwölf Plätzen sowie ein öffentliches Café Platz haben werden, biegt auf die Zielgerade ein. Ende September soll das Haus eröffnet werden, Anfang Oktober will man die ersten Bewohner begrüßen. Eigentlich könnte das Haus schon früher in Betrieb gehen. „Wir mussten aber leider auf die Bremse treten, weil wir im Augenblick die allergrößte Not haben, Pflegekräfte zu finden“, so der Geschäftsführer.

Flächennutzungsplan: Was der neue Flächennutzungsplan (FNP), dessen Vorentwurf zurzeit im Technischen Rathaus öffentlich ausliegt, den Oberesslingern bringt, das erfuhren die Besucher der Einwohnerversammlung zu fortgeschrittener Stunde zumindest noch in einer Kurzversion: Entlang der Hegensberger Straße sollen 28 neue Wohnungen entstehen. Gebaut werden soll auch auf den Rosselenäckern. Die Erweiterung der Rosselen in nördliche Richtung ist in dem neuen Plan hingegen vom Tisch. Die Streuobstwiesen an der Kreuzstraße, über deren Bebauung in der ersten FNP-Runde heftig diskutiert wurde, sind als „Nachrückerflächen“ im Vorentwurf des neuen FNP eingezeichnet. Und das Gebiet rund um den S-Bahn-Haltepunkt Oberesslingen soll „in konzentrischen Kreisen verdichtet werden.“

Andreas Kaupert ist Stimmenkönig

Bei der Einwohnerversammlung in Oberesslingen wurde auch ein neuer Bürgerausschuss gewählt. 15 Sitze waren zu vergeben, 16 Kandidatinnen und Kandidaten hatten sich zur Wahl gestellt. 155 Stimmzettel wurden abgegeben. Mit 118 Stimmen kürten die Oberesslingerinnen und Oberesslinger Andreas Kaupert zum Stimmenkönig, dicht gefolgt von Dietrich Strobel (116 Stimmen) und der bisherigen Bürgerausschuss-Vorsitzenden Heike Horlacher (115 Stimmen). Auf den weiteren Plätzen folgen: Gertraud Fohrer (110 Stimmen), Hermann Kull und Ulrich Röhrle mit jeweils 107 Stimmen, Jonas Scherr (104 Stimmen), Bettina Burghardt (101), Joachim Rausch (100), Ulrike Wiedemann (99), Bärbel Hägele (98), Carsten Mok (91), Jürgen Biesinger (88), Ingeborg Walz (78) und David Cnossen (70 Stimmen).