Im Esslinger Rathaus wird erwogen, in den nächsten fünf Jahren auf weiteren 16 Straßenabschnitten die zulässige Geschwindigkeit von 50 auf 30 zu senken. Außerdem setzt die Verwaltung auf Flüsterbeläge sowie Durchfahrverbote für Lastkraftwagen. Ziel ist es, geplagte Anwohner besser vor Lärm zu schützen. Bevor der Gemeinderat das weitere Vorgehen festlegt, sind bis 27. Juli erst einmal die Bürger gefragt.

Von Hermann Dorn

„Wir gehen davon aus, dass 5800 Menschen in Esslingen unter dem Verkehrslärm leiden“, sagt Daniel Fluhrer, der Leiter des Stadtplanungsamts. Für 1000 Anwohner seien die Belastungen „sehr hoch“, für die übrigen 4800 immerhin noch „hoch“. Mit dieser Situation wollen und dürfen sich die Verkehrsplaner dauerhaft nicht abfinden. Nachdem die Europäische Union entsprechende Vorgaben gemacht hat, zwingt der deutsche Gesetzgeber alle Kommunen mit starkem Verkaufsaufkommen, den Lärmschutz ernst zu nehmen.

Verkehrsachsen stehen im Zentrum

Noch ist nichts entschieden. Es zeichnet sich aber ab, dass Tempo 30 auf Esslinger Verkehrsachsen näher rückt. Das gilt - um nur einige Beispiele zu erwähnen - für die Schorndorfer Straße und die Hirschlandstraße in Oberesslingen, für die Verbindung zwischen Innenstadt und Sulzgries, für weite Teile der Ringstraße sowie für die Stuttgarter Straße in der Pliensauvorstadt. In Oberesslingen, Sirnau und in der Pliensauvorstadt werden zudem Durchfahrverbote für Lastwagen erwogen.

Die Stadt Esslingen beschäftigt sich schon seit drei Jahren mit dem Thema. Nachdem das Problem zunächst untersucht und mit interessierten Bürgern diskutiert worden ist, liegt inzwischen ein Katalog mit möglichen Rezepten vor. Würde er umgesetzt, winken nach Ansicht der Verkehrsplaner für Anwohner deutliche Verbesserungen. Der Kreis der Personen, die sehr hoch oder hoch belastet sind, würde in vielen Fällen mehr als halbiert.

In dem Entwurf für den Lärmaktionsplan findet sich die Formulierung, dass der Katalog alle Maßnahmen nennt, die „für die nächsten fünf Jahre“ geplant werden. Fluhrer setzt hinter diesen Zeitrahmen allerdings noch das eine oder andere Fragezeichen. Er verweist auf die Anhörung, in die sich neben den Anwohnern auch alle anderen Bürger einschalten können. Außerdem hebt er hervor, dass der Gemeinderat sich bisher in dieser Frage noch nicht positioniert hat.

Fluhrers Vorsicht im Umgang mit dem Thema hängt auch mit der Tatsache zusammen, dass es sich bei den Überlegungen um kein Patentrezept handelt. Das gilt vor allem für Tempo 30. „Dieses Thema müssen wir sorgfältig prüfen“, so Fluhrer. Er verweist auf Studien, wonach dieses Instrument geeignet sein kann, Lärmwerte zu senken.

Unerwünschte Nebeneffekte

Der Amtsleiter weiß aber auch von unerwünschten Nebeneffekten. „Tempo 30 kann gleichzeitig zu einem vermehrten Ausstoß von Schadstoffen führen.“ Dieser Umstand hänge nicht nur von den jeweiligen Fahrzeugen ab, sondern auch von örtlichen Gegebenheiten. Entscheidend sei, ob es gelingt, mit Tempo 30 den Verkehr zu verstetigen. Wenn diese Voraussetzung erfüllt sei, könne dieser Schritt auch für die Luftqualität positive Folgen zeitigen. Aufgehen könnte diese Rechnung vor allem in innerstädtischen Lagen. Solche Unwägbarkeiten veranlassen Fluhrer zunächst einmal, die Liste mit Tempo-30-Zonen mit dem Etikett „vorläufig“ zu versehen. Er betont, dass es sich bei dem Katalog „nur“ um einen Entwurf handelt.

Ein Fragezeichen steht auch hinter Überlegungen, in der Plochinger und Ulmer Straße - sie verlaufen zwischen Innenstadt und Oberesslingen parallel zur Bahnlinie - lärmarme Beläge aufzubringen. In diesem Fall gilt es, die finanziellen Konsequenzen für den Haushalt zu berücksichtigen. Bei allen Vorbehalten warnt Fluhrer allerdings auch davor, das Thema Lärmschutz auf die leichte Schuler zu nehmen. „Die Stadt hat die Pflicht, sich darum zu kümmern.“

Pläne für Lärmminderung

Tempo 30: Schorndorfer Straße (zwischen Plochinger Straße und Baumreute), Hirschlandstraße, Esslinger Straße (westlich Breitinger Straße), Mettinger Straße (zwischen Volkshochschule und Berliner Straße), Neckarstraße (zwischen L 1150 und Plochinger Straße), Krummenackerstraße (zwischen Mittlerer Beutau und Alexanderstraße), Krummenackerstraße (zwischen Alexander- und Maienwalterstraße), Maienwalterstraße (zwischen Krummenackerstraße und Sulzgrieser Straße), Sulzgrieser Straße (zwischen Maienwalter- und Kelterstraße), Alexanderstraße, Hindenburgstraße (zwischen Schorndorfer Straße und Keplerstraße), nördlicher Altstadtring (zwischen Mettinger Straße und Grabbrunnenstraße), östlicher Altstadtring (Kiesstraße, Entengraben-, Grabbrunnenstraße), Ruiter Straße (zwischen Festo und Am Bergle), Stuttgarter Straße (zwischen K 1268 und Eberhard-Bauer-Straße), Wielandstraße.

Lärmarmer Belag: Vorgesehen für die Plochinger Straße (zwischen Ulmer Straße und Neckarstraße) sowie für die Ulmer Straße (zwischen Plochinger Straße und Maillestraße).

Verbot für Lastwagen: Schorndorfer Straße (zwischen Plochinger Straße und Baumreute von 22 bis 6 Uhr), Hirschlandstraße (von 22 bis 6 Uhr), K 1215 bei Sirnau (ganztags) und Stuttgarter Straße (ganztags zwischen Karl-Pfaff-Straße und Eberhard-Bauer-Straße).

Information: Der Entwurf für den Lärmaktionsplan liegt ab sofort im Technischen Rathaus, Ritterstraße 17, im zweiten Obergeschoss (im Flur bei Zimmer 257) bis Mittwoch, 27. Juli, aus. Öffnungszeiten: Montag, Dienstag und Mittwoch von 8 bis 12 Uhr und von 13 bis 15 Uhr, Donnerstag von 8 bis 12 Uhr und von 15 bis 18 Uhr, Freitag von 8 bis 12 Uhr. Die Unterlagen für den Entwurf können auch über die Internetadresse www.esslingen.de/Beteiligungsportal abgegriffen werden.