Julian Rauscher (links) und Julian Schmid planen ihr Essensprojekt mit Flüchtlingen. Eine Website gibt es schon. Foto: Rapp-Hirrlinger Quelle: Unbekannt

Von Ulrike Rapp-Hirrlinger

„Integration geht durch den Magen“ - davon sind Julian Rauscher und Julian Schmid überzeugt. Die beiden Studenten aus Esslingen wollen daraus langfristig ein funktionierendes Geschäftsmodell machen, das der Leitlinie eines sozialen Unternehmertums folgt. Sie bauen gerade das Unternehmen „Essenswelten“ auf, das internationales Street Food anbietet, dabei Arbeitsplätze für Flüchtlinge schaffen und die Integration fördern soll. Beim Esslinger Stadtstrand im Juni soll das Konzept erstmals in der Praxis erprobt werden.

Julian Rauscher (26) und Julian Schmid (25) sind alte Schulfreunde und haben am Schelztor-Gymnasium Abitur gemacht. Auch während des Studiums in Tübingen wohnten sie einige Zeit in einer WG zusammen. Schon dort hatten sie Gefallen an einer frischen und dank ausländischer Mitbewohner auch internationalen Küche gefunden. Als im vergangenen Sommer die große Zahl an Flüchtlingen nach Deutschland kam, fragten sich die beiden im gemeinsamen Urlaub, was sie dazu beitragen könnten, den Geflüchteten zu helfen. „Wir wollten aus einem Problem eine Chance machen“, sagt Rauscher. Aus Kopenhagen, wo er derzeit sein Masterstudium absolviert, kannte er Street-Food-Hallen und auch auf ihren Reisen durch ferne Länder hatten die beiden jungen Männer das Essen an Straßenständen lieben gelernt.

Internationales Koch-Team

Diesen Trend, der auch in Deutschland immer stärker wird, wollen die beiden um eine exotische Note bereichern. Warum nicht Street Food von denjenigen kochen lassen, die das Know-how aus ihren Heimatländern mitbringen?“, überlegten sie. „Wer könnte die jeweilige Küche authentischer kochen, als die Personen, die noch vor wenigen Monaten selbst in den Regionen gelebt haben?“, fragt Julian Schmid, der an der Universität Tübingen Rhetorik und Betriebswirtschaftslehre studiert.

Das Ziel sei, ein internationales Koch-Team zusammenzustellen, das an mehreren Ständen die jeweiligen Gerichte frisch und hochwertig zubereitet. Durch die Nähe zu den Köchen könnten auch Barrieren abgebaut werden.

Derzeit suchen sie nach einer geeigneten Immobilie, denn ein festes Dach über dem Kopf sei schon wegen der nötigen Küchen-Installationen und der Hygienestandards wichtig, so Rauscher. Den beiden schwebt eine Art Markthalle vor, wo man an verschiedenen Ständen in gemütlicher Atmosphäre exotische Gerichte essen kann. Die Zutaten sollen möglichst von regionalen Anbietern kommen und diese könnten ihre Produkte ebenfalls in der Halle anbieten. Die Kochteams könnten sich an den Ständen abwechseln und so ein vielfältiges und abwechslungsreiches kulinarisches Angebot garantieren. Rauscher und Schmid denken aber bereits darüber hinaus: Lieferservice, Catering, Kochkurse oder Kochbücher, die Beteiligung an Straßen- oder Vereinsfesten - der Weiterentwicklung sind keine Grenzen gesetzt, wenn die Idee zündet. „Wenn’s gut läuft, können wir 2017 mit der Halle starten“, hofft Rauscher.

Die beiden gehen ihr Vorhaben alles andere als blauäugig an. Schließlich soll das Ganze kein Non-Profit-Projekt sein, sondern eine wirtschaftliche Basis haben, die nicht nur die Flüchtlinge ernährt. „Irgendwann wollen wir natürlich auch selbst davon leben“, sagt Rauscher. Deshalb haben sie sich nicht nur bei der IHK beraten lassen. Sie suchen auch Investoren, die an ihre Idee glauben. „Einen Geldgeber haben wir bereits gefunden“, sagt Rauscher. Er hat in Tübingen Wirtschaftswissenschaften studiert und sich in seiner Bachelor-Arbeit mit interkulturellen Unterschieden in Firmen beschäftigt. Das Street-Food-Projekt ist nun Thema seiner Master-Arbeit an der Copenhagen Business School.

Mit ihrer Idee, für die sie in Flüchtlingsheimen, bei Ehrenamtlichen und Sozialarbeitern warben, rannten sie offene Türen ein. „Die Resonanz war überwältigend“, erzählt Schmid. „Die Flüchtlinge sind hoch motiviert und wollen unbedingt arbeiten.“ Inzwischen habe sich ein internationales Team von 15 Köchen herauskristallisiert. Darunter sind auch echte Profis wie ein Sternekoch aus dem Sheraton Hotel Damaskus und andere Flüchtlinge mit gastronomischer Erfahrung. Doch auch wer leckere Rezepte von Mutter oder Oma umsetzen kann, ist willkommen. „Die interessierten Köche werden wir in den nächsten Monaten testen“, sagt Schmid. Weitere Mitstreiter werden nicht nur für das Kochteam gesucht. Langfristig brauche es auch Fahrer, Reinigungskräfte und schon jetzt ganz dringend IT-Fachleute.

Premiere beim Stadtstrand

Mit Ihrer Idee haben es Julian Rauscher und Julian Schmid erst kürzlich ins Finale des Ideen- und Gründungswettbewerbs für Studierende „Generation-D: Ideen für Deutschland. Gemeinsam anpacken“ geschafft. Wer sich vom Projekt selbst ein Bild machen will, kann das vom 17. bis 19. Juni beim Esslinger Stadtstrand des Stadtjugendrings im Westend tun. Dort werden sich die beiden Studenten mit ersten Street-Food-Ständen beteiligen.

www.essens-welten.de