Viele Musiker halten der 1993 gegründeten Weihnachtsblues-Band bis heute die Treue. In diesem Jahr stammten viele Titel des Repertoires von Musikern, die 2016 gestorben sind. Foto: Dietrich Quelle: Unbekannt

Von Peter Dietrich

Schon 1993 wurde die Esslinger Weihnachtsblues-Band gegründet, manche Musiker sind bis heute dabei. Der „Blues“ im Namen bezieht sich weniger auf den Musikstil, sondern mehr darauf, dass die Musik eventuelle jahreszeitliche Stimmungstiefs bekämpfen soll: druckvoller Rock gegen den weihnachtlichen Blues.

Alles auswendig spielen? Das wäre zu viel verlangt. Gehen die Musiker doch jedes Jahr mit 30 Titeln in nur ein einziges Probenwochenende. Der eine oder andere Titel fliegt dann doch noch raus, so blieben diesmal im Kulturzentrum Dieselstraße inklusive Zugaben 26 Titel und ein mehr als dreistündiges Konzert zugunsten der EZ-Weihnachtsspendenaktion für brutto rund 300 Leute im Stehen. Zu einer ordentlichen Band gehört eine Vorgruppe. Sie kam in Gestalt von Wolfgang Rosner, Schlagzeuglehrer in der „Trommlerei“ in Plochingen, und einigen seiner Schüler. Bei „Jingle Bells“ waren die Zuhörer sogleich mit einem regelmäßigen „He“-Ausruf gefragt. Der Abgang der Vorgruppe war nicht der einzige Wechsel auf der Bühne, das ganze Konzert war ein ständiges Kommen und Gehen, inklusive kleinerer Verzögerungen: „Wir brauchen noch die Musiker, die das nächste Stück spielen, unterhaltet euch mal kurz untereinander.“

Bei aller Treue und Konstanz über mehr als zwei Jahrzehnte hinweg gab es auch Neuigkeiten. So spielte Elke Rogge das erste Mal mit, und das mit einem außergewöhnlichen Instrument, einer Drehleier. Auch die Bass-Ukulele von Peter Windisch war jenseits üblicher Band-Standards. Das war auch die Spielweise anderer Musiker: Harry Seeger wirkte teils so agil, als sei nicht nur seine Gitarre direkt ans Stromnetz angeschlossen, sondern auch er selbst, einmal spielte er sein Instrument kurz mit dem Mund. Auch Christoph Berner rockte seine Gitarre, Ralf Mende wechselte zwischen Bass und akustischer Gitarre. Der nächste Wechsler war Till Cramer, Keyboard und Trompete. Martin Ocker hingegen blieb den Tasten treu, Stephan Windisch dem Saxophon.

Mehrere Titel des Abends stammten von Musikern, die im Jahr 2016 verstorben sind, so auch „Heroes“ von David Bowie. Bei „Join together“ sollte sich das Publikum wie besungen singend der Band anschließen und tat das auch. Die Band selbst hatte beim Gesang so einige Rockstimmen anzubieten: Susanne Taxxis, Daniela Epple und Birgitta Ocker bei den Damen, dazu Thomas Busching, der auch Saxophon spielte, und den singenden Bassisten Uwe Dinkel. Auch Vorgruppen- und Band-Mitglied Wolfgang Rosner, der sich das große Schlagzeug mit Jan Enskat teilte, verließ dieses einmal, um in kleiner Besetzung mit Percussion, Ukulele-Bass und Keyboard „Bitter Sweet“ zu singen und zugleich zu trommeln: „Es ist ein trauriges Lied, ihr dürft weinen“, kündigte er es an. „Einen recht schönen guten Abend, meine Damen und Herren. Ich begrüße Sie recht herzlich zu unserem heutigen Fernsehprogramm…“: Als Nina Hagen übersetzend ihren „TV-Glotzer“ textete, da gab es noch Ansager. Die Weihnachtsblues-Band brachte bei dem Song erneut vollen Einsatz. Die Sehnsucht nach dem Sommer wurde zur Abwechslung countrymäßig im Damenduett besungen. Etwas zum Nachdenken gab es mit „Selbstrespekt“ von Wolf Maahn. Die Band präsentierte den Song nach einem Jahr 2016, in dem, so die klare Ansage, „viel Scheiß herausgeredet“ worden sei, „am liebsten im Fernsehen“. Bei „The Weight“ waren schließlich alle 15 Musiker auf einmal auf der Bühne zu erleben.

Der kräftige Schlussapplaus überzeugte die Band von drei Zugaben. Die letzte davon, „Nothing compares 2 U“ von Prince, stammte erneut von einem 2016 verstorbenen Musiker. So klang ein kraftvolles und lautes Konzert mit einer Ballade und mit sanften Saxophonklängen aus. Da erhoben sich die leuchtenden Handys. Nicht nur die Zuhörer und die EZ-Weihnachtsspendenaktion profitierten vom guten Konzert. Weil jeder der Musiker eigene Lieblingstitel vorschlug, lernte mancher von ihnen neue Titel kennen. „Und zwar solche, die richtig geil sind“, meinte ein begeisterter Solist.